Von regem Medien- und Zuseherinteresse begleitet, startete am Mittwoch das Mordverfahren gegen ein Elternpaar, das Schuld am Tod ihrer nicht einmal drei Monate alten Tochter tragen soll.

Foto: moe

Wien – Leylana kam am 26. März 2021 in Wien zur Welt. Und starb 78 Tage später. Aufgrund eines "Schütteltraumas", das Hirnblutungen auslöste. Staatsanwältin Anna-Maria Wukovits hat deshalb die Eltern des Mädchens mit einer Mordanklage vor ein Geschworenengericht unter Vorsitz von Nicole Baczak gebracht.

Den 32-jährigen Oliver B., da er für "mehrere brutale Übergriffe" zwischen April und Anfang Juni verantwortlich sein soll, wie es Wukovits formuliert. Er soll sein Baby nicht nur mehrmals heftig geschüttelt, sondern ihm auch Verletzungen im Bereich der Wachstumsfugen beider Oberschenkel zugefügt haben. Verletzungen, die für den medizinischen Sachverständigen Nikolaus Klupp "höchstgradig suspekt für Misshandlung" sind. Die Kindsmutter, die 23 Jahre alte Schirin K., sitzt wegen Beitragstäterschaft hier – sie soll ihre Tochter nicht beschützt haben.

Mutter will nichts bemerkt haben

Die von Timo Gerersdorfer verteidigte junge Frau wird von Bazcak als Erste einvernommen und bekennt sich "nicht schuldig". Sie habe in der gemeinsamen 33 Quadratmeter großen Ein-Zimmer-Wohnung nie gesehen, dass der Vater das Baby geschüttelt habe, sagt sie. Warum sie sowohl bei einer Einvernahme durch die Polizei als auch gegenüber der Richterin, die im Sommer die Untersuchungshaft verhängte, noch ausführlich davon sprach, B. habe das Baby "zwei- bis dreimal pro Woche" gebeutelt, wenn es nicht ruhig gewesen sei? "Tut mir leid, dass ich den Blödsinn gesagt habe", entschuldigt sie sich nun. Das sei gelogen gewesen.

K. sei ein "schüchternes, minderbegabtes Mädchen" und geistig auf dem Niveau einer Neun- bis Zwölfjährigen, behauptet ihr Verteidiger. Das kann sich nicht auf die Sprache beziehen: Die Zweitangeklagte verwendet Begriffe wie "fokussiert" und fragt die Vorsitzende bezüglich des Zeitpunktes einer Vernehmung: "Um welches Datum handelt es sich da?"

Schuldbekenntnis verknüpft mit Ahnungslosigkeit

Erstangeklagter B. bekennt sich zwar schuldig, beteuert aber, ihm sei nicht bewusst gewesen, welche Folgen das Schütteln haben kann. "Ich habe mir gedacht, das ist so wie das Wachrütteln. Dass ihr vielleicht ein bisschen schwummrig wird." Auch wenn die beiden wegen der finanziellen Probleme Leylana eigentlich abtreiben wollten, aber den spätest zulässigen Zeitpunkt verpassten, habe er "alles für meine Tochter getan. Wirklich alles."

Der Unbescholtene belastet aber seine Mitangeklagte: Von den drei Gelegenheiten, bei denen er das Baby geschüttelt haben will, habe sie es am 4. Juni mitbekommen. Damals setzte der Kreislauf des Mädchens aus, Notärzte reanimierten es 40 Minuten, ehe es ins Spital geflogen wurde, wo es später starb. Er stellt auch in den Raum, dass seine Ex-Freundin das Kind gefährlich behandelt habe.

Ein Urteil soll am Montag fallen. (Michael Möseneder, 19.1.2022)