"Österreich" und "Oe24" seien zwei eigenständige Tageszeitungen, deshalb müsse "Österreich" Presseförderung erhalten, erklärt die Fellner-Gruppe ihre Klage gegen die Republik. Hier die Covers vom Verhandlungstag Montag.

Foto: fid

Wien – Am Montag ging es vor dem Wiener Landesgericht für Zivilrechtssachen wieder um die Frage, ob "Österreich" und "Oe24" zwei eigenständige Zeitungen sind – und ob die Medienbehörde Komm Austria der Fellner-Mediengruppe für "Österreich" zu Recht oder zu Unrecht bisher keine Presseförderung zuerkennt. Eingeklagt ist rund eine Million Euro*.

Update: Verleger Helmuth Fellner als Zeuge

Helmuth Fellner ist kaufmännischer Kopf in der Mediengruppe Österreich, Wolfgang Fellners jüngerer Bruder und nach Eigendefinition "Verleger". Er sagte am Montag als Zeuge aus. In die "strategische Entscheidung" für zwei Zeitungsmarken statt einer war er nach eigenem Bekunden stark involviert.

Die Fellner-Mediengruppe bezeichnet die Gratiszeitungsvariante seit Mitte 2018 nicht mehr als "Österreich", sondern als "Oe24". Fellner erklärt das so: "Oe24" sei die Marke anderer kostenloser Medien der Gruppe, also des TV-Senders und der Onlineplattform (für die gibt es unter Oe24plus inzwischen auch eine Bezahlvariante).

"Völlig absurd"

"Völlig absurd" sei der Verdacht, dass die Marken mit dem Ziel getrennt wurden, Presseförderung für die Kaufzeitung zu erhalten, erklärte Fellner: "Das wäre ökonomisch völlig irrelevant. Da geht es um eine Mini-Prozentzahl, bezogen auf den Umsatz."

Helmuth Fellner hob vor Gericht Unterschiede zwischen "Österreich" und "Oe24" hervor. "Wenn Sie 300 Euro im Jahr haben wollen, müssen Sie eine völlig andere journalistische Leistung erbringen, ein anderes Volumen an Content liefern." Bei der Trennung der beiden Marken "haben wir die Kaufzeitung noch einmal deutlich upgegradet".

"Zweit- oder drittstärkster Kaufzeitungscontent"

"Österreich" erbringe "wahrscheinlich die zweit- oder drittstärkste Kaufzeitungscontentleistung in Österreich", erklärte der Verleger. Er verweist hier "kritisch" auf das Linzer "Volksblatt", ein mit Presseförderung relativ hoch gefördertes Medium, das "sicher wesentlich weniger Content als 'Österreich' produziert".

Die Argumentation der Medienbehörde, dass es zwischen "Österreich" und "Oe24" keinen wesentlichen redaktionellen Unterschied gebe, sei "so falsch, dass ich nicht nachvollziehen kann, wie man zu dieser Aussage kommen kann", so Fellner. "Österreich" habe den fünffachen Content von "Oe24", über die ganze Woche gerechnet "das Zehn- oder Achtfache". Fellner: "Wie man diesen Unterschied nicht erkennen kann, ist mir nicht nachvollziehbar, und es ist einfach falsch."

Der Verleger verwies etwa auf eine Politik- und eine Sportbeilage von "Österreich" sowie auf Gesundheitsseiten. Auch bei der "Kronen Zeitung" etwa würden Spezialseiten und Hochglanzteile zum redaktionellen Teil gerechnet, argumentiert Fellner.

"Sonntag könnten Sie gar keine Gratiszeitung produzieren"

Fellner verwies auch auf unterschiedliche Vertriebswege und Erscheinungstage – am Wochenende etwa gibt es lediglich "Österreich". Der Verleger: "Am Sonntag könnten Sie gar keine Gratiszeitung produzieren."

Kaufzeitungen würden aktiv abonniert oder gekauft, Gratiszeitungen müssten ihrem Publikum "entgegengehen" – ja sich ihnen gar "in den Weg stellen". Fellner: "Wenn die Box zehn Meter weiter rechts steht, können Sie die Zeitungen am Abend selbst wieder abholen."

Getrennt geführt, beide wirtschaftlich

Beide Titel würden getrennt geführt und wirtschafteten getrennt positiv. Sie teilten sich Infrastruktur, etwa den laut Fellner in einer eigenen Gesellschaft organisierten Newsroom, die Kosten würden den verschiedenen Medien verrechnet.

Fellner wollte vor Gericht nicht quantifizieren, wie viele Inhalte in "Oe24" von "Österreich" stammen. Es gebe keine Verrechnung der Nutzung zwischen den beiden Titeln. Fellner: "Innerhalb einer Gesellschaft kann es keine Verrechnung geben. Es gibt eine Zuordnung, aber keine Verrechnung." Eine Zuordnung des Aufwands? Fellner nickt.

