Die Jungbauern Österreichs seien laut Bauernbund-Präsident Strasser durch den Klimawandel und die damit verbundenen Extremwetterereignisse sehr verunsichert.

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Wien – Ändern sie nichts, ändert sich für die Bäuerinnen und Bauern in Österreich finanziell einiges. Grund ist die neue EU-Agrarpolitik (Gap), die für eine biologische und klimaschonende Bewirtschaftungsform mehr Subventionen vorsieht, für konventionelle Produktion jedoch weniger. Um weiter Förderungen in ähnlicher Höhe zu erhalten, müssen die Landwirte mehr auf Klima und Artenschutz achten. Ministerium und Kammer kündigten am Montag eine Informationsoffensive an.

"Wer mehr für Umweltschutz, für Klimaschutz, für Artenvielfalt leistet, wird auch entsprechend stärker mit Ausgleichszahlungen bedacht", sagte Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) in einer Pressekonferenz mit Landwirtschaftskammer-Präsident Josef Moosbrugger und Bauernbund-Präsident Georg Strasser (ÖVP).

Kompensation von Einbußen

Die Zahlung pro Hektar Fläche sinkt von 288 auf 208 Euro. "Die Umsetzung der Agrarpolitik wird nicht für jeden Betrieb besser werden", so die Ministerin. Durch Gelder für mehr Umweltschutz soll es aber möglich sein, finanzielle Einbußen zu kompensieren, so Köstinger. "Wir haben ein Angebot und System geschaffen, mit dem jeder Betrieb für sich ein eventuell entstehendes Minus durch das Öpul-Programm ausgleichen kann."

Als Beispiel nannte Köstinger einen Ackerbaubetrieb mit rund 100 Hektar, der durch eine Teilnahme am Agrarumweltprogramm Öpul, etwa durch umweltgerechte und biodiversitätsfördernde Bewirtschaftung, weiter rund 40.000 Euro an Subventionen erhält. Ein Bauernhof mit Mutterkuhhaltung und 20 Hektar könne die Fördersumme durch eine verlängerte Weidehaltung und eine neue Maßnahme fürs Grünland, welche Humuserhalt und Bodenschutz fördern soll, von bisher 18.000 auf über 20.000 Euro steigern, sagte Köstinger.

Österreich in Vorreiterrolle

Verglichen mit anderen EU-Ländern ist die Umstellung aber deutlich kleiner. Mit einem Bio-Anteil von 26 Prozent, gemessen an den Agrarflächen, erfüllt Österreich schon heute die EU-Vorgaben für 2030. "Diese Vorreiterrolle kommt uns zugute", so Köstinger. Da aber der Bio-Anteil EU-weit von derzeit acht Prozent steigen soll, fürchten Österreichs Bauernvertreter, dass die Nachfrage womöglich nicht mit dem höheren Bio-Angebot mitwächst und deshalb der Druck auf die Preise steigt. Köstinger versprach, hier in den öffentlichen Beschaffung einen Schwerpunkt zu setzen.

Das finale Okay für Österreichs Umsetzung der Gap erwartet Köstinger Mitte des heurigen Jahres. Wirksam wird der neue Strategieplan ab der Förderperiode 2023. Mehr als 100.000 Euro bekommt dann kein Betrieb mehr – dass da auch keine Lohnkosten angerechnet werden, sei dem grünen Koalitionspartner geschuldet, sagte Köstinger. Von dieser Obergrenze, "Capping" genannt, sind in Österreich 43 Großbauern betroffen.

Tierwohl statt Kampfpreise

Wie Moosbrugger in der Pressekonferenz ausführte, werde sich die Landwirtschaft in Österreich weiterentwickeln müssen und etwa in der Viehhaltung mehr auf Tierwohl und im Ackerbau mehr auf das Thema Fruchtfolge zu achten haben. Es brauche aber auch ein Umdenken der Gesellschaft.

Moosbrugger kritisierte, dass durch die vielen Rabattaktionen des Lebensmittelhandels das Gespür für die Wertigkeit von Lebensmitteln verlorengegangen sei. Dies zeige sich auch anhand weggeworfener Lebensmittel, nahm Moosbrugger Bezug auf ein kürzlich von Greenpeace veröffentlichtes Video aus einer Müllverbrennungsanlage, wo Unmengen an nicht verkauften Fleischprodukten heimischer Supermärkte entsorgt wurden. "Wenn ein Drittel der Lebensmittel im Müll landet, dann verstehe ich das Gejammere über teure Lebensmittel überhaupt nicht. Ein Bauer muss aktuell mehr als ein Kilo Schweinefleisch verkaufen, um sich in Wien einen Parkschein für eine Stunde leisten zu können", sagte Moosbrugger.

Jungbauern verunsichert

Strasser betonte, dass jeder fünfte Bauer jünger als 40 sei und dies ein Treiber der Veränderung sei. Gleichzeitig seien sie durch den Klimawandel und die damit einhergehenden Folgen wie Extremwetterereignisse extrem verunsichert. Auch die steigenden Preise für die Betriebsmittel machten ihnen zu schaffen. Für sie gibt es im neuen Förderschema eine Niederlassungsprämie für die Hofübernahme von bis zu 15.000 Euro.

In der Gemeinsamen Agrarpolitik stehen ab dem nächsten Jahr rund 1,6 Milliarden Euro pro Jahr direkt für die heimischen Landwirte zur Verfügung. Das sind um 73 Millionen Euro pro Jahr mehr als bisher. Das zusätzliche Geld soll helfen, die Landwirtschaft in Österreich ebenso wie in der gesamten EU ökologischer zu machen. Die Landwirtschaft ist nach der Industrie und dem Verkehr für ebenso viele CO2-Emissionen verantwortlich wie der Gebäudesektor. Vor allem in der Fleischproduktion und beim Düngemitteleinsatz gibt es Einsparungspotenziale. (APA, 24.1.2022)