Morgensport oder Abendtraining – die tageszeitlichen Vorlieben bei der körperlichen Betätigung sind individuell verschieden und hängen wohl auch damit zusammen, ob man eher Morgenmensch oder Nachteule ist.

Wann wir uns bewegen ist dabei auch im Hinblick auf den Effekt keineswegs egal: Forschende haben nun am Tiermodell einen tiefen Blick in die biologischen Vorgänge nach dem Sport zu unterschiedlichen Tageszeiten geworfen. Der daraus hervorgegangene "Atlas des Bewegungsstoffwechsels" könnte unter anderem auch zu wirksameren, auf unsere innere Uhr abgestimmten Sporttherapien verhelfen.

Je nach dem, ob man sich lieber im Licht der aufgehenden Sonne abstrampelt, ...
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Offene Fragen

Dass Bewegung die Gesundheit fördert, ist eine Binsenweisheit. Auch dass die Auswirkungen von Bewegung auf den Körper je nach Tageszeit unterschiedlich sind, ist nicht neu. Warum dies so ist, konnte allerdings noch nicht ausreichend geklärt werden. Ein internationales Forschungsteam unter Leitung von Helmholtz Munich und dem Karolsinka-Institut in Schweden hat nun genauer untersucht, wie der Körper nach dem Sport je nach Tageszeit und organabhängig unterschiedliche gesundheitsfördernde Signale produziert.

Diese Signale haben weitreichende Auswirkungen auf die Gesundheit und beeinflussen den Schlaf, das Gedächtnis, die körperliche Leistungsfähigkeit und das Gleichgewicht unseres Stoffwechsels. "Wenn wir besser verstehen, wie sich Bewegung zu verschiedenen Tageszeiten auf den Körper auswirkt, könnte dies Menschen mit einem erhöhten Risiko für Krankheiten wie Adipositas und Typ-2-Diabetes zugutekommen", sagt Juleen R. Zierath vom Karolinska-Institut.

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... oder in den Sonnenuntergang joggt, hat das unterschiedliche Auswirkungen auf den Körper.
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Mit den zirkadianen Rhythmen abstimmen

Fast alle Körperzellen regulieren ihre biologischen Prozesse nach einem 24-stündigen Zeitplan, in der Wissenschaft bekannt als zirkadianer Rhythmus. Das hat unter anderem zur Folge, dass sich die Empfindlichkeit der verschiedenen Gewebe gegenüber den Folgen von Bewegung je nach Tageszeit ändert. Frühere Forschungsarbeiten haben bestätigt, dass die gesundheitsfördernde Wirkung von Bewegung optimiert werden kann, wenn sie zeitlich auf unseren zirkadianen Rhythmus abgestimmt ist.

Das Team wollte diesen Effekt genauer verstehen und führte daher eine Reihe von Untersuchungen an Mäusen durch, die entweder am frühen Morgen oder am späten Abend "trainierten". Die Forschenden sammelten und analysierten Blutproben und verschiedene Gewebeproben von Hirn, Herz, Muskel, Leber und Fett. Auf diese Weise konnten sie Hunderte verschiedener Stoffwechselprodukte und Hormonsignalmoleküle in jedem Gewebe nachweisen und nachverfolgen, wie sie sich durch das Training zu unterschiedlichen Tageszeiten veränderten.

Grafik: Das Ergebnis der Arbeit ist ein "Atlas des Bewegungsstoffwechsels".
Grafik: Shogo Sato/Helmholtz Munich

Kartierte Signalmoleküle

Die im Fachjournal "Cell Metabolism" zusammengefassten Ergebnisse flossen in einen "Atlas des Bewegungsstoffwechsels", eine umfassende Karte von Signalmolekülen, die in unterschiedlichen Geweben nach körperlicher Belastung zu verschiedenen Tageszeiten vorhanden sind.

"Dies ist die erste Studie, die den Stoffwechsel in Abhängigkeit von Bewegung und Tageszeit über mehrere Gewebe hinweg beschreibt.", sagt Dominik Lutter vom Helmholtz Munich. "Wir verstehen jetzt besser, wie Bewegung gestörte zirkadiane Rhythmen, die mit Adipositas und Typ-2-Diabetes in Verbindung stehen, neu ausrichten kann. Unsere Ergebnisse werden neue Studien ermöglichen, die den richtigen Zeitpunkt körperlicher Belastung für Therapien und die Prävention von Krankheiten erforschen." (red, 19.1.2022)