Das Contact-Tracing soll helfen, Infektionsketten nachzuvollziehen und Folgeinfektionen zu verhindern.

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Wien – Oberösterreich gibt auf: Das Bundesland wird sein Contact-Tracing ab einer Sieben-Tage-Inzidenz von 1.800 einstellen, wie der ORF am Sonntagabend berichtete. Diese Schwelle wurde wenige Stunden nach der Ankündigung bereits überschritten: Mit den am Montag gemeldeten Zahlen liegt Oberösterreich bei einer Sieben-Tage-Inzidenz von 1.848. Gesundheitsreferentin Christine Haberlander (ÖVP) begründet den Schritt mit zu vielen Neuinfektionen, stattdessen wird der Fokus nur auf akut Infizierte gelegt. Diese sollen laut Bundeserlass weiterhin abgesondert werden. Danach sind sie angefordert, sich selbst darum zu kümmern, etwaige Kontaktpersonen zu verständigen.

Die Vielzahl der Positivfälle führt nun auch in der Steiermark zu Restriktionen beim Contact-Tracing. Die Kontaktnachverfolgung werde derzeit auf den vulnerablen Bereich beschränkt, heißt es aus dem Büro der Gesundheitslandesrätin Juliane Bogner-Strauß (ÖVP). Contact-Tracing sei momentan nur noch für die Gesundheitseinrichtungen, Schulen und Pflegestationen möglich. Ausgebaut werden soll aber das Freitestsystem mittels Heimgurgeltests.

Auch Salzburg verfolgt Kontakte nur mehr teilweise

"Wir stellen nicht ein", sagt ein Sprecher von Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP) zur Ankündigung aus Oberösterreich, das Contact-Tracing weitgehend aufzugeben. Allerdings komme auch in Salzburg das Tracing aufgrund der steigenden Infektionen in personeller und technischer Sicht an die Belastungsgrenze, hat die Landeskorrespondenz schon Ende vergangener Woche mitgeteilt.

Auf Nachfrage räumt man dann im Büro von Haslauer ein, dass das Contact-Tracing gemäß "eines Stufenplanes" adaptiert werde. Ab einer Sieben-Tages-Inzidenz von 2000 werden überwiegend nur mehr infizierte Personen erfasst und in Quarantäne geschickt. Das Contact-Tracing auch für Kontaktpersonen beschränke sich "auf sensible Bereiche". Gemeint seien damit beispielsweise Gesundheitsberufe. Aktuell liegt die Inzidenz im Land Salzburg laut Dashboard der Landesregierung bei rund 2.600.

Eingeschränkte Erhebungen in Tirol

Tirol hält sich an die Vorgaben des Kontaktpersonenmanagements des Gesundheitsministeriums hinsichtlich einer Priorisierung im Contact Tracing bei eingeschränkten Ressourcen. Priorität hat aktuell die möglichst rasche Absonderung positiv getesteter Personen.

Darüber hinaus liegt ein Schwerpunkt auf Infektionen in Gemeinschaftseinrichtungen, wie beispielsweise Altenwohnheimen, wo bestmöglich auch Kontaktpersonen erhoben und unter Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben gegebenenfalls abgesondert werden. Weitere Erhebungen finden aktuell nicht statt. Positiv getestete Personen sollten dennoch alle Kontaktpersonen informieren. Die Kontaktpersonen sollen eigenverantwortlich auf ihren Gesundheitszustand achten und sich als Kontaktperson zu einem PCR-Test anmelden.

Nachverfolgung in Kärnten nicht mehr "topaktuell"

Auch andere Bundesländer haben Schwierigkeiten, die Kontaktnachverfolgung bei der hohen Zahl an Neuinfektionen aufrechtzuerhalten: "Aktuell schaffen wir es noch", sagt der Sprecher der Landesregierung in Kärnten, Gerd Kurath. Das Contact-Tracing-System werde laufend aufgestockt, "aber natürlich besteht die Gefahr, dass es angesichts der Fülle an Fällen zusammenbricht".

Der Anstieg der Positivfälle habe allerdings bereits zu einer Einschränkung geführt. "Wir schaffen es nicht mehr, beim Contact-Tracing topaktuell zu sein", sagt Kurath. Aktuell wird Freitesten per PCR-Gurgeltest weiter aufgebaut. Momentan sei ein Freitesten aber nur in der kritischen Infrastruktur möglich.

