Das aktuelle Verfahren richtete sich gegen die Bawag. Betroffen seien aber die "allermeisten" österreichischen Banken, heißt es vom VKI.

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Bankkunden, die wegen Corona vorübergehend von ihren Kreditzahlungen befreit wurden, können sich über eine aktuelle Entscheidung des Obersten Gerichtshofs (OGH) freuen: Laut den Höchstrichtern dürfen Banken für die Zeit der pandemiebedingten Kreditstundungen nämlich keine Kreditzinsen verlangen. Der OGH hat einer entsprechenden Klage des Vereins für Konsumenteninformation (VKI) gegen die Bawag stattgegeben (OGH 22.12.2021, 3 Ob 189/21).

Betroffen von der Entscheidung sind praktisch alle österreichischen Banken, deren Verbraucherkredite von 1. April 2020 bis 31. Jänner 2021 gesetzlich gestundet wurden. Anderes gilt nur, wenn Kunden mit der Bank eine eigene, abweichende Zahlungserleichterung vereinbart haben – etwa eine geringere Rate, eine verlängerte Laufdauer oder eine Stundung über den 31. Jänner hinaus.

Unklare Gesetzeslage

Die Regierung hatte die gesetzliche Kreditstundung im April 2020 eingeführt, um Verbraucher zu unterstützen, die wegen der Pandemie arbeitslos wurden oder in Kurzarbeit waren. Die Laufzeit der Kredite verlängerte sich dadurch automatisch um zehn Monate. Im Gesetz war allerdings nicht klar geregelt, ob die Kreditzinsen während der Dauer der Stundung normal weiterlaufen. Die Banken vertraten den Standpunkt, dass zwar Zinsen wegen verspäteter Ratenzahlungen wegfallen, nicht aber die normalen Vertragszinsen.

In einem Gerichtsverfahren, das der VKI im Auftrag des Sozialministeriums gegen die Bawag geführt hat, hat der Oberste Gerichtshof nun den Kunden Recht gegeben. Der Gesamtbetrag des Kredits darf sich laut den Höchstrichtern aufgrund der Stundungen nicht erhöhen. Die Banken müssen ihren Kunden die zu Unrecht verrechneten Zinsen daher wieder gutschreiben. Kreditnehmer, deren Kredite bereits ausgelaufen sind, können Geld zurückverlangen. Der VKI stellt dafür einen kostenlosen Musterbrief zur Verfügung.

Gesundheits- und Sozialminister Wolfgang Mückstein (Grüne) zeigte sich in einer Stellungnahme über die Entscheidung erfreut, weil sie Kreditnehmer, die von der Pandemie betroffen sind, schütze. Es gehe um Personen, die wegen der Pandemie ihr Arbeitseinkommen ganz oder teilweise verloren hätten. "Letztendlich sollte es auch im Interesse der Banken liegen, dass betroffene Kreditnehmer und Kreditnehmerinnen nach Ablauf der Stundung nicht in Zahlungsschwierigkeiten kommen", erklärte das Ministerium. (japf, 24.1.2022)