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Der brasiliansche Präsident Jair Bolsonaro handle aus Profitgier, so Greenpeace.

Foto: Reuters / Ueslei Marcelino

Brasilia/Wien – Rund drei Jahre nach seinem Amtsantritt zieht Greenpeace eine katastrophale Bilanz über die Präsidentschaft von Jair Bolsonaro in Brasilien. Als "drei Jahre Zerstörung" bezeichnete die Umweltschutzorganisation das bisherige Wirken des umstrittenen rechten Politikers. "In dieser Zeit hat seine politische Agenda zu einer dramatischen Zunahme der Zerstörung von Natur und biologischer Vielfalt geführt", heißt es in dem Bericht. Dabei stehe vor allem Profitgier im Vordergrund.

Zehn Prozent mehr Treibhausgase

Die Emissionen der schädlichen Treibhausgase, die für die Klimakrise verantwortlich sind, sind laut Greenpeace in Brasilien seit Anfang 2019 um fast zehn Prozent gestiegen. Das sei vor allem auf die Entwaldung, die Umwandlung von Waldflächen hin zu anderen Landnutzungsformen, im Amazonas-Regenwald zurückzuführen. Die Wälder würden Feldern für Viehzucht sowie Acker- und Weideland für Monokulturen zum Anbau von Agrarrohstoffen weichen müssen.

Die Dimension ist gigantisch: Zwischen August 2020 und Juli 2021 wurden laut Greenpeace 13.235 Quadratkilometer im Amazonasgebiet abgeholzt. Das entspricht einer Fläche größer als das Bundesland Tirol. 2018 war die Entwaldungsrate demnach noch um 75 Prozent niedriger.

Der Amazonas-Regenwald ist für den Klimaschutz von zentraler Bedeutung – er gilt als "grüne Lunge" der Erde. Die Bäume können CO2 aufnehmen und speichern. Wenn sie jedoch abbrennen, absterben oder abgeholzt werden, gelangt das Treibhausgas wieder in die Atmosphäre.

EU für Abholzung mitverantwortlich

"Die Zerstörung von wertvollen Ökosystemen wie dem Amazonas hat nicht nur für Brasilien, sondern auch global betrachtet schwerwiegende Folgen", heißt es in dem Bericht. Bolsonaro würde aufgrund seiner politischen Agenda gemeinsam mit Konzernen die Zerstörung der Umwelt und die Verletzung der Rechte indigener Gemeinschaften aus reinen Profitgründen vorantreiben. Greenpeace fordert dringend eine Abkehr des umweltschädlichen Kurses des Landes. Dafür sei auch die EU gefragt.

Die Europäische Union ist laut Greenpeace eine der führenden Importeurinnen und Finanziers von Agrarprodukten aus Brasilien, die für die Abholzung von Wäldern verantwortlich sind. Die EU nehme ihre Rolle im Kampf gegen die Klimakrise nicht ernst genug und lasse viele Produkte, die auf Naturzerstörung beruhen, ungehindert und unkontrolliert in den europäischen Markt. "Die EU und ihre Mitgliedstaaten dürfen Umweltzerstörung und Menschenrechtsverletzungen nicht weiter ignorieren."

Bewusste Brandlegung

Auch die Zahl der Brände in Wäldern habe drastisch zugenommen. Der Großteil der Feuer würde bewusst gelegt und die Täter kämen zumeist ungestraft davon. Das Abfackeln gilt für Kleinbauern als die einfachste und billigste Methode, um Äcker zu reinigen und für eine neue Aussaat vorzubereiten. Manchmal geraten die Brände jedoch außer Kontrolle. Kritiker werfen Bolsonaro vor, ein Klima geschaffen zu haben, in dem sich Bauern zum Abbrennen von Flächen ermutigt fühlen.

"Betroffen sind wertvolle Ökosysteme wie der Amazonas-Regenwald, die weitlaufende Graslandschaft Pampa oder die Cerrado-Savannen", heißt es in dem Bericht. Besonders schlimm waren zuletzt die Feuchtgebiete Pantanal betroffen. Dort gab es nach Angaben von Greenpeace zwischen 2019 und 2021 im Vergleich zu den drei vorangegangenen Jahren eine Steigerung von Brandherden um 218 Prozent. Bis zu 98 Prozent sollen von Menschen selbst gelegt worden sein, belegen brasilianische Angaben. Die Täter würden so gut wie nie belangt werden.

Das Feuchtgebiet, das sich von Brasilien auch auf die Nachbarländer Bolivien und Paraguay erstreckt, besteht aus einem verzweigten System von Flüssen und Seen und ist ein einzigartiges Natur- und Touristenparadies. Beheimatet sind dort außerdem eine der dichtesten Jaguar-Populationen der Welt sowie Hunderte Vogelarten, darunter der bedrohte Hyazinth-Ara.

Indigene Bevölkerung drangsaliert

Der Kampf um Land für Viehhaltung und den Anbau von Agrarrohstoffen habe auch große Auswirkungen auf die indigene Bevölkerung Brasiliens: Die Gemeinden würden oftmals bedroht oder vertrieben, um ihre Flächen zu übernehmen. Während sich die indigene Bevölkerung als Hüterin des Waldes sieht, befürwortet Bolsonaro die wirtschaftliche Nutzung des Amazonasgebiets und will auch den bisher illegalen Goldabbau in ihren Gebieten erlauben. Umweltbehörden und Kontrollorgane seien sowohl personell als auch finanziell gezielt geschwächt worden.

2020 gab es nach Angaben der Umweltorganisation 1.576 Landkonflikte, die höchste Zahl seit 1985. Davon betrafen 656 Auseinandersetzungen indigene Gemeinschaften. Von 18 Morden, die im Jahr 2020 im Zusammenhang mit Landkonflikten in Brasilien verzeichnet wurden, seien sieben der ermordeten Personen Angehörige einer indigenen Gemeinschaft gewesen.

Seit Bolsonaros Amtsantritt seien zudem 1.500 neue Pestizide zugelassen worden – so viele wie noch nie zuvor. Viele der Pestizide sind laut Greenpeace in der EU nicht zugelassen, weil sie für Menschen wie für die Umwelt besonders schädlich sind. (APA, 24.1.2022)