Die Firma Artichoke Computing GmbH wertete Schultests für Wien, Niederösterreich und Oberösterreich aus

Foto: Covid Fighers/Saleh

Rasch nach Beginn der Corona-Pandemie hatte der niederösterreichische Landtagsabgeordnete Anton Erber (ÖVP) gemeinsam mit einem ehemaligen NÖAAB-Funktionär die "Covid Fighters" ins Leben gerufen. Ein Ende 2019 gegründetes Startup, die Artichoce Computing GmbH, sollte sich nun mit Corona-Tests beschäftigen. Der Aufschrei war groß: Wollte der Sozialsprecher der niederösterreichischen ÖVP von der Pandemie profitieren? Wegen des "Unternehmensrisiko der Nichtberücksichtigung bei aktuellen und künftigen Ausschreibungen für die Covid Fighters aufgrund der unwahren und teils untergriffigen Äußerungen politischer Gegenparteien" verkaufte Erber seine Anteile im April 2021 für einen Euro an die anderen Gesellschafter des Unternehmens.

Über die Bundesbeschaffungs GmbH wurde ein lukrativer Auftrag des Bildungsministeriums an Land gezogen: Das Bildungsministerium vergab die PCR-Testung an 2.900 Schulstandorten an das Unternehmen. Jetzt erkannte das Bundesverwaltungsgericht die Vergabe als rechtswidrig an – und belegte das Bildungsministerium mit einer Geldbuße in der Höhe von 500.000 Euro.

Sonderwünsche nach Vergabe

Der Grund dafür: Der Auftrag sei nachträglich verändert worden. Das Angebot sei zwar hinsichtlich der "Art der Probegewinnung" konkret gewesen, jedoch nicht bezüglich des verwendeten "Fabrikats des Testkits". Nach der Auftragsvergabe habe das Bildungsministerium hier jedoch spezifische Vorstellungen entwickelt, wodurch sich das Angebot um zwei Millionen auf insgesamt 15,8 Millionen Euro verteuert habe.

ORF

Hier sieht das Bundesverwaltungsgericht einen rechtswidrigen Vorgang.Wenn das Bildungsministerium auf ein bestimmtes Fabrikat besteht, muss dies auch in der Ausschreibung der Bundesbeschaffungs GmbH kundgetan werden – denn womöglich hätten die 22 anderen Labore, die sich beworben hatten, dann ein günstigeres Angebot als Artichoke legen können. So argumentierte auch das Unternehmen Lifebrain, das die PCR-Testinfrastruktur in Wien bereitstellt und gegen die Entscheidung des Bildungsministeriums vorging.

Kritik aus Politik

Artichoke-Geschäftsführer Johannes Fahrnberger wies gegenüber der Zib2 darauf hin, dass das Bildungsministerium seine Wünsche geändert und ein teureres Testkit präferiert habe. Das wird auch in der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts so festgehalten.

Aufgrund der ÖVP-Nähe des Unternehmens sorgen die Vorgänge jedoch für breite politische Kritik. Sowohl Neos als auch SPÖ hatten sich in der Vergangenheit in parlamentarischen Anfragen mit Artichoke/Covid Fighters beschäftigt. Die Neos-Abgeordnete Martina Künsberg Sarre erklärte in der Zib2, man habe die "Befürchtung gehabt, dass türkise Netzwerke" bevorzugt wurden. (fsc, 22.1.2022)