Mitglieder der rechtsextremen "Patriot Front" geben sich bei Demonstrationen gerne martialisch.

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Es ist einer der bisher detailliertesten Einblicke in Aktivitäten, Denkweise und Strategien von US-amerikanischen Rechtsextremen, den ein neues Datenleck nun offenbart. Mehr als 400 GByte an internen Daten der für ihre martialischen und publicityträchtigen Auftritte bekannten Gruppe "Patriot Front" wurden der Non-Profit-Medienplattform Unicorn Riot zugespielt und von dieser am Freitag veröffentlicht.

Text, Foto, Videos, Audio

Darin enthalten: Der gesamte Inhalt der internen Diskussionsforen der Gruppe – sämtlihe privaten Nachrichten inklusive. Die Größe des Leaks erklärt sich nicht zuletzt daraus, dass darin auch zahlreiche interne Fotos und Videos enthalten sind. Als Diskussionsplattform hatten die Rechtsextremen Rocket Chat genutzt, ein Open-Source-Pendant zu Slack. Viele der Videos wurden auf der File-Sharing-Plattform Mega.nz gehostet, diese wurden auch gleich gesichert und veröffentlicht.

Hintergrund

Die Patriot Front ist im Jahr 2017 im Gefolge eines "Unite the Right" genannten Neonazi-Aufmarschs in Charlottesville entstanden, in dessen Rahmen eine Antifaschistin von einem Rechtsextremen ermordet wurde. Als Abspaltung der Neonazi-Gruppe "Vanguard America" wollte man sich einen neuen Anstrich verpassen: Nach außen zwar weniger offen rassistisch und antisemitisch, dafür aber mit viel Bedacht auf die martialische Inszenierung.

Die Chats belegen nun, was Beobachter schon lange attestieren: Dass es sich dabei nur um eine sehr oberflächliche Tarnung handelt. Interne Bilder zeigen eindeutig neonazistische Symbole, die Chats dokumentieren eine offen antisemitische Gesinnung. In Schwierigkeiten dürfte die Mitglieder der Gruppe aber jetzt vor allem bringen, dass sie sich zum Teil auch bei Straftaten selbst fotografiert und gefilmt haben. Zudem hat die Gruppe zum Teil Audioaufnahmen von ihren Treffen vorgenommen, die nun ebenfalls öffentlich sind.

Tarnen und Täuschen

Die Strategie der "Patriot Front" ist auch hierzulande keine unbekannte. Der Versuch sich nach außen harmloser zu geben als man ist, hat bei österreichischen Rechtsextremen lange Tradition, was nicht zuletzt auch mit dem heimischen Verbotsgesetz zu tun hat. Gleichzeitig orientiert man sich sehr wohl auch an US-Vorbildern, so ähneln etwa Auftreten und Aktionsformen der Identitären unverkennbar jenen der Patriot Front. Zuletzt waren etwa auch bei den Demos gegen die Coronamaßnahmen in vorderster Reihe Rechtsextreme zu sehen, die ihr Gesicht wie die "Patriot Front" mit weißen Tüchern verhüllen – ein Zeichen für den Glauben an eine "weiße Überlegenheit".

Bei Unicorn Riot hat man es sich übrigens nicht nehmen lassen, den Leak exakt zu timen. So wurden die Daten parallel zu einem Aufmarsch der rechtsextremen Gruppe veröffentlicht. Die Rechtsextremen erfuhren also von Gegendemonstranten, dass gerade all ihre internen Daten an die Öffentlichkeit gelangt sind. Das verbunden mit dem Hinweis, dass sie eigentlich jetzt auch ihre Maskierung abnehmen könnten, immerhin seien ihre Gesichter und Namen ohnehin bereits überall bekannt. Das ist in dem Fall auch tatsächlich richtig: Sind in dem Leak doch auch Fotos und Videos von Wehrsportübungen der Gruppe zu sehen, wo sie exakt solche Aufmärsche trainieren – aber das natürlich ohne die weiße Maskierung. (apo, 22.1.2022)