Milorad Dodik verfolgt die alten Kriegsziele der serbischen Nationalisten.

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Der Hohe Repräsentant der Internationalen Gemeinschaft in Bosnien-Herzegowina, Christian Schmidt, hält eine Einigkeit innerhalb der EU für die Verhängung von Sanktionen gegen den rechtsradikalen bosnischen Politiker Milorad Dodik für möglich. Schmidt sagte kürzlich, dass Sanktionen eine gute Option wären.

Bosnien-Herzegowina befindet sich seit dem Herbst in der schwersten Krise seit Ende des Krieges 1995, weil Dodik und seine Partei SNSD erstmals konkrete Schritte unternommen haben, um die gemeinsamen staatlichen Strukturen zu beseitigen.

Dodik verfolgt die alten Kriegsziele der serbischen Nationalisten, die Bosnien-Herzegowina zerstören und den Landesteil Republika Srpska an Serbien anschließen wollen. Die USA haben mittlerweile die Sanktionen gegen Dodik, die seit 2017 bestehen, nochmals verschärft. Auch ihm nahestehende Personen wie der Berater Milan Tegeltija und die TV Station Alternativna Televizija wurden wegen Korruption auf die schwarze Liste der USA gesetzt. Auch der frühere bosniakische SDA-Politiker Mirsad Kukić steht nun unter US-Sanktionen.

Korrupte Aktivitäten

Das US-Finanzministerium erklärte, dass Dodik wegen seiner "korrupten Aktivitäten und anhaltenden Bedrohungen der Stabilität und territorialen Integrität von Bosnien und Herzegowina" sanktioniert werde. In der Erklärung heißt es: "Er hat in Bosnien und Herzegowina ein Patronagenetzwerk aufgebaut, von dem er und seine Mitarbeiter profitieren. Als ein Beispiel für seine korrupten Handlungen hat Dodik Regierungsaufträge und Monopole in der Republika Srpska direkt an enge Geschäftspartner vergeben. Mit seinen korrupten Einnahmen hat sich Dodik an Bestechung und weiteren korrupten Aktivitäten beteiligt, um seine persönlichen Interessen auf Kosten der Bürger der RS (Republika Srpska, Anm.) zu fördern."

Die EU hat sich allerdings diesen US-Sanktionen nicht angeschlossen. In der EU gibt es rechtspopulistische Nationalisten wie den ungarischen Premier Viktor Orbán, die Dodik sogar unterstützen. Andere Staaten wie Österreich haben Bedenken wegen österreichischer Unternehmen, die in der RS vertreten sind, aber Diplomaten zufolge auch Sorge vor negativen Reaktionen nationalistischer Serben in Wien. Deutschland wiederum setzt sich aktiv für Sanktionen gegen Dodik ein.

Greif will Bericht "erläutern"

Dodik versucht nicht nur seit vielen Jahren, Bosnien-Herzegowina zu zerstören, sondern er versucht auch, Verbrechen zu verharmlosen oder zu leugnen. Nämlich jene, die im Krieg 1992 bis 1995 gegen Menschen mit muslimischem Namen begangen wurden. Dazu ließ er eine "Kommission" einsetzen, die von dem israelischen Historiker Gideon Greif geführt wurde. Greif leugnete in einem Bericht sogar den Genozid rund um Srebrenica im Sommer 1995.

Mittlerweile ruderte Greif allerdings zurück und kündