Karl-Heinz Grasser wird heuer wieder vor Gericht stehen, sein früherer Berater für komplizierte Konstruktionen ist ebenfalls angeklagt.

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In der Steuercausa gegen den früheren Finanzminister Karl-Heinz Grasser und seinen ehemaligen Berater gibt es ein paar Kernfragen: Sind die Honorare, die Grasser für seine Tätigkeit für Meinl International Power (MIP) erhielt, ihm selbst zuzurechnen und nicht einer der eingebundenen Gesellschaften? Musste er sie also auch selbst versteuern? Und: Welche Rolle hat H. gespielt, der für Grasser jenes Firmenkonstrukt erdacht hat, über das die Gelder geflossen sind?

In letzterer Frage sind die beiden, gegen die die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) Anklage wegen Steuerhinterziehung erhoben hat, sehr uneins – was nicht weiter verwundert. Grasser soll Vertriebsprovisionen von 4,38 Millionen Euro nicht in seiner Steuererklärung aufgenommen und damit rund 2,2 Mio. Euro an Steuern hinterzogen haben.

Einer gegen den anderen

Wie berichtet sagt H. aus, Grasser habe die "steuereffiziente" Konstruktion, in die diverse Off-Shore-Firmen eingebunden waren, eigenmächtig geändert. Grasser bestreitet das, er stellte sich gegenüber den Ermittlern als steuerlicher "Dilettant" dar, wie es in der 100-seitigen Anklageschrift heißt. Beide bestreiten die Vorwürfe und es gilt die Unschuldsvermutung.

Die WKStA beschreibt in der Anklage penibel, welche Aktivitäten H. entfaltet haben soll. Ausgangspunkt dafür: Grasser habe sich an H. gewendet, weil er über eine "steuereffiziente" Unternehmensstruktur tätig werden wollte. Drei Ziele habe er dabei gehabt: eine geeignete Altersvorsorge "seiner Person und seiner Familie", die Abschirmung von potenziellen Risken aus seinem Engagement und die Diskretion gegenüber der Öffentlichkeit. H. habe dem Expolitiker dann verschiedene Ideen präsentiert.

Wunsch nach Diskretion

Eine Konstruktion mit Stiftung in Liechtenstein erschien beiden gangbar, weil die "nicht der österreichischen Firmenbuchöffentlichkeit unterlag". Wobei bei diesen ersten Diskussionen von Provisionen aus einer Vertriebsleistung noch nicht die Rede gewesen sei, wie die Ankläger schreiben. Zunächst sei es nur um Beraterhonorare und Dividendeneinkünfte gegangen.

H. habe Grasser dann die verschiedenen rechtlichen Aspekte erklärt. Als Grasser ihm sein "Anliegen, keine Probleme mit den Abgabebehörden bekommen zu wollen" vermittelte, soll H ihm zwei Möglichkeiten genannt haben. Erstens die Versteuerung sämtlicher Einkünfte aus dem Meinl-Engagement in Österreich und zweitens die vorgeschlagene Struktur – unter gleichzeitiger Offenlegung bei der Finanz. Beides habe Grasser abgelehnt.

Keine Offenbarung

Beauftragt habe er den Berater dann mit der komplexen Stiftungs- und Firmenkonstruktion. Den eigentlichen Steuerberater Grassers hat man bei alldem außen vor gelassen: Man habe vereinbart, ihm die Stiftungsstruktur "trotz ihrer ertragssteuerlichen Relevanz nicht zu offenbaren", soll Grasser gemäß Anklageschrift ausgesagt haben. Er und sein "Spezialberater" H. hätten zudem ausgemacht, Besprechungen nur unter vier Augen abzuhalten. Schriftliches wollte man vermeiden, jeglichen Austausch "vorwiegend mündlich" pflegen.

Ab Mai 2007 wurde "die Struktur" umgesetzt – aus der dann dank H.s Idee eine "zypriotische Doppelstockstruktur" werden sollte, eine, in die also noch zypriotische Gesellschaften eingebaut wurden. Anlass dafür: Grasser wollte mit Geld aus seinem Meinl-Engagement Immobilien in Österreich erwerben.

Rat und Tat

Als der Exfinanzminister dann auch die – erst später ausverhandelten – Vertriebsprovisionen über die Stiftungskonstruktion abwickeln wollte, will H. ihn davor gewarnt haben, wegen der persönlichen Zurechenbarkeit. Die WKStA schreibt von einem "Wunsch Grassers (nach) einer Steuerhinterziehung", H. sei angesichts dessen "hin und her gerissen gewesen". Letztlich habe er sich aber doch dazu entschieden, Grasser auch dabei "mit Rat und Tat zur Seite zu stehen". (Renate Graber, 22.1.2022)