Dass der emeritierte Papst Benedikt XVI. eines Tages noch etwas Bedeutendes zu verkünden hat – nämlich dass er als Münchner Erzbischof Joseph Ratzinger fehlbar war und Missbrauch vertuscht hat –, ist leider nicht zu erwarten. Er lebt abgeschottet in seiner eigenen Welt, seine Zeit in München erscheint wohl sehr weit weg. Für viele allerdings wäre Reue ein gewichtiges Zeichen.

Ein Missbrauchsgutachten belastet den emeritierten Papst Benedikt XVI. schwer.
Foto: imago stock&people

Denn Opfer von Missbrauch leiden mehrfach: an der Tat selbst, aber auch an dem, was in den meisten Fällen danach passiert. An der Vertuschung und an den Lügen, an dem allerhöchstens in minimalen Dosen vorhandenen Willen späterer Generationen, überhaupt irgendetwas aufzuklären.

Umso wichtiger ist, dass nun das Gutachten der Münchner Kanzlei Westpfahl Spilker Wastl vorliegt – auch wenn es eine "Bilanz des Schreckens" aus dem Erzbistum München und Freising ist, wie die Gutachter selbst sagen.

Die Studie ist nicht nur in ihrem Umfang, sondern auch in ihrem Grauen so wuchtig, dass niemand sie übersehen kann und darf. Das gilt zuallererst für den amtierenden Münchner Erzbischof Reinhard Marx, der darin selbst auch nicht gut davonkommt.

Doch das Motto "Augen zu und mit Weihrauch durch" darf es nicht mehr geben. Das ist die Kirche den viel zu vielen Opfern schuldig. Zudem dient dies der Selbsterhaltung. Sonst sind auch im katholischen Bayern die Kirchen bald leer. (Birgit Baumann, 20.1.2022)