Was kann man in Zeiten niedriger Zinsen und hoher Inflation mit seinem Geld tun?

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Der STANDARD feiert seine zehntausendste Ausgabe. Aus diesem Anlass beschäftigen wir uns mit der Zahl Zehntausend.

AKTIEN: Investieren ist kein Sprint, sondern ein Marathon

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Hätten Sie 1988, als der erste STANDARD erschien, umgerechnet 10.000 Euro in den weltweiten Aktienindex MSCI World investiert, könnten Sie Ihre Anteile heute um rund 65.000 Euro wieder verkaufen.

Aus dem Austrian Traded Index (ATX) an der Wiener Börse würden Sie mit knapp 75.000 Euro aussteigen. Dividenden, die regelmäßig bezahlt werden, sind da noch gar nicht eingerechnet. "Niemand sollte von Aktien die Finger lassen", sagt Christoph Boschan, Vorstandsvorsitzender der Wiener Börse.

Über freie Kapitalmärkte könne jeder am Wirtschaftswachstum teilhaben. Und: Kursschwankungen sind mit der richtigen Strategie überwindbar, ist Boschan überzeugt. Wichtig sei es, regelmäßig mit einem Sparplan in Fonds einzuzahlen, die länger bestehende Großunternehmen im Portfolio haben.

"Investieren ist ein Marathon und kein Sprint", sagt Boschan. Breit streuen würde auch Angelika Sommer-Hemetsberger, Vorstandsmitglied der Österreichischen Kontrollbank. Mit Investitionen in nachhaltige Finanzprodukte könne man zudem ein Zeichen setzen.

GOLD: Inflationsschutz vom Römischen Reich bis heute

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"Zur Zeit des Römischen Reichs konnten Sie für eine Unze Gold ungefähr 300 Laibe Brot kaufen – und das ist auch heute noch so", sagt Gerhard Starsich, Generaldirektor der Münze Österreich.

Gold sei somit ein langfristiger Schutz gegen Geldentwertung. Empfehlenswert sei eine Beimischung von zehn bis 20 Prozent zu jedem Portfolio – auch als Volatilitätsdämpfer, denn der Goldpreis entwickle sich oft konträr zum Aktienmarkt, erklärt Starsich. Dazu kommt, dass Erträge aus Gold nach wie vor steuerfrei sind.

Aber es gibt auch Nachteile: Gold wirft im Gegensatz zu Aktien keine laufenden Erträge ab. Der Preis unterliegt zumindest kurzfristig relativ hohen Schwankungen. Herta Stockbauer, Vorstandsvorsitzende der BKS Bank, rät von Gold daher eher ab. Das Wichtigste sei, "breit zu streuen" und nachhaltig zu investieren.

Seit 1988 ist der Goldpreis etwa um das Vierfache gestiegen. Laut Starsich wird das auch in Zukunft so weitergehen, die Goldvorräte seien schließlich begrenzt. Alles Gold, das derzeit im Umlauf ist, könne man theoretisch in einem Quader von 22 Metern Seitenlänge konzentrieren.

KRYPTO: Wer einsteigt, braucht eine "gesunde Skepsis"

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1988 war von Bitcoin noch keine Rede. Ein Investment im Jahr 2010, zwei Jahre nach Start der Kryptowährung, hätte aber gereicht, und Sie würden den STANDARD heute auf Ihrer Privatinsel lesen.

Damals kaufte sich der Programmierer Laszlo Hanyecz zwei Pizzen für 10.000 Bitcoins. Heute wären sie über 360 Millionen Euro wert. Dass es in Zukunft wieder zu einem derartigen Preissprung kommt, ist aber sehr unwahrscheinlich. "Die Prognose für einen so neuen und dynamischen Marktes ist besonders herausfordernd", erklärt Günther Kornfellner, Kryptoexperte und Vortragender an der Wiener Börse Akademie.

Der Markt war in der Vergangenheit besonders volatil und werde das wohl auch in Zukunft bleiben. "Investoren sollten ausschließlich jenen Betrag investieren, den sie monetär und emotional verkraften können", sagt Kornfellner.

Einsteigern empfehle er, sich an bereits etablierte digitale Assets zu halten und zu streuen. Wichtig sei es, sich gut zu informieren und stets "eine gesunde Skepsis walten zu lassen". Denken Sie bei Ihrer nächsten Pizza darüber nach.

VERSICHERUNGEN: Das Alter entscheidet

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Wie alt sind Sie? Diese Frage ist laut Walter Hager vom Verein für Konsumenten Information (VKI) bei der Suche einer individuell passenden Vorsorgeversicherung entscheidend. Dauert die Zeit bis zum Pensionsantritt weniger als zehn Jahre, machen etwa fondsgebundene Lebensversicherung keinen Sinn.

