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Von "Ooooooorder" keine Spur: Boris Johnson im House of Commons, dem britischen Unterhaus.

Foto: UK Parliament/Jessica Taylor via AP, File)

Als stünde Großbritanniens Premierminister Boris Johnson angesichts von Omikron-Welle und "Partygate"-Affäre nicht schon genug unter Druck, platzte am Donnerstag eine weitere Bombe im politischen London: Konservative Minister sollen rebellische Abgeordnete der eigenen Partei erpresst haben, sich mit Kritik an Johnson zurückzuhalten – anderenfalls sollen sie nicht nur mit dem Entzug von öffentlichen Mitteln für die jeweiligen Wahlkreise gedroht haben, die die Johnson-Kritiker im Parlament vertreten, sondern auch mit handfesten Skandalen.

In den vergangenen Tagen waren Vorwürfe gegen Johnson lauter geworden, bei denen es um illegale Gartenpartys im Regierungssitz an der Downing Street geht – Johnson bestreitet, gewusst zu haben, dass es sich bei den feuchtfröhlichen Feierlichkeiten während des harten Lockdowns im Frühling 2020 um Partys gehandelt hat.

Einige konservative Members of Parliament (MP) hatten daraufhin angekündigt, ein Misstrauensvotum gegen den Premierminister aus den eigenen Reihen anzustreben. Der prominenteste unter ihnen, Ex-Brexit-Minister David Davis, forderte in einer vielbeachteten Rede ("In Gottes Namen – gehen Sie!") gar den Rücktritt Johnsons, der seine Partei erst im Dezember 2019 zu einem spektakulären Wahlsieg geführt hatte.

Drohung mit Geldentzug

William Wragg, ein hochrangiger MP, preschte schließlich am Donnerstag vor: In den vergangenen Tagen seien mehrere seiner Kollegen von Mitgliedern der Johnson-Regierung eingeschüchtert worden, weil diese erklärtermaßen oder mutmaßlich eine Abstimmung über die Parteiführung des Premierministers anstrebten. Dies, so Wragg, sei teils nichts anderes als Erpressung. Als Druckmittel hätten die Ministerinnen und Minister mit handfesten finanziellen Nachteilen gedroht: Öffentliche Investitionen könnten rasch gestoppt werden. Wragg rät, diese Vorfälle dem Unterhaus und der Polizei zu melden.

Auch sei damit gedroht worden, "peinliche" Berichte über die Johnson-Kritikerinnen und -Kritiker in den Medien zu lancieren, erklärte der Abgeordnete weiters.

Image beschädigt

Ein Sprecher von Johnsons Büro bemühte sich am Donnerstag um Schadensbegrenzung. Johnson verurteile jegliche Form von Schikane, sagte er. Die jüngsten Enthüllungen haben freilich die Zustimmungswerte für den Regierungschef, der seit Wochen wegen diverser Skandale angeschlagen ist, und auch für seine Partei einbrechen lassen. Laut einer neuen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Ipsos halten 57 Prozent der Briten Johnson für einen schlechten Premierminister. Das sind sechs Prozentpunkte mehr als in der Vorwoche.

Gesundheitsminister Sajid Javid, eines der bekanntesten Gesichter der Tories in der Regierung, erklärte am Donnerstag im Fernsehen, dass Johnson "natürlich zurücktreten" müsse, sollten die Ermittlungen in der Causa "Partygate" zu dem Schluss kommen, dass der Regierungschef mit den Corona-Partys gegen das Gesetz verstoßen hat. (flon, 20.1.2022)