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Drei Milliarden Menschen zählt die Gaming-Branche als Kunden. Dank Pandemie und immer geringeren Hürden, in die Gaming-Welt einzutauchen, verzeichnete die größte Unterhaltungsindustrie der Welt im Vorjahr mit rund 180 Milliarden Dollar einen Rekordumsatz, der 2022 erneut gebrochen werden soll. Antreiber dafür werden neue Trends sein, etwa Blockchain-Spiele und der neue Metaverse-Hype, mehr Engagement großer Firmen wie Apple oder Amazon, aber auch der stetige Fluss an versprochenen Blockbustern.

Metaverse

Dank Mark Zuckerbergs Meta-Präsentation ist die Idee des Metaverse in aller Munde. Online-Spielwiesen sollen dadurch etwa Entertainment, Arbeit und Socializing miteinander verknüpfen. Im Gaming gibt es solche sozialen Spielwiesen schon lange. Im Spiel Fortnite etwa veranstalten Künstler regelmäßig Livekonzerte, und Mitte Jänner konnte man die "Kaws New Fiction"-Ausstellung, die gleichzeitig in den Londoner Kensington Gardens eröffnete, ebenfalls im Spiel bewundern.

Auch die Analyseplattform Newzoo, die sich auf den Gaming-Markt spezialisiert hat, geht davon aus, dass 2022 viele Entwickler und Publisher in diverse Metaverse-Ideen investieren und etwa eigene Marktplätze und Avatare schaffen werden, um Teil des Hypes zu sein. Welche davon Bestand haben und von den Spielern angenommen werden, wird sich zeigen – vor allem deshalb, weil viele dieser Ideen nichts mit den eigentlichen Spielen zu tun haben, sondern nur Erweiterungen in Form von Plätzen sozialer Interaktion darstellen.

Viele Hoffnungen, dass sich diese Welten durchsetzen werden, hegt auch die Virtual-Reality-Industrie. Obwohl viele bisherigen Marktplätze und Spiele zumeist auch ohne VR- oder AR-Brillen bewohnbar sind, wird ein Mehr an attraktiven VR-Welten den Verkauf solcher Hardware befeuern. Hilfreich dafür werden die großen Hardwarehersteller sein. So ist mit Sonys Playstation VR 2 genauso zu rechnen wie mit Metas Cambria und zumindest einem Headset vom US-Konzern Apple, der 2022 ebenfalls in diesen Markt einsteigen will. Mit dem Ausblenden der realen Welt sollen diese Online-Konstrukte noch immersiver werden, etwa wenn man sich sein Wohnzimmer wie in Die Sims einrichten und von dort ins virtuelle Büro oder Kino wandert, um andere Leute zu treffen.

Ausstellungen und Konzerte gibt es etwa im Shooter "Fortnite" bereits. Ähnliche Konzepte könnte man bald in anderen Games finden.
Foto: Epic

Blockchain-Games

"Non Fungible Tokens (NFTs)", "Play to Earn", "Blockchain-Games": Auch wenn sich ein Teil der Gaming-Community aus Spielern und Entwicklern derzeit gegen diese neuen Ideen stemmt – ist sie doch in den letzten Jahren durch unfaire Microtransactions und geldvernichtende Loot-Boxen schwer traumatisiert –, werden diese Trends 2022 zumindest den Kinderschuhen entwachsen und die Basis für eine florierende Zukunft legen. Um was es dabei geht?

Wichtige Vertreter der Gaming-Industrie, etwa Square Enix oder Electronic Arts, haben im Vorjahr bereits ihr wachsendes Interesse für den Bereich NFTs verlautbart. Digitale Güter, die der Branche jetzt schon jährlich mehrere Milliarden Dollar einbringen, sollen mit der Möglichkeit, als Original markiert zu werden, zu teuren Sammlerobjekten avancieren. So werden Gegenstände in Spielen künftig als NFTs in den Besitz eines Spielers übergehen können – dieser wird sie dann nutzen oder auf digitalen Marktplätzen weiterverkaufen können. Auch Autobemalungen, hochgezüchtete Heldinnen und Helden in Spielen oder andere von Spielern editierte Spielelemente könnten so zu Handelsobjekten innerhalb einer vorbestimmten digitalen Welt werden.

Diese für viele neue Idee des "Play to Earn" (spielen, um zu verdienen) hat sich im Mobile-Gaming – je nach Quelle macht dieses Segment etwa 52 bis 60 Prozent des Gesamtmarktes im Bereich Gaming aus – bereits einen Namen gemacht. Krypto-Games wie Axy Infinity generieren jetzt schon Milliarden an Umsätzen. Laut eigenen Angaben wurde eines der Pokémon-ähnlichen Wesen in ebenjenem NFT-Spiel um 820.000 Dollar an einen anderen Spieler verkauft. Insgesamt wurden im Spiel schon "Axies" im Wert von 3,6 Milliarden Dollar gehandelt.

Würde es den großen Publishern gelingen, diese Idee in ihre Blockbuster-Franchises zu tragen, würden bisherige Monetarisierungen in Spielen wie Kinderspielzeug aussehen. Deshalb ist davon auszugehen, dass Größen wie Electronic Arts oder Ubisoft alles daran setzen werden, diesen Markt zu etablieren, unabhängig davon, ob diese Entwicklung nur von einem kleinen Teil der Spielerschaft wirklich gewollt ist.

