Etwas mehr als drei Jahre ist es her, da waren E-Scooter in aller Munde. Diverse Start-ups und Sprösslinge etablierter Firmen machten sich in vielen Städten mit mietbaren Elektrorollern breit. Auch nach Wien stießen die ersten Anbieter vor. Entgegen der Hoffnung mancher Kritiker und auch wenn nicht jeder Verleiher den harten Konkurrenzkampf überstand, sind sie auch heute noch Teil des Stadtbilds.

Aber auch das Interesse an privaten Scootern stieg an, was verschiedene Hersteller zu bedienen wussten. Darunter auch der chinesische Hardwareriese Xiaomi, der das Modell M365 hierzulande auf den Markt brachte. Für 400 Euro gab es damit ein vergleichsweise günstiges und grundsolides Fahrgerät zu erstehen. Mittlerweile ist mit dem Xiaomi Scooter 3 die – der Name verrät es – dritte Generation im Handel gelandet. Sie kostet laut Herstellerempfehlung rund 500 Euro, ist aber im Handel durchaus auch schon für 450 Euro oder weniger zu bekommen. DER STANDARD hat ihn getestet.

Foto: DER STANDARD/Pichler

Wenige Änderungen

Äußerlich hat sich nicht allzu viel getan. Der Designsprache ist man treu geblieben, allerdings schmücken die schwarze Variante des Scooters nun blaue Akzente. Beim weißen Modell sind es weiterhin rote Farbelemente. Unter der Haube wurde allerdings unter anderem der Motor aufgerüstet. Der bürstenlose elektrische Schubgeber operiert nun standardmäßig mit 300 statt 250 Watt und kann sich auf bis zu 600 Watt (statt 500) steigern Dennoch wird, unverändert, eine Reichweite von 30 Kilometern versprochen, obwohl der Scooter mit 13,2 Kilogramm um 700 Gramm zugelegt hat.

Das Geheimnis dahinter sollen effizientere Komponenten und intelligenteres Energiemanagement sein. Denn die Kapazität der Batterie ist sogar etwas geschrumpft, nämlich von 7.800 auf 7.650 mAh. Die angegebene Ladedauer liegt mit 5,5 Stunden zudem um 30 Minuten höher und entspricht auch der praktischen Erfahrung. Nach 500 Ladezyklen soll der Akku zudem noch über 70 Prozent seiner ursprünglichen Kapazität bieten.

Die Bremse wurde von einer einfachen Scheibenbremse auf zwei Bremsbeläge erweitert. Gefahren wird weiterhin mit zwei 8,5-Zoll-Luftreifen, die maximale Nutzlast bleibt mit 100 Kilogramm ebenfalls unverändert. Ein kleiner Standfuß ermöglicht das einfache Abstellen des Rollers. IP54-Rating bedeutet Spritzwasserschutz, also Fahrtauglichkeit bei Regen. Der Ladeanschluss wird von einer abnehmbaren Gummiabdeckung geschützt.

Foto: DER STANDARD/Pichler

Inbetriebnahme und Features

Der Aufbau des Scooters ist gewohnt simpel. Die Basis mit Trittbrett kommt mit vorinstallierten Reifen, ein Ersatzreifen nebst Adapterschlauch für kleine Pumpen liegt bei. Es müssen lediglich die Lenkstange und der Lenker selbst montiert werden, was mit ein paar Schrauben schnell erledigt ist. Ein entsprechender Innensechskantschlüssel befindet sich ebenfalls im Paket.

Das Testgerät war nur minimal geladen, musste also erst einmal ans Netzteil. Ist der Scooter ausgeschaltet, zeigt er dabei auf seinem kleinen Display nichts an. Eine LED am Ladeadapter selbst signalisiert aber per Grünlicht, wenn die Aufladung abgeschlossen ist.

Der Scooter selbst bietet drei Betriebsmodi, die per schnellen Doppeldruck auf die Starttaste sowie kurzes Loslassen und Neubetätigung des per Daumen zu bedienenden Beschleunigungsreglers gewechselt werden. Ein einfacher Druck schaltet die integrierte Beleuchtung ein oder aus. Langes Drücken dreht den Scooter ab.

Weitere Einstellungsmöglichkeiten – darunter Firmware-Updates, eine Motorsperre, die Intensität der regenerativen Automatikbremse oder dauerhaftes Leuchten des Rücklichts – sind per App und Bluetooth-Verbindung (4.1) zugänglich. Hierbei kommt Xiaomi Home, der Smart-Home-Service des Herstellers zum Einsatz, der naturgemäß ein Nutzerkonto voraussetzt Die Motorsperre ist natürlich ein sinnvolles Feature, falls man unterwegs den Scooter kurz unbeaufsichtigt lassen muss. Schade ist allerdings, dass nach wie vor keine Möglichkeit geschaffen wurde, den Scooter sinnvoll physisch mit einem Fahrradschloss abzusichern. Abgesehen vielleicht vom Hinterreifen, der aber einfach zu demontieren ist.

