Der Ledergürtel von Walter Fantl-Brumlik wurde in Auschwitz zu seinem Überlebensobjekt. Der original Gürtel ist im Haus der Geschichte in St. Pölten zu sehen.

Foto: Albert Lichtblau

Es war ein Gürtel, der Walter Fantl-Brumlik am Leben hielt. Der Niederösterreicher war ab 1944 als Zwangsarbeiter in Gleiwitz I, einem der Außenlager von Auschwitz, interniert. Trotz Hungers und hoher Gebote für den Lederriemen behielt er ihn während der ganzen Zeit, die er in dem Konzentrationslager verbrachte. Auch in der Nacht habe er ihn getragen und immer neue Löcher hineingestanzt, weil er so viel abgenommen habe. "Solange ich den Gürtel hab, lebe ich noch", formulierte es der damals 91-jährige Zeitzeuge in einem Interview. Walter Fantl-Brumlik starb im Oktober 2019 im Alter von 95 Jahren, ein Replikat seines Gürtels ist nun in Auschwitz zu sehen.

Dieses Überlebensobjekt ist nur eines von rund 90 Ausstellungsstücken, die in der neu gestalteten österreichischen Länderausstellung in der KZ-Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau seit Oktober 2021 zu sehen sind. Um den Bezug vom ehemaligen Vernichtungslager zu Österreich herzustellen, sind nun "Nachrichten aus Auschwitz" im Salzburg-Museum zu sehen. Auf einem Bildschirm am Eingang des Museums wird das Gästebuch einsehbar. Besucher können in der Gedenkstätte Auschwitz ihre Gedanken oder Grüße hinterlassen. Diese werden dann gesichtet, aufbereitet und im Museumsfoyer in Salzburg gezeigt – weitere Museumsstandorte in ganz Österreich sollen folgen.

Schulmaterialien für Vorbereitung

Ausprobiert wurde das digitale Gästebuch erstmals von Salzburger Schülern aus dem Akademischen Gymnasium, die im September die Ersten waren, die die vom Nationalfonds für die Opfer des Nationalsozialismus initiierte Ausstellung zu sehen bekamen. "Es war in dem Moment eine gute Ausstellung, als ich gemerkt habe, die Schüler können etwas damit anfangen", sagt der Salzburger Historiker Albert Lichtblau, der zusammen mit einem Team rund um Kurator Hannes Sulzenbacher die Schau gestaltet hat. In Zusammenarbeit mit erinnern.at wurden überdies Schulmaterialien ausgearbeitet, auf die Lehrerinnen und Lehrer zugreifen können, um auf den Besuch des Konzentrationslagers vorzubereiten.

Hochzeit und Haarbürste mit Geheimfach

Es gibt viele Verbindungen aus Österreich in das NS-Vernichtungslager. Diese spiegeln sich in den ausgewählten Objekten der Schau wider und sollen die persönlichen Geschichten der ehemaligen Besitzer erzählen. Etwa eine Haarbürste mit einem geheimen Fach – sie gehörte der Kärntner Krankenschwester Maria Stromberger, die eine zentrale Figur des Widerstands im Lager war und dank ihrer Position unschätzbare Botendienste leisten konnte.

Am Tag der Hochzeit im KZ Auschwitz: Margarete, Eduard (Edouard) und Rudolf Friemel. Aus dem Teilnachlass von Rudolf Friemel.
Foto: Häftling Wilhelm Brasse/Wienbibliothek im Rathaus

Ein besonderes Exponat sind die Urkunden und Glückwunschkarten der Hochzeit von Auschwitz am 18. März 1944. Der Wiener Rudolf Friemel hat es geschafft, als einer der Insassen in Auschwitz die Frau, in die er sich während des Spanienkrieges verliebt hatte, zu heiraten. Sechs Monate später wurde er nach einem Fluchtversuch zusammen mit vier anderen Häftlingen in Anwesenheit der Internierten gehängt. Den Nachlass des Widerstandskämpfers, darunter Briefe an seine Frau, ein Hochzeitsfoto und ein Abschiedsbrief an seinen Sohn, bekam Lichtblau von Friemels Enkel.

Österreicher in Bauleitung von Auschwitz aktiv

Die Ausstellungstücke wurden so ausgewählt, dass verschiedene Opfergruppen sichtbar werden, erklärt Lichtblau. Neben den jüdischen Geschichten werden auch jene des Widerstands, der Roma oder der Zeugen Jehovas erzählt. Auch die österreichischen Täter werden thematisiert. "Die Österreicher waren in der Zentralbauleitung sehr wichtig", erläutert Lichtblau. Der Bauleiter von Birkenau etwa, Josef Janisch, war ein Salzburger, der sehr brutal mit den polnischen Arbeitern umgegangen sei. Die Pläne für die Krematorien und Gaskammern stammten vom Tiroler Architekten Walter Dejaco, und der erste Plan für das Lager in Birkenau kam von dem Linzer Architekten und Bauhausschüler Fritz Ertl. (Stefanie Ruep, 27.1.2022)