Das Urteil ergeht schriftlich, kündigte Richterin Maria Elisabeth Schrey an.

Das Verfahren läuft seit 2020, es geht um gut eine Million Euro Presseförderung.

Was bisher geschah: Die Argumentation der Medienbehörde

Die Medienbehörde Komm Austria erklärte ihre – 2021 neuerlich erfolgte – Ablehnung grob zusammengefasst damit, dass die Gratisvariante, die seit 2018 statt "Österreich" den Titel "Oe24" trägt, mit einem winzigen Team größtenteils Inhalte der Kaufzeitung "Österreich" übernimmt. Die beiden Varianten seien also als eine publizistische Einheit zu werten.

Betrachtet man die Auflagendaten der beiden Zeitungsversionen gemeinsam, dann werden sie zum überwiegenden Teil gratis vertrieben und nicht verkauft. Um Presseförderung zu erhalten, müssen aber jedenfalls mehr Exemplare verkauft als verschenkt werden.

Das zuständige Mitglied der Medienbehörde sowie eine langjährige Fachkraft für Presseförderung haben diese Argumentation im Herbst vor dem Landesgericht für Zivilrechtssachen erklärt.

Die Sicht der Fellner-Gruppe

Im Juni 2021 erklärte Wolfgang Zekert, Geschäftsführer einer Reihe von Gesellschaften in der Mediengruppe Österreich, die Sicht der Fellner-Gruppe. Der formell als Berater tätige Helmuth Fellner ließ sich im Herbst entschuldigen, er erschien nun am Montag.

Die Fellner-Gruppe argumentiert, die beiden Zeitungen seien eigenständige Titel, die in zwei unterschiedlichen Gesellschaften der Mediengruppe Österreich produziert würden, und daher auch eigenständig zu bewerten. Deshalb habe "Österreich" als mehrheitlich verkaufte Tageszeitung Anspruch auf Presseförderung.

Zekert legte dem Gericht im Juni eine Übersicht von Seiten einer Woche beider Titel vor, die zeigen sollte, dass die Kaufvariante "Österreich" (einschließlich einzelner Beilagen) mehr als doppelt so viele Seiten hatte wie "Oe24".

Mitglieder des Beirats geklagt

Die Mediengruppe Österreich hat nicht nur die Republik geklagt, sondern auch über eine weitere Anwaltskanzlei (B&S Böhmdorfer Schender Rechtsanwälte) Mitglieder des Beirats der Medienbehörde persönlich. Der Beirat spricht nicht bindende Empfehlungen aus, die Entscheidung liegt allein bei der Behörde.

Geklagt hat die Fellner-Mediengruppe wie berichtet jene vier Mitglieder des Beirats, die empfohlen haben, "Österreich" keine Presseförderung zuzuerkennen. Dies sind zwei von der Journalistengewerkschaft und zwei vom Kaufzeitungsverband VÖZ entsandte Beiräte. Der VÖZ hat die Fellner-Zeitung(en) bisher nicht aufgenommen, mit Verweis auf den hohen Gratisauflagenanteil. Zwei vom Bundeskanzleramt entsandte Mitglieder haben sich nach STANDARD-Infos dazu enthalten.

Gerichtstermine im Verfahren gegen Mitglieder des Beirats wurde bereits zweifach – auf Wunsch der Fellner-Anwälte – vertagt. Die erste Verhandlung in diesem Verfahren wurde zuletzt für April 2022 angesetzt.

Reformpläne

Die neue Medienministerin Susanne Raab (ÖVP) hat zuletzt in einem mit dem Regierungspartner Grüne akkordierten Ministerratsvortrag eine Reform ("Neustart" ) von Medienförderungen – und andererseits Regierungsinseraten – angekündigt.

Große Werbevolumina öffentlicher Stellen gehen an die drei Boulevardzeitungen "Krone", "Heute" und "Österreich/Oe24", analysierte etwa das Medienhaus Wien 2021.

Die Medienförderungen umfassen neben insgesamt neun Millionen Euro Presseförderung (Kauf-Tages- und -Wochenzeitungen) und rund 350.000 Euro für Publizistikförderung, 20 Millionen Privatrundfunkförderung – höchstgeförderter Sender Oe24 TV – sowie 13,5 Millionen für Fernsehproduktionen und, 2022 neu, eine Digitaltransformationsförderung für klassische Medien(häuser). Im ersten Jahr sollen hier 54 Millionen Euro ausgeschüttet werden, danach bis 2027 jährlich 20 Millionen Euro. (Harald Fidler, 24.1.2022)