Neben einem Gamspokal kassiert Dave Ryding 100.000 Euro Preisgeld.

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Auch wenn David Ryding mit seinem Coup am Samstag im Slalom zu Kitzbühel Geschichte geschrieben hat: Es ist nicht davon auszugehen, dass der alpine Skisport im Mutterland des Fußballs nach dem Premierenerfolg eines Briten im Weltcup einen großen Bedeutungssprung erlebt. Doch der 35-jährige Routinier aus dem Dorf Bretherton in der Grafschaft Lancashire nördlich von Liverpool hat in seinem 97. Versuch seit dem Debüt 2009 geschafft, was keinem Briten in 55 Jahren Weltcup gelang – und die großen Skinationen düpiert.

Ryding profitierte freilich davon, dass einige Favoriten bei Schneefall am Ganslernhang strauchelten. Doch der vierfache britische Meister bewegt seine Arbeitsgeräte schon seit Jahren in der Weltspitze. Dreimal kam er der Premiere nahe, etwa 2017, als er in Kitzbühel nur von Marcel Hirscher in die Schranken gewiesen wurde. Einen zweiten Platz hatte auch schon der Londoner Konrad Bartelski 1981 in der Abfahrt von Gröden verbucht. Und es gab auch schon einen britischen Hahnenkamm-Sieger: 1931 gewann das spätere Flieger-Ass Gordon "Mouse" Cleaver die erste Kombination in Kitzbühel, allerdings lange bevor der Weltcup 1967 – auch in Kitzbühel – aus der Taufe gehoben wurde.

Win-win

Von Rydings Erfolg wird auch Tirol profitieren. Immerhin wird "Rocket Ryding" vom Ötztaltourismus mit der Skidestination Obergurgl gebrandet. Touristikern in den Tälern ist bewusst, dass die Briten auch gerne mal anschnallen und hernach auch den Einkehrschwung üben. "Wir Briten lieben das Skifahren und auch zu feiern", sagte Ryding und klagte, dass um 22 Uhr Sperrstunde ist. Sein Name wird künftig eine Gondel der Hahnenkammbahn zieren. Ob Queen Elizabeth II der Einladung von OK-Chef Michael Huber zur Gondelübergabe folgen wird, darf bezweifelt werden.

Von seinem Vater Carl trainiert, bestritt er als Achtjähriger sein erstes Rennen – auf einer 130 Meter langen Kunststoffmattenpiste. Mit 13 versuchte er in Norwegen erstmals, auf Schnee zu reüssieren. Einmal im Jahr fuhr die Familie in die französischen Alpen, Junior Dave übte das Fußwerk auch in einer belgischen Skihalle. "Die Leute dachten, ich wäre verrückt." Ins Profigeschäft durfte er erst nach absolvierter Matura einsteigen.

Der älteste Gewinner eines Weltcupslaloms hat wegen Corona seine Hochzeit verschoben. Nachdem er im Ziel seine Lippen in den Schnee gedrückt hatte, stellte er fest: "Es ist noch Leben in dem alten Hund." (Thomas Hirner, 23.1.2022)