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Lisala Folau, Zweiter von links, ist nach einer Odyssee wieder in Sicherheit.

Foto: reuters / Kupu

Nach jeder Katastrophe steigt das Bedürfnis nach Erfreulichem, nach tröstlichen Berichten oder Heldengeschichten. In Tonga, wo seit dem Vulkanausbruch vom Samstag weiter Teile der Inselnation unter Asche liegen, die Wasser- und Nahrungsknappheit zum Problem wird und das Schicksal mehrerer Inseln nach einem Tsunami noch unsicher ist, hat sich nun so eine Geschichte gefunden.

Es ist jene von Lisala Folau, der sie selbst dem Radiosender Broadcom FM erzählt hat und die nun auch international für Aufsehen sorgt. Demnach wurde der gehbehinderte ehemalige Tischler am Samstag vom Tsunami auf der kleinen Insel Atata erfasst – und schwamm anschließend mithilfe eines Baumstamms und über den Umweg mehrerer anderer, unbewohnter Inseln zur 7,5 Kilometer entfernten Hauptinsel Tongatapu. Dort wurde er rund 27 Stunden später gefunden.

Atata liegt am äußeren, dem Vulkan Hunga Tonga Hunga Ha'spai zugewandten Teil des Korallenriffs, auf dem sich auch die Hauptinsel Tongatapi befindet. Mit seinen rund hundert Einwohnerinnen und Einwohnern war es bei dem Tsunami vollständig überflutet worden, wie auch schon von Erkundungsflügen der neuseeländischen Luftwaffe bekannt ist. Durch die von den Wassermassen ausgelösten Überschwemmungen droht der Boden dort vollständig im Meer zu versinken. Wie es in örtlichen Medienberichten heißt, sollen die dort befindlichen Menschen mittlerweile von der Insel gebracht worden sein.

Das klingt, verfolgt man Folaus Schilderungen, fast wie ein Wunder: Nach einer ersten Welle, die gegen 19 Uhr über die Insel geschwappt sei, habe er sich noch mit seiner Familie in ein Haus retten können, das man aber nach einer weiteren Welle – "ich schätze, von sechs Metern Höhe" – gemeinsam wieder habe verlassen müssen. Versuche, sich auf einen Baum zu retten, seien zunächst mithilfe seines Bruders und seines Neffen gelungen.

Dann aber sei er zu früh wieder von diesem heruntergestiegen, als eine neue Welle kam. Er selbst, so erzählt es Folau, sei weggespült worden, ebenso eine Nichte. Während er sich an einem Baumstamm festgehalten habe, habe er noch Rufe seines Sohnes gehört. Diese habe er aber nicht erwidern wollen: "Kein Sohn kann seinen Vater aufgeben. Also habe ich, als Vater, nichts gesagt, damit er nicht ins Wasser springt und versucht, mich zu retten."

Im Lauf der Nacht, so Folau, sei er dann mit dem Baumstamm auf der Insel Toketoke auf Grund gelaufen. Diese liegt etwa vier Kilometer von Atata entfernt und ist unbewohnt. Wie Folau erzählt, habe er dort bei Tagesanbruch ein Patrouillenboot der Polizei gesehen, das auf dem Weg nach Atata gewesen sei. Allerdings habe ihn dieses nicht bemerkt.

Gegen 10 Uhr habe er dann beschlossen, sich mit der Wasserströmung in Richtung der östlich gelegenen, ebenfalls unbewohnten, aber bewaldeten Insel Polo'a aufzumachen, wo er etwa acht Stunden später angekommen sei. Die Distanz beträgt etwa sechs Kilometer. Nach weiteren zwei Kilometern sei er dann in der Nacht gegen 22 Uhr in Sopu, einem Vorort der Inselhauptstadt Nuku'alof, angekommen, wo ihn ein Autofahrer aufgenommen habe.

Schicksal unbekannt

Über Lisalas eigenen Zustand hat sich die Journalistin Marian Kupu, die ihn für Broadcom FM interviewt hat, im Nachrichtenportal des öffentlich-rechtlichen neuseeländischen TV geäußert: Er stehe noch unter Schock, habe einige Narben davongetragen und wirke körperlich schwach, sagt sie.

Konkretes über seine Familienmitglieder, die in Atata vom Tsunami erfasst worden waren, ist laut Berichten des "Guardian" und der Agentur Reuters, die beide den Fall aufgenommen haben, nicht bekannt. Auf Atata sei bisher ein Todesfall bestätigt worden, heißt es in örtlichen Medien, und dass die Insel mittlerweile evakuiert sei. Um wen es sich bei dem oder der Toten handelt, war vorerst nicht in Erfahrung zu bringen. (mesc, 20.1.2022)