Die aktuelle Covid-Situation schafft für die Arbeitgeber nicht nur das Thema der Gesundheitsgefährdung für Mitarbeiter, Kunden und Geschäftspartner, sondern bringt viele Arbeitgeber in ein organisatorisches Dilemma: Durch die 3G-Pflicht am Arbeitsplatz entstehen Personalengpässe und Besetzungsprobleme, weil es viele ungeimpfte Mitarbeiter gibt, welche auch die erforderlichen Tests nicht machen wollen.

Zum Teil gibt es an manchen Orten auch Probleme mit der Durchführung und Verfügbarkeit der Tests, also logistische Schwierigkeiten. Und darüber hinaus werden ungeimpfte Mitarbeiter mit einer größeren Wahrscheinlichkeit infiziert oder mit schwereren Symptome konfrontiert oder sind länger in Quarantäne. Dadurch sind sie häufiger und länger abwesend und stehen im Betrieb nicht zur Verfügung.

Wenn die Arbeitgeber strengere Verpflichtungen implementieren, insbesondere eine 2G-Pflicht am Arbeitsplatz, können sie die oben genannten Probleme zwar reduzieren, aber das wird ceteris paribus auch Personalengpässe und Besetzungsprobleme schaffen, weil sich nicht alle Mitarbeiter impfen wollen (oder können). Der Arbeitgeber ist also häufig in einer Doppelmühle, weil sowohl 3G als auch 2G für die betrieblichen Abläufe negativ ist. Dennoch entscheiden sich in der Praxis viele Arbeitgeber für 2G. Das wirft die Frage auf, welche arbeitsrechtlichen Konsequenzen diese Entscheidung hat.

Die Impfpflicht wird dieses Problem der Arbeitgeber nicht lösen, weil nicht geplant ist, dass mit dem Impfpflichtgesetz auch 2G am Arbeitsplatz gelten soll. Es gab politische Meinungsäußerungen in diese Richtung (etwa von Wiens Stadtrat Hacker), aber die Regierung hat mittlerweile klargemacht, dass auch Ungeimpfte weiter unter Einhaltung der 3G-Regeln zur Arbeit gehen können.

Die Impfpflicht löst für Arbeitgeber kein Dilemma auf. Strenger sein als 3G und auf Personal verzichten?
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Strafen und weiter Tests

Ungeimpfte müssen also nach den Regeln des Impfpflichtgesetzes Sanktionen (Geldstrafen) fürchten, aber sie können weiter arbeiten gehen, wenn sie sich testen lassen. Andererseits ist das Impfpflichtgesetz auch kein normatives Hindernis für Arbeitgeber, welche 2G in ihren Betrieben einführen wollen. Aus dem Impfpflichtgesetzes lässt sich ableiten, dass die Impfung grundsätzlich gesellschaftspolitisch als zumutbar betrachtet wird. Ihre epidemiologische Wirkung kann daher auch im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses nicht mehr sinnvoll bestritten werden.

Aus meiner Sicht kann ein Arbeitgeber die 2G-Pflicht im Betrieb einführen, aber er muss ein Schutzkonzept haben. Die aktuell gültige Covid-19-Schutzmaßnahmenverordnung sagt, dass "in begründeten Fällen" strengere Regelungen am Arbeitsplatz eingeführt werden können als 3G. Diese Ermächtigung erfasst auch eine 2G-Pflicht am Arbeitsplatz, insbesondere zur Umsetzung gesundheitspolitischer Zielsetzungen wie Gesundheitsschutz.

Aber auch die dem Arbeitsvertrag inhärente Fürsorgepflicht – im Gesundheitsschutz manifestiert durch das Arbeitnehmerschutzrecht – erlaubt dem Arbeitgeber meines Erachtens die Einführung einer 2G-Pflicht. Voraussetzung ist aber ein (gerechtfertigtes) betriebliches Interesse des Arbeitgebers. Das kann der Gesundheitsschutz der anderen Arbeitnehmer, aber auch der Kunden und der Geschäftspartner des Arbeitgebers sein. Auch der Schutz der betrieblichen Abläufe und die Qualitätssicherung ist mE ein solches Interesse.

Letztlich sollte der Arbeitgeber diese Überlegungen in einem Schutzkonzept berücksichtigen, welches 2G als nicht willkürliche Maßnahme enthält. Dann sollte der Arbeitgeber auch in der Lage sein, bei einer Verletzung der 2G-Verpflichtungen Sanktionen setzen zu können. Und der Arbeitnehmer ist durch seine dem Arbeitsvertrag inhärente Treuepflicht verhalten, diese betrieblichen Interessen zu schützen und das Schutzkonzept zu befolgen. Er kann nur dann auf eine Ausnahme pochen, wenn 2G seine gerechtfertigten Interessen verletzt, etwa wenn er aus gesundheitlichen Gründen nicht geimpft werden darf (vgl. Impfpflichtgesetz). Sinngemäß gilt das Gesagte übrigens wohl auch bei einer 2G-plus-Pflicht.

Kein Entgelt und Jobende

Hat der Arbeitnehmer keine sachliche Rechtfertigung, muss er die vom Arbeitgeber eingeführte 2G-Pflicht einhalten. Wenn er das nicht tut, muss er befürchten, dass er kein Entgelt bezahlt bekommt und am Ende sogar das Arbeitsverhältnis beendet wird. Wenn ein Arbeitnehmer seine Arbeit nicht erbringt, weil er im Rahmen eines sachlich gerechtfertigten (Covid-)Schutzkonzepts den 2G-Nachweis nicht erbringen will, muss er sich diesen Grund zurechnen lassen – er ist in der persönlichen Sphäre des Arbeitnehmers. Das bedeutet, dass es auch keine Grund für eine Entgeltfortzahlung gibt. Der Arbeitnehmer "bleibt auf seine eigenen Kosten" zu Hause. Das kann auch eine Begründung für eine Kündigung sein, unter gewissen Umständen ist sogar eine fristlose Entlassung denkbar. Diese Situationen lassen sich aber nicht generell lösen, sondern erfordern jeweils eine Interessenabwägung.

Schwierige Abwägungssituationen sind zu erwarten, wenn der Arbeitnehmer den 2G-Nachweis aus gesundheitlichen Gründen nicht erbringen kann und eine andere Lösung (etwa permanentes Homeoffice) aus betrieblichen Gründen nicht möglich ist. Wenn man diese Situation mit einem Berufskraftfahrer vergleicht, der aus gesundheitlichen Gründen seinen Beruf nicht (mehr) ausüben kann, dann würde der Arbeitnehmer letztlich das Risiko seiner gesundheitlichen Situation tragen. (Ralf Peschek, 21.1.2022)