Um steuerliche Vorteile zu kassieren und Kursverluste ausgleichen zu können, sei eine Mindestlaufzeit von zehn Jahren nötig. Wer ab 50 Jahren in seine Pension investieren will, zahlt laut Hager besser direkt auf das gesetzliche Pensionskonto ein.

Die freiwillige Höherversicherung bietet diese Möglichkeit. Wer derzeit 10.000 Euro einzahlt, bekomme lebenslang eine zusätzliche Pension von 700 Euro pro Jahr, aufgeteilt auf 14 Auszahlungen. Jüngere hingegen müssen sich am Aktienmarkt bewegen, wenn sie Rendite erzielen wollen, ist Hager überzeugt.

Er empfiehlt, 10.000 Euro in eine fondsgebundene Lebensversicherung oder in Wertpapiere zu investieren. Wichtig dabei: auf provisionsfreie, steuer- und kosteneffiziente Produkte setzen, die eine gute Rendite abdecken.

IMMOBILIEN: Sparen, Parkplatz oder Fonds

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1988 hätte man mit fast 140.000 Schilling in Randbezirken 200 Quadratmeter Baugrund kaufen können, weiß Immobilienexperte Paul Zödi. Heute bekomme man für 10.000 Euro meist nicht mehr als zehn Quadratmeter oder einen Pkw-Außenstellplatz im Umland Wiens.

"Immobilieninvestments sind komplexer und vielfältiger, als man denkt", sagt Zödi. Die goldene Regel laute daher: Sparen, sparen, sparen. Denn wer direkt in eine Immobilie investieren möchte, braucht laut dem Immobilienexperten in der Regel 20 Prozent Eigenkapital, einen Kredit und bei den aktuellen Preisen zudem am besten noch einen finanzstarken Partner.

Als weniger kapitalintensive Alternative empfiehlt er beispielsweise das Crowdinvesting. Dabei finanziert, wie der Name schon sagt, die Crowd einen Anteil des Bauprojekts. Gestartet werde bereits ab 50 Euro. Das Konzept verspreche hohe Renditen, aber auch ein Totalverlust sei möglich.

Wer Diversifizierung bevorzugt, investiert mit kleineren Beträgen in Immobilienfonds oder REITs. Wer besonders risikofreudig ist, kauft digitales Land.

Vermehren statt Verteilen

Geld muss nicht zwingend mehr werden, um gut investiert zu sein. Drei persönliche Ideen, 10.000 Euro anders anzulegen.

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Marlene Engelhorn: "Es klingt absurd, aber für mich sind 10.000 Euro nicht viel Geld." Die 29-Jährige wird einmal Millionen erben und fordert vom Staat, sie "fair" zu besteuern. "Manche Menschen erarbeiten sich Geld, manche erben", sagt sie.

Das sei ungerecht, daher wolle sie den Großteil ihres Erbes abgeben. Was sie konkret mit 10.000 Euro machen würde? "In eine Graswurzelgruppe investieren, die demokratisch, inklusiv, transparent und machtkritisch neue Strukturen erarbeitet und so für mehr soziale Gerechtigkeit sorgt."

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Michaela Neumayr: "Wenn ich 10.000 Euro frei spenden könnte, würde ich sie Organisationen geben, die sich für menschenwürdige Lebensbedingungen einsetzen." Sie ist Expertin für Non-Profit-Management an der WU Wien. Viele Menschen spenden spontan, wenn sie sich sozial verpflichtet fühlen.

Die Alternative sei, einen wiederkehrenden Betrag festzulegen und eine Organisation auszuwählen, die man als unterstützenswert und vertrauenswürdig erachtet. Das Österreichische Spendengütesiegel könne dabei helfen.

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Emma Traxler ist 18 Jahre alt und lebt seit kurzem in ihrer ersten eigenen Wohnung. Die Tirolerin hat vergangenes Jahr maturiert und erledigt derzeit Lagerarbeiten, um Geld zu verdienen. Ende September beginnt ihre Ausbildung zur Krankenpflegerin.

Hätte sie plötzlich 10.000 Euro mehr auf dem Konto, würde sie die Ausgaben dritteln: Einen Teil gäbe sie für sich alleine aus. Das zweite Drittel käme aufs Sparkonto, und das letzte Drittel würde in "Spenden, Essen gehen mit den Geschwistern oder in den Urlaub fahren" fließen. (Julia Beirer, Jakob Pflügl, 22.01.2022)