In Deutschland ist Pater Tobias mittlerweile weltberühmt. Zumindest in Läufer- und Läuferinnenkreisen – aber längst nicht mehr ausschließlich dort. Denn der katholische Geistliche aus Duisburg ist unter dem Namen "Marathonpater" ein oft und gern gesehener, eloquenter Gast in Talkshows – oder aber er verkündet seine frohe Botschaft über seine eigenen Kanäle: Der 1963 in Werne an der Lippe geborene Seelsorger ist auf Social Media, im Web, als Lauf- und Lebenscoach und als Buchautor mindestens so aktiv wie als Läufer – und das heißt etwas.

Denn der katholische Geistliche ist in den letzten 14 Jahren fast 140 Marathons gelaufen. Von kleinen regionalen bis hin zu den ganz großen: Von den "Big Six", also den prestigeträchtigen Läufen von Berlin, London, New York, Chicago, Boston und Tokio, fehlt ihm nur noch der in Japan. Und seit seinem "Ultra" in der Wüste von Oman träumt er vom ultimativen Kontrast: einem Marathon in der Arktis.

Foto: Pater Tobias/Privatarchiv

Laufen, sagt der eilige Pater, habe für ihn zwei wichtige Aufgaben: Zum einen halte der tägliche Workout ihn körperlich und geistig fit für seine Arbeit als Seelsorger. Beim Laufen konzipiere er seine Predigten, finde aber, "wenn ich nicht gerade Intervalle laufe", auch die Ruhe, um zu beten. Oder einfach Stille zuzulassen.

Darüber hinaus habe Laufen aber auch eine soziale Komponente: Pater Tobias läuft mit Geflüchteten und Jugendlichen und sammelt als Charityläufer Geld für soziale Projekte.

Und, ja, Laufen macht ihm natürlich auch Spaß: Dass er dadurch und dafür die Welt bereist, ist nichts, wofür er sich schämt – weil jeder Mensch, auch ein Geistlicher, Dinge und Erlebnisse braucht, die ihn glücklich machen.

Foto: Projekt LebensWert

Ich traf Pater Tobias wenige Tage vor dem Wüstenmarathon von Eilat. In jenem Hotel in Tel Aviv, in dem Touristen wie ich auf die Ergebnisse ihrer Einreise-PCR-Tests warteten, saß er – zufällig – beim Frühstück am Nachbartisch. Wir kamen ins Plaudern. Drei Tage nach Eilat lief er dann – diesmal am Toten Meer – die nächste Marathondistanz. Einfach so. Aus Freude am Laufen.

DER STANDARD

Vergangene Woche habe ich dann mit ihm ein Videointerview geführt. Darüber, was ihn zum Laufen gebracht hat – und was ihn am Laufen hält. Über seinen Ultra durch die Wüste in Oman 2018, darüber, ob Laufen und Sport Augen und Herzen öffnen können.

Und eben auch, ob Gott ein Läufer ist.

Foto: Pater Tobias/Privat

Pater Tobias ist nicht nur in seiner Gemeinde hochaktiv. Man findet ihn unter pater-tobias.de, er hat einen Facebook- und zwei Instagram-Accounts: einen als "normaler" Priester und einen als "Marathonpater". Sein Buch "Der Marathonpater – 60.000 Kilometer gegen die Armut" (Droemer & Knaur, 2021) wurde bereits über 5.000-mal verkauft – und in seinem monatlichen Videoformat "Talk im Schmidthorster Dom" plaudert er nicht nur mit Nordrhein-Westfalens Integrationsstaatssekretärin Sera Güler, sondern auch mit Spitzensportlerinnen, Metal-Musikern oder dem Feuilletonchef der Funke-Mediengruppe über Gott, die Welt, das Leben und das Laufen – weil das nämlich alles zusammengehört. (Tom Rottenberg, 25.1.2022)

Tom Rottenberg hat im Jänner 2022 den Job eines Presseprechers bei den niederösterreichischen Grünen angetreten. Da seine Kolumne keine politischen – und schon gar keine parteipolitischen – Botschaften oder Inhalte transportiert, wird seine Laufkolumne "Rotte rennt" weiter auf derStandard.at erscheinen.

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Foto: Projekt LebensWert/Carsten Walden