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Wien – Unterstützung für die vom PSA-Konzern abhängigen Kraftfahrzeughändler. Nach dem Kartellgericht in Österreich haben die Vertragspartner des Mutterkonzerns von Peugeot, Citroën, Opel und DS (der zusammen mit Fiat Chrysler nun unter der Marke Stellantis auftritt) Rückenwind von einem deutschen Gericht erhalten.

Diesfalls war es mit dem Landgericht Frankfurt ein Zivilgericht, das dem Verband Deutscher Opel-Händler gegen die PSA-Tochter Opel wegen der "Commercial Policy" des Fahrzeugherstellers den Rücken stärkte.

In dieser "Commercial Policy" ist das Vergütungssystem für Opel-Vertragshändler in Deutschland geregelt. Dieses sei in seiner generellen Ausgestaltung unkalkulierbar und in mehrfacher Hinsicht änderbar, allerdings ausschließlich einseitig, das allerdings bis hin zum Eingriff in die Marge, so die Argumentation der Kläger, die auf Verstoß gegen das Händlervertragsrecht und kartellrechtliche Behinderung klagten. Die Commercial Policy für das Jahr 2020 war aus Sicht des Händlerverbands unzulässig ausgestaltet. Das gelte aber auch für die Vergütungssysteme 2021 und 2022.

Einseitige Eingriffe

Dieses einseitige Gestaltungsrecht ist gemäß dem nicht rechtskräftigen, weil erstinstanzlichen Urteil des Landgerichts Frankfurt unzulässig, stelle einen Missbrauch der Marktmacht dar. Opel hat es "zu unterlassen, Vergütungen der angeschlossenen Opel-Vertragshändler in Form von Grundmargen und/oder Boni für Opel-Neufahrzeuge jährlich durch Rundschreiben und/oder durch das Verkaufsprogramm ,Beschreibung der Grundmarge des Opel-Margensystems ... bis auf Widerruf‘ neu festzulegen beziehungsweise zu ändern", schreiben die Richter in ihrer Urteilsbegründung, die dem STANDARD vorliegt.

Opel kündigte Berufung an

Opel hat angekündigt, gegen das zwischenzeitlich schriftlich ausgefertigte Urteil vom 16. Dezember in Berufung zu gehen. Denn der Spruch widerspreche der eindeutigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in Karlsruhe und der Oberlandesgerichte.

Wie beim Kartellverfahren in Österreich kam der Prozess gegen den Opel-Importeur nicht aus heiterem Himmel. Er war Folge langwieriger Auseinandersetzungen zwischen dem Fahrzeughersteller und seinen Vertragspartnern. Beobachter und Branchenkenner sprechen von Zerrüttung.

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Unter dem Dach von Stellantis kommen zu den PSA-Modellen noch jene von Fiat-Chrysler dazu. Nur die Händler werden weniger in Europa.
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Opel hatte per April 2018 teils jahrelang bestehende Händlerverträge in Deutschland mit mehr als 350 Autohäusern gekündigt. Die neuen – streitgegenständlichen – Vergütungsregelungen empfanden zahlreiche Händler nicht nur aufgrund der einseitigen Vorgaben seitens des Importeurs und Herstellers als Knebelverträge. Einem solchen Preisdiktat hat der Oberste Gerichtshof (OGH) als Kartellobergericht in Österreich auf Antrag eines Peugeot-Händlers einen Riegel vorgeschoben (siehe Wissen).

"Kerngleiche Verträge"

Das sah auch das Landgericht Frankfurt so, das in seinem Urteil auf "kerngleiche Verträge" aller Opel-Händler und auf das österreichische Urteil verweist. "Der Hersteller und Importeur hat die Marke und damit die Marktmacht", sagt Rechtsanwalt Peter Thyri, der den oben genannten Peugeot-Händler vor dem Kartellgericht gegen Peugeot vertreten hat.

Der Aufbau eines Fahrzeugvertriebs mit anderen Automarken, um alternative Einnahmequellen zu erschließen, sei schwierig. "Daher stellt bereits eine einseitige Änderung allein der Vergütung einen Missbrauch der Marktmacht dar", sagt Thyri. Dieses deutsche Urteil bestätige die österreichische Judikatur.

Anders als in Österreich legen es Opel und seine deutschen Händler offenbar nicht auf eine höchstgerichtliche Entscheidung an. Man suche eine außergerichtliche Einigung, teilte der Händlerverband mit.

Auch in Österreich geht es weiter

Die österreichischen Peugeot-Händler stecken ebenfalls noch in Verhandlungen mit Peugeot Austria, respektive sie hoffen auf solche. Denn auch hier stehen Einschnitte in Händlerverträge an, berichten Peugeot-Händler. Alle Verträge wurden per Mai 2023 gekündigt. Die finanziell aufwendigen Vorschriften für Design und Ausstattung der Verkaufslokale mussten sie im Kartellverfahren akzeptieren, über die vom OGH eingeschränkte Überwälzung von Schulungskosten muss ebenso noch verhandelt werden wie über Entschädigungszahlungen. Über die vom Hersteller vorgegebenen Aktionspreise, die die Händlerspanne reduzieren, wird neuerlich vor dem Kartellgericht verhandelt. (Luise Ungerboeck, 19.1.2022)