Satellitenbilder vom 18. Dezember des Vorjahres (links) und vom 17. Jänner (rechts) zeigen das Ausmaß der Zerstörung auf der Insel Nomuka.

Foto: EPA / European Union, Copernicus Sentinel-2 imagery

Die Satellitenbilder und Luftaufnahmen zeigen die Folgen der gewaltigen Eruption des Vulkans Hunga Tonga Hunga Ha’apai: Die Inseln Tongas sind mit vulkanischer Asche überzogen. Auch der darauffolgende Tsunami hat das südpazifische Inselkönigreich heftig getroffen – auf Aufnahmen des Hafens Nuku’alofas sind umgestürzte Container zu erkennen, ganze Siedlungen dürften weggeschwemmt worden sein. Nach den Angaben von OCHA, der UN-Behörde für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten (United Nations Office for the Coordination of Humanitarian Affairs), war die Tsunamiwelle bei manchen Inseln zwischen fünf und zehn Meter hoch.

Deshalb werden zahlreiche Todesopfer befürchtet, denn der größte Teil des Landes liegt auf nur wenigen Metern Seehöhe. Die meisten Menschen leben maximal zehn Meter vom Wasser entfernt. Wegen des völligen Zusammenbruchs der Kommunikation – beim Ausbruch wurde auch eine Kabelverbindung zerstört – kamen zunächst nur spärliche Informationen von den Inseln.

Am Dienstag erklärte der tongaische Premier Siaosi Sovaleni, dass bisher drei Todesopfer zu beklagen seien, darunter eine britische Staatsbürgerin. Zahlreiche Menschen seien verletzt. Von der Insel Mango wurde ein Notsignal empfangen, hier wurden alle Gebäude zerstört. Auf Fonoifua stehen nur noch zwei Häuser. Tongas Marine bemüht sich um Evakuierungen und Hilfslieferungen für die abgelegenen Inseln.

Internationale Hilfe läuft nur langsam an. Zunächst verhinderte die Vulkanasche in der Atmosphäre Aufklärungsflüge. Landungen sind vorerst nicht möglich, da die Landepisten mit Asche bedeckt sind. Wegen der großen Distanzen – knapp 2000 Kilometer trennen Tonga von der Nordinsel Neuseelands, die Distanz zur Hauptinsel Fidschis beträgt etwa 750 Kilometer – brauchen Schiffe mehrere Tage in das Gebiet.

Angst vor Corona-Einschleppung

Doch Tonga fürchtet, dass mit der internationalen Hilfe nach dem Tsunami noch eine andere Welle über das Land schwappen könnte: Bisher gab es in dem Königreich nur einen einzigen Corona-Fall. Dieser wurde im vergangenen Herbst von Neuseeland aus eingeschleppt. Mit dem Eintreffen ausländischer Hilfskräfte und -lieferungen könnte jedoch ein Tsunami der Covid-Infektionen das Land überrollen, lauten die Bedenken. Diese würde auf eine hochgradig gefährdete Bevölkerung treffen, schließlich gelten extremes Übergewicht und Diabetes als Risikofaktoren Nummer eins bei Covid 19. Bei beiden liegt Tonga an der Weltspitze (siehe Kasten unten).

Auch vom Zentrum der Katastrophe selbst geben Satellitenbilder Aufschluss: Wo kürzlich noch eine Insel war, ragen nur noch ein paar Felsen aus dem Wasser – die Überreste der Inseln Hunga Tonga und Hunga Ha’apai. Diese waren vor rund sieben Jahren durch einen neu entstandenen Vulkankegel zusammengewachsen. Die neu entstandene Insel war Forschungsobjekt sowohl für Geologen als auch für Biologen. Pflanzen eroberten rasch die neu entstandenen Böden, auch diverse Seevögel und sogar eine Eulenart siedelten sich auf der Insel an.

Sorge vor weiteren Ausbrüchen

Am 20. Dezember des vergangenen Jahres startete erneut eine Eruptionsphase. Die Aschewolken waren von Nuku’alofa sichtbar. Untersuchungen ergaben, dass die Insel an Größe gewonnen hatte und das gesamte Gebiet mit Vulkanasche bedeckt war. Am 13. Jänner ereignete sich ein weiterer größerer Ausbruch, bei dem der junge Vulkankegel verschwand. Bei der gewaltigen Explosion am 15. Jänner wurde die Insel nun völlig zerstört.

Die Wissenschaft rechnet für die nähere Zukunft mit weiteren Ausbrüchen. Dass der Vulkan in der Vergangenheit für noch viel größere Eruptionen gesorgt hat, wird bei einem Blick auf die Unterwassertopografie deutlich. Hunga Tonga und Hunga Ha’apai bilden die verbliebenen Überreste des Kraterrands eines viel größeren unterseeischen Vulkans mit einem Durchmesser von rund zwanzig Kilometern. Die Caldera des Vulkans lag vor der nunmehrigen Eruption rund 150 Meter unter der Wasseroberfläche, der Unterseevulkan erhob sich rund zwei Kilometer vom Ozeanboden.

Tektonisch aktive Gegend

Tonga liegt an einer der aktivsten tektonischen Linien der Welt. Hier taucht die pazifische Platte unter die australische Platte. Im Osten der Inseln erstreckt sich von Neuseelands Nordinsel Richtung Nordosten der rund 3.200 Kilometer lange Kermadec-Tonga-Graben. Hier befindet sich mit 10.882 Metern der tiefste Punkt auf der Südhalbkugel. Durch die absinkende pazifische Platte wird das Mantelgestein zu Magma aufgeschmolzen und steigt auf. Diese Magmablasen verursachen eine Kette zahlreicher Vulkane.

Nicht nur auf Tonga, sondern auch im fernen Peru wird mit den Folgen des Ausbruchs gekämpft: Der Tsunami traf in der Nähe der Stadt Callao einen Tanker. Ein kilometerlanger Ölteppich ist die Folge. Aus Peru waren am Wochenende auch die ersten zwei Todesopfer der Katastrophe gemeldet worden: Zwei Frauen ertranken in den Wellen. (Marlene Erhart, Michael Vosatka, 18.1.2022)