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Fahrerlebnis

Eine kleine Änderung gab es bei den Modi. Der Energiesparmodus ist dem Spaziermodus gewichen. In diesem wird der Scooter nur noch minimal elektrisch beschleunigt, um ihn ohne großer Mühe mit bis zu 5 km/h schieben zu können – zum Fahren ist er nicht gedacht. Im Standard-Modus braust man mit bis zu 20 km/h durch die Straßen, allerdings wird hier in der Regel nie die volle Motorleistung ausgeschöpft und langsamer beschleunigt. Im Sportmodus fährt der Scooter das gesetzliche Maximum von 25 km/h und beschleunigt dabei auch flotter. Am Display, dessen Abdeckung leider etwas anfällig für Schlieren und kleine Kratzer ist, wird neben dem Akkustand in 25-Prozent-Abschnitten und dem derzeitigen Fahrmodus nun auch die aktuelle Geschwindigkeit angezeigt.

Wie schon sein Vorvorgänger ist der Scooter gut verarbeitet und bietet ein sicheres Fahrgefühl, da nichts wackelt oder instabil wirkt. Auf dem gummierten Trittbrett steht man fest und einigermaßen komfortabel, sofern man nicht besonders große Füße hat (der Autor dieser Zeilen bewegt sich hier in der Kategorie 43 bis 44). Der Scooter lässt sich mithilfe eines kleinen Hebelmechanismus leicht ein- und ausklappen. Die umgeklappte Lenkstange kann mittels eines kleinen "Hakens" an einem passenden Element unterhalb der Klingel fixiert werden, sodass sich der Scooter dann mit einer Hand herumtragen lässt.

Fundamentale Änderungen bringt der Roller in seiner dritten Iteration nicht mit, stattdessen baut er auf gewohnte Stärken auf. Den merkbarsten Unterschied macht der stärkere Motor. Die bessere Beschleunigung fällt ebenso positiv auf wie die Tatsache, dass er nun auch um zwei Grad schwierigere Steigungen (bis 16 statt bisher 14 Grad) schafft. Unter vergleichbarer Realnutzlast (sprich: Fahrergewicht) zu 2018 bewältigt er nun dieselbe aufwärts verlaufende Straße im Sportmodus mit 17 bis 19 km/h, statt auf 12 km/h einzugehen

Die Reifen geben dabei guten Halt, sowohl auf Asphalt als auch auf (nicht zu dick bedeckten) Schotterwegen. Abstecher über festere Wiesenabschnitte sind auch möglich, große Geländetauglichkeit lässt sich dem Scooter aber freilich nicht attestieren. Kopfsteinpflaster ist, trotz Luftreifen, nach wie vor nicht angenehm zu befahren.

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Trotz der besseren Performance hält man auch das Versprechen auf dem Spezifikationszettel bezüglich der Reichweite. Die 30 Kilometer sind unter realen Nutzungsbedingungen – ausgegangen wird von 75 Kilogramm Fahrergewicht und Durchschnittstempo von 15 km/h – zwar nicht zu erwarten. Aber wer hauptsächlich im Sportmodus unterwegs ist, kann durchaus eine Strecke von mehr als 20 Kilometern fahren, wenn diese einigermaßen flach ist. Das entspricht dem Niveau des Vergleichsgeräts aus der ersten Generation.

Eine Schwäche hätte man aber durchaus beheben können. Das Frontlicht strahlt mit 1,1 Watt, Helligkeit und Reichweite sind überschaubar. Wer abends und nachts also abseits von Straßenbeleuchtung unterwegs ist, sollte entsprechend vorsichtig fahren.

Fazit

Beim Scooter 3 ist vieles beim Alten geblieben, die kleinen Verbesserungen, die es gibt, sind jedoch erfreulich. Aufbau und Inbetriebnahme sind gewohnt einfach, und damit in der Stadt zu fahren, macht Freude. Die spürbarsten Änderungen, die vielleicht Besitzer des Vorvorgängers zu einem Upgrade verleiten könnte, sind der stärkere Motor und das verbesserte Beschleunigungsverhalten. In seinem Preissegment ist Xiaomis Roller nach wie vor ein starkes Angebot für alle, die nach einem elektrischen Flitzer für den urbanen Alltagsverkehr suchen. (Georg Pichler, 23.1.2022)