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Der als Meat Loaf bekannte Sänger starb 74-jährig.

Foto: AP/Chris Pizzello

Die Rockmusik hat vieles schon erlebt, kein Wunder, dass sie zittert, kein Wunder, dass sie bebt. Meat Loaf stammte aus Texas. Er nannte sich aufgrund seiner Geburt 1947 in Dallas bürgerlich Michael Lee Aday. Er wollte Schauspieler werden, ging nach Hollywood – und er hatte vor dem Phänomen Body-Positivity aufgrund seiner damals außerhalb des Komikfachs undenkbaren physisch massiven Manifestation kaum Chancen, Karriere beim Film zu machen.

Es tröpfelte so dahin. Dann winkte das Musical "Hair" am Broadway an der Ostküste. Er veröffentlichte erste Platten, jobbte allerdings wiederum in der Unterhaltungsmetropole Los Angeles auch im viel besungenen Hinterhof der Vereinigten Staaten von Amerika als Parkplatzwächter. Das erste Mal, und bis heute gültig, erlebte die Welt Meat Loaf als zombieeskes Fleischlaberl Eddie in der kultisch verehrten Musicalverfilmung "The Rocky Horror Picture Show": "Hot patooties bless my soul, I really love that rock 'n' roll!"

Erfolg mit Jim Steinman

Wir schreiben das Jahr 1975. Übersetzen wir Patootie – es gilt die damalige Unschuldsvermutung! – mit "geile Oide". Das ist jetzt wichtig: Zeitgleich lernte Meat Loaf auch den Komponisten und Songwriter Jim Steinman kennen. Der wollte damals das Peter-Pan-Motiv als Musical verrocken und dem Rock 'n' Roll mit heute längst tolerierter Affinität für Plärrsänger und Rampensäue im Musiktheater beikommen. Musical, das ist wie Porno mit Handlung. Es kann aber manchmal gutgehen. Weil dieses Unterfangen allerdings wahrscheinlich zu unser aller Zufriedenheit naturgemäß scheiterte, entstand daraus das Album "Bat Out Of Hell".

Im Herbst 1977 veröffentlicht, stellten Songs wie die Hitsingles "You Took The Words Right Out Of My Mouth (Hot Summer Night)" oder "Paradise By The Dashboard Light" außerhalb der Dreiminutennorm eine kleine Sensation dar. Jim Steinman nutzte den voluminösen Heldentenor Meat Loafs für eine beglückend größenwahnsinnige Ausformung von Popmusik, die sich nicht nur der üblichen Länge eines Liedes wegen der Hitparaden verweigerte. Mit schwerem Geschütz und dutzenden von Musikern und Sängern wurde Richard Wagner zwischen theatralischer Musical-Rampensau-Bedeutsamkeit, den Steilvorlagen von Phil Spector und seinem Wall of Sound und den nach Sexyness ringenden Akkorden von Chuck Berrys Gitarre in die Knie gezwungen.

Erst Riesenerfolg, dann Stimme kaputt

Bis heute zählt "Bat Out Of Hell" mit Verkaufszahlen im Zigmillionenbereich zu den erfolgreichsten Alben aller Zeiten: "Heute Nacht heulen die Sirenen und die Brände wüten tief unten im Tal. Da ist ein Mann im Schatten mit Augen wie ein Pistolenlauf, und einer hell scheinenden Klinge. Es liegt etwas Böses in der Luft, und es donnert am Himmel, und auf den blutunterlaufenen Straßen ist ein Mörder unterwegs. Ich schwöre, ich sah unten im Tunnel, wo die Toten auferstehen, einen Jungen komplett ruiniert, der anfing, wütend zu werden …"

Ruiniert: Die darauf folgende mehrjährige Welttournee machte nicht nur Meat Loafs immer am obersten Limit agierende Stimme kaputt. Es folgten laut Klischee auch Drogen, 100 Jahre Langeweile in Hotelzimmern und das künstlerische Zerwürfnis mit Mastermind Jim Steinman. 1993 wurde die Welt Zeuge eines der größten Comebacks der Popgeschichte. "Bat Out Of Hell II: Back Into Hell" (1993) und der Gänsehaut machende, schmachtende Jahrhunderthit "I'd Do Anything For Love (But I Won't Do That)" brachten Meat Loaf wieder an die Spitze. Die Stimme war kaputt. Das war toll. Er tauchte auch in Film und Fernsehen auf, "Fight Club", "Wayne's World", "Dr. House", "Monk". Dazwischen Krankheit, Depression, Drogensucht, Auf und Ab – und der allmähliche Rückzug ins Privatleben. Meat Loaf ist jetzt im Alter von 74 Jahren gestorben. (Christian Schachinger, 21.1.2021)