Staaten zahlen ihre Schulden selten zurück. Sie nehmen immer neue Kredite auf. Und das ist derzeit günstig.

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Wien – Unternehmenshilfen, Investitionsanreize, Kurzarbeitsgeld, Steuererleichterungen, der Staatshaushalt steht auch hierzulande Corona-bedingt unter Stress, die Staatsausgaben sind in der Pandemie kräftig gestiegen. Der öffentliche Schuldenstand lag per Ende September 2021 bei 333,2 Milliarden Euro oder 84,1 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Seit 2019 ist der Finanzschuldenstand der Republik Österreich um gut ein Fünftel (21 Prozent) gestiegen.

Die jährlichen Kosten, die dem Staat für die nötigen Kredite entstehen, sind dank des Zinsumfeldes hingegen weiterhin gesunken. "Die wahnsinnige Schuldenaufnahme wurde von der EZB mit einem sehr günstigen Zinsumfeld unterstützt, damit das für die Staaten auch wirklich leistbar ist", sagte Markus Stix, Geschäftsführer der Bundesfinanzierungsagentur ÖBFA, am Donnerstag im Klub der Wirtschaftspublizisten.

Minuszinsen

Der effektive Zinsaufwand des Bundes lag demnach im Vorjahr mit rund 3,5 Milliarden Euro oder 0,87 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) so tief wie noch nie zuvor. 2020 waren es noch 1,05 Prozent der Wirtschaftsleistung oder vier Milliarden Euro, im Jahr 1995 mussten 3,5 Prozent des BIP für Zinsen aufgewendet werden, rechnet Stix vor. Österreich konnte demnach als Staatsanleihenemittent von seinem Ruf als "sicherer Hafen" profitieren.

Die durchschnittliche Verzinsung aller neu aufgenommenen Schulden lag 2021 bei minus 0,34 Prozent. "Es ist das dritte Mal in der Geschichte der Republik, dass die kompletten Begebungen des Jahres durchschnittlich mit negativem Zinssatz emittiert wurden, und es ist auch das zweite Mal, dass alle Bundesanleihen negativ begeben wurden", sagte Stix. Mit anderen Worten, die Republik bekommt für die Kreditaufnahme von Investoren Geld. In den "letzten drei Jahren – seit wir negativ sind – haben wir von Investoren über vier Milliarden Euro an Zinsen überwiesen" bekommen bzw. würden sie gerechnet auf die gesamte Laufzeit der Schulden bekommen, so Stix.

Unsichere Investoren

Die weitere Entwicklung werde wohl stark von der Richtung abhängen, die die Zinsen nehmen, berichtet der ÖBFA-Geschäftfsührer von einer mit der Inflationsdebatte und entsprechenden Anpassungen in der Geldpolitik zunehmenden Unsicherheit bei Investoren: "Die Situation an den Kapitalmärkten ist gespannt." Der Abwärtstrend bei der Zinslast könnte sich laut ÖBFA-Rechnung ab 2025 umkehren.

Die Unsicherheit habe man jedenfalls bei der jüngsten Platzierung neuer Anleihen im Gespräch mit den Käufern wahrgenommen, sagt Stix. Am Mittwoch hat die ÖBFA in einem Syndikatsverfahren gleich drei Papiere am Markt angeboten. Neu begeben wurde eine siebenjährige Anleihe, zudem wurden eine 20-jährige (Endfälligkeit 2040) und eine 50-jährige Bundesanleihe (Endfälligkeit 2071) aufgestockt. Insgesamt wurden damit 6,25 Milliarden Euro eingenommen. (rebu, 20.1.2022)