Bei der Geldanlage gelten Frauen im Durchschnitt als zu risikoscheu, dafür gehen sie zumeist sorgsamer mit Geld um und geraten weniger oft in eine Schuldenspirale als Männer.

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Über die Unterschiede zwischen Frauen und Männern sind wohl unzählige Bücher geschrieben worden. Auch wenn es sich um Geld dreht, haben Frauen oft einen anderen Blick auf die Dinge als männliche Zeitgenossen. Das offenbaren auch Umfragen zu dem Thema, etwa die Studie "Frauen und Finanzen" vom Bankenverband und der Bawag, die auch die Auswirkungen der Corona-Pandemie untersucht hat. Das Ergebnis ist symptomatisch für das unterschiedliche Finanzverhalten. So gehen vor allem Frauen vorsichtiger mit Geld um, sparen also mehr, gehen aber bei der Veranlagung Risiken noch stärker aus dem Weg.

Was aus dieser Studie jedoch nicht hervorgeht, sind die Ursachen für die unterschiedlichen Zugänge von Männern und Frauen. Damit hat sich Bettina Fuhrmann, die an der WU Wien das Institut für Wirtschaftspädagogik leitet, intensiv beschäftigt – und sie sieht vor allem zwei Ursachen, nämlich geringeres Finanzwissen als bei Männern und weniger Selbstbewusstsein.

Weniger Finanzbildung

Fuhrmann berichtet von Untersuchungen, die Frauen weniger Know-how über Geld und Finanzen attestieren. "Meistens sind die Unterschiede im Finanzwissen signifikant, die Ergebnisse sind überfällig. Es gibt tatsächlich einen systematischen Wissensunterschied zwischen den Geschlechtern", sagt sie – und schränkt den Befund insofern ein, als dass es sich bei solchen Befragungen oft um Multiple-Choice-Tests handle, bei denen Männer generell besser abschneiden. Warum? Weil sie sich bei Nichtwissen der richtigen Antwort eher trauen, einfach zu raten.

Denn in diesem Punkt gilt ebenso wie bei der Geldanlage: Frauen sind weniger dazu bereit, etwas zu riskieren – und womöglich auf das falsche Pferd zu setzen. "Es geht darum, das Selbstbewusstsein von Frauen zu stärken und sie zu befähigen, bewusst mit Risiken umzugehen", sagt Fuhrmann. "Natürlich kann man nichts gewinnen, wenn man auf der anderen Seite nicht auch etwas verlieren kann, aber es gibt ein Nehmen von Risiko, das nichts mit Zocken zu tun hat." Denn Sicherheitsvarianten wie das Sparbuch werfen keine Zinsen mehr ab, die Inflation erodiert die Kaufkraft des Ersparten.

Mutigere Berufswahl

Mutiger und selbstbewusster sollten Mädchen Fuhrmann zufolge bereits bei der Berufswahl sein. Sie würden vor allem drei Lehrberufe, nämlich Büro- und Einzelhandelskauffrau sowie Friseurin, wählen, die jedoch kein hohes Einkommen versprechen. "Es ist unwahrscheinlich, dass die Interessen und Begabungen von Mädchen weniger breit gefächert sind als jene von Burschen", sagt die WU-Expertin dazu. Es geht also auch darum, aus bekannten Geschlechterrollen auszubrechen.

Dies ist allerdings ein weiter Weg, denn bei der Studie des Bankenverbands und der Bawag fällt auf, dass junge Frauen zumeist die Mutter als wichtigste Ratgeberin in Finanzfragen angeben, während sich Männer meist an den Vater wenden. Durch diese Feedbackschleife werden jedoch tendenziell geschlechterspezifische Verhaltensmuster an die nächste Generation weitergereicht.

Corona verfestigt Muster

Was abgesehen von der Veranlagung für Frauen durchaus vom Vorteil sein sollte, denn: "Frauen gehen durchschnittlich gesehen sorgfältiger mit Geld um", betont Fuhrmann. Die Folge: Sie tappen seltener in Schuldenfallen als Männer und sind weniger oft überschuldet. Zudem hat die Corona-Krise dieses Verhaltensmuster verfestigt, geht aus der Studie hervor: Deutlich mehr Frauen als Männer gaben an, wegen der Pandemie umsichtiger als zuvor mit Geld umzugehen.

Generell scheint bei jungen Frauen der Umfrage zufolge das Interesse an Finanzwissen zu steigen, wobei junge allerdings pessimistischer sind als ältere. Dazu hat wohl auch die anhaltende Nullzinsphase beigetragen, denn wie früher mit dem Sparbuch einen Kapitalstock aufzubauen, geht nun nicht mehr. Dazu kommen die enorm gestiegenen Immobilienpreise. "Wohneigentum zu schaffen ist für junge Menschen kaum mehr finanziell bewältigbar, ohne dass sie sich bis zur Haarwurzel verschulden. Umso wichtiger ist es, dass sie sich mit finanziellen Fragen auskennen."

Dazu ist für Fuhrmann die Schule der wichtigste Ansatzpunkt, um die Finanzbildung künftiger Generationen zu heben. Denn Know-how über Geld und Finanzen wird bisher zumeist in Familien vererbt – daher kann der Wirtschaftsuniversität-Wien-Expertin zufolge eine verstärkte Integration in den Lehrplan auch die Ungleichheit in Österreich in Zukunft verringern. (Alexander Hahn, 25.1.2022)