Der Bereich Mobile Games hatte 2021 den größten Zuwachs.
Foto: Newzoo

Traditionelles Geschäft

Aufgrund der Chipknappheit 2021 und Corona-bedingten Verzögerungen in der Spieleproduktion konnten viele Spieler nicht in neue Hardware oder angekündigte Titel investieren. Diese Ausfälle will die Branche in diesem Jahr wiedergutmachen, und so erwartet den Spieler neben einem vollen Spielekalender, dass man zumindest in der zweiten Jahreshälfte wieder eine neue Konsole oder eine aktuelle Grafikkarte im Handel kaufen können wird. Zu den großen Blockbustern 2022 zählen in jedem Fall Titel wie das Rennspiel Gran Turismo 7, die lang erwartete Fortsetzung Zelda: Breath of the Wild 2 oder auch das von Microsoft im Vorjahr angekündigte Weltraum-Epos Starfield. Schon der Februar gibt mit dem Blockbuster-Trio Horizon: Forbidden West, Elden Ring und Dying Light 2 vor, in welche Richtung es in diesem Jahr gehen könnte.

Dazu hat Microsoft erst vor wenigen Tagen den Kauf des Spielegiganten Activision Blizzard um 70 Milliarden Dollar verkündet. Diese Fusion, die derzeit noch wegen einer möglichen Monopolisierung des Marktes von den zuständigen US-Behörden geprüft wird, könnte das Gesicht der Branche nachhaltig verändern. Auch, weil der Xbox-Hersteller in den Trend-Bereichen Cloud Gaming und Spiele-Abos zu den Branchengrößen gehört. Hier wird sich zeigen, ob beispielsweise Sony mit weiteren Studiokäufen oder einer Überarbeitung seines eigenen Abo-Services Playstation Now dagegenhalten können wird.

Der Bereich Cloud Gaming wird ein zunehmend größeres Thema, und Microsoft gehört hier zu den Marktführern.
Foto: INA FASSBENDER

Apple, Google und Amazon

Analysten gehen nicht nur wegen des derzeitigen Rechtsstreits zwischen Spielehersteller Epic und Apple davon aus, dass die zwei großen App-Store-Anbieter Apple und Google ihr Ökosystem mehr für Drittanbieter öffnen werden. Derzeit verhindern die beiden Riesen, dass Spielehersteller außerhalb des App-Stores Geld verdienen können, um nicht um ihren Anteil umzufallen, den sie derzeit bei jeder Transaktion via App-Store verdienen. Das wachsende Bedürfnis des Kunden nach Cloud-Gaming, plattformübergreifendem Spielen und "Play To Earn"-Monetarisierung wird für Apple und Google allerdings den Druck erhöhen, sich hier kompromissbereiter zu zeigen, als das in der Vergangenheit der Fall war.

Nachdem Google seine eigenen Ambitionen im Gaming-Markt mit der Schließung seines Studios offenbar beendet hat, erscheint mit Lost Ark der nächste Titel aus dem Hause Amazon. Erste Kritiken vor dem Release Mitte Februar klingen positiv, was den Online-Händler dazu motivieren könnte, noch mehr Ressourcen in den wachsenden Markt zu stecken. Nachdem Microsoft mit Activision Blizzard einen großen Publisher gekauft hat, stehen Größen wie Electronic Arts (FIFA, Madden, Battlefield) oder Ubisoft (Assassin’s Creed, Splinter Cell) noch zur Verfügung.

Positiver Ausblick

Wer sich nicht für NFTs oder Blockchain-Trends interessiert, der wird 2022 dennoch viele Möglichkeiten haben, in sein Hobby zu investieren. Neben zahlreichen Online-Games nimmt die Branche wieder mehr Rücksicht auf gute Geschichten und verspricht für 2022 zahlreiche Spiele, die man auch alleine wunderbar genießen können wird.

Der Kauf von Activision Blizzard mag manchen Angst machen, der Markt könnte sich zunehmend monopolisieren, aber noch gibt es mit Valve, Sony, Tencent oder Epic einige Schwergewichte, die hier für ausreichend Wettbewerb sorgen werden. Zudem war Activision Blizzard im Vorjahr hauptverantwortlich dafür, dass aufgrund der dortigen toxischen Arbeitsbedingungen regelmäßig negative Schlagzeilen über die Branche produziert wurden. Hier darf man davon ausgehen, dass Microsoft die eigene Firmenkultur, die offenbar weit besser ist, in sein neues Tochterunternehmen fließen lässt.

Auch 2022 wird es zahlreiche Spiele geben, die ganz ohne NFTs oder Microtransactions auskommen werden und einfach nur gute Geschichten erzählen wollen.
Foto: Sony

Gaming wird also weiterwachsen – in alle Richtungen. Selbst im Kino oder auf den verschiedenen Streaming-Diensten wird man sich Gaming-Brands immer weniger entziehen können. Wer bestimmte Trends nicht gut findet, der wird diesen ausweichen können. Wer an neuen Trends interessiert ist und gerne Dinge probiert, wird ebenfalls auf seine Kosten kommen. Der Kauf einer bestimmten Hardware wird immer unwichtiger, weil man alternativ vieles aus der Cloud spielen können wird. Die Hürden, in die Gaming-Welt einzutauchen, werden also immer niedriger. Ein Grund mehr, warum man davon ausgehen kann, dass auch im Jahr 2022 noch mehr Menschen Computer- und Videospiele genießen werden. (Alexander Amon, 25.1.2022)