Niederösterreich und Vorarlberg sind à jour

Keine gröberen Probleme gibt es bei der Kontaktnachverfolgung in Niederösterreich, sagt ein Sprecher von Gesundheitslandesrätin Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ). "Wir denken derzeit nicht daran, bei unserem Contact-Tracing etwas zu ändern", heißt es auf STANDARD-Anfrage. Die Kontaktnachverfolgung in Österreichs größtem Bundesland funktioniere: Am Montag liege die Aufklärungsquote bei 59 Prozent.

Auch im Burgenland laufe derzeit alles "wie gehabt", sagt eine Sprecherin von Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ): Das Contact Tracing laufe unvermindert weiter.

Weniger Mitarbeiter tracen in Wien gleich viel

In der Stadt Wien gibt es vorerst keine Einschränkungen beim Contact Tracing, wie es aus dem Ressort von Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) heißt. Dennoch wird nach STANDARD-Informationen aktuell weniger Personal dafür eingesetzt als noch vor ein paar Wochen. Waren Anfang Jänner noch 530 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit dem Nachverfolgen von Kontakt-Ketten beschäftigt, sind es aktuell nur noch rund 490 Personen.

In der Stadt Wien wird die Reduktion trotz weiter ansteigender Fallzahlen bestätigt. Eine Einschränkung im Contact Tracing gehe damit aber nicht einher: Man sei dazu übergegangen, Abläufe zu digitalisieren. So seien etwa alleine am vergangenen Wochenende 18.000 Absonderungsbescheide automatisiert versendet worden, sagte ein Sprecher von Hacker. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hätten also mehr Zeit zu telefonieren und Kontakten nachzugehen. Auch Clusteranalysen würden mittlerweile automatisiert erstellt werden.

Bei mehr als 7.000 Fällen alleine in Wien – wie am Montag – stößt aber auch dieses System an seine Grenzen.

Formular ersetzt Anrufe in Vorarlberg

In Vorarlberg läuft das Contact-Tracing weiter "vollumfänglich", heißt es vom Land. Allerdings könne es zu Verzögerungen kommen, bis man kontaktiert wird. Das Land passt das Vorgehen angesichts des hohen Infektionsgeschehens nun an und stockt die Zahl der Personen, die das Infektionsteam unterstützen, weiter auf. "Es werden wieder Mitarbeitende aus dem gesamten Landesdienst eingebunden, die jetzt schon übers Wochenende verschiedenste Aufgaben erfüllen und die anfallenden Telefonanrufe im Contact-Tracing mit übernehmen", erklärt Gesundheitslandesrätin Martina Rüscher (ÖVP).

Auch in Vorarlberg wird digitalisiert: "Außerdem stellen wir weitere Arbeitsschritte auf digitale Anwendungen um. Damit haben wir schon in der Vergangenheit gute Erfahrungen gemacht", sagt Rüscher. So wird seit Freitagmittag die telefonische Abfrage von Erkrankten (unter anderem Erhebung von Symptombeginn und Ansteckungsquellen) durch ein digitales Formular ersetzt. Es werden dann nur noch jene Personen angerufen, die dieses Formular nicht innerhalb von 24 Stunden vollständig ausgefüllt haben oder deren Angaben nicht plausibel sind. Dadurch sollen die Abläufe wesentlich beschleunigt werden.

Das Freitesten wird in der nächsten Zeit nicht mehr an Tag fünf der Absonderung ermöglicht, sondern erst an den Folgetagen. Derzeit werden Termine für Tag acht der Absonderung vergeben. Diese Anpassung ist gesetzlich möglich und liegt im Ermessen der Gesundheitsbehörde, wenn die vorhandenen Kapazitäten es notwendig machen. Die vom Infektionsteam ausgestellten Bescheide werden entsprechend angepasst. "Für die Freitestmöglichkeit werden Sie von der Gesundheitsbehörde kontaktiert und zu einer weiteren Testung angemeldet. Wann dieser Testtermin stattfinden wird, liegt im Ermessen der Behörde", so Rüscher. Für das Freitesten wird nur ein behördlich zugewiesener Test akzeptiert. Positiv getestete Personen dürfen sich auch nicht frei bewegen, um Screening-Test-Angebote anzunehmen, sondern das Haus nur für behördlich zugewiesene Tests verlassen. (neu, brun, ars, mue, sefe, wei, krud, 24.1.2022)