"Einfach super", das sei ihr erstes Gefühl nach der Verkündigung des Abstimmungsergebnisses gewesen, sagt Evelyn Regner. Die EU-Abgeordnete der SPÖ wurde am Dienstag im Plenum des Europäischen Parlaments zur Vizepräsidentin gewählt. "Es zeigt, dass fraktionsübergreifende Arbeit anerkannt wird, das freut mich persönlich sehr", sagt sie dem Standard. Und es zeige, dass sich der Kampf um mehr Frauen in Führungsfunktionen lohne.

Evelyn Regner: "Sacharbeit statt heißer Luft im Parlament."
Foto: Regine Hendrich

Es gibt nicht weniger als 14 Stellvertreter für die neue Präsidentin Roberta Metsola aus Malta. Deren Wahl als erst dritte Frau an der Spitze seit 1979 zeigt dennoch den Wandel auf europäischer Ebene bei Geschlechtergerechtigkeit: Acht von 14 "Vizes" in Straßburg sind nun weiblich. Regner erhielt 434 von 691 abgegebenen Stimmen. Das ist in einem politisch sehr zersplitterten Parlament mit sieben Fraktionen und insgesamt 705 Mandataren aus 27 Staaten mit fast 150 Teilparteien beachtlich.

Zum Vergleich: Ursula von der Leyen kam bei ihrer Wahl zur Kommissionschefin im Juli 2019 auf 383 Stimmen. "Stimmenkaiser" bei Metsolas Stellvertretern ist der "Erste Vizepräsident" Othmar Karas von der ÖVP. Auf ihn entfielen 536 Stimmen. Dass gleich zwei Mandatare aus dem kleinen Mitgliedsland Österreich (19 Mandate von 705) zum Zug kamen, ist ungewöhnlich – "gut für Österreich".

"Sacharbeit, Vernetzung, parteiübergreifendes Tun"

Regner sieht es als Beweis dafür, dass man "mit heißer Luft vielleicht kurzfristig Erfolg haben kann", aber wenn man wirklich etwas weiterbringen wolle bei der Gesetzgebung auf EU-Ebene, seien gute Sacharbeit, Vernetzung, parteiübergreifendes Tun nötig, auch wenn das für manche "langweilig und staubig" wirke. Unter EU-Abgeordneten werde man untereinander anerkannt, man setze sich in der Sache auch für andere ein.

Dass sie selbst nun (wie bis 2017 die Grüne Ulrike Lunacek) als Vizepräsidentin in einer hervorgehobenen Position sei, will die 55-Jährige nützen, um das Bewusstsein für das gemeinsame Europa in Österreich zu stärken. Es sei auch ein Zeichen für die Sozialdemokratie, sich stärker zu engagieren.

Ihre Spezialgebiete sind Frauenförderung und Steuerpolitik, sie sei "eine sehr erfahrene Gewerkschafterin", sagt Regner. Seit 2009 im EU-Parlament, spielte die Juristin in Ausschüssen eine wichtige Rolle im Kampf für Grundrechte – und gegen Steuerbetrug, bei der Regelung von Konzernsteuern in Europa. (Thomas Mayer, 21.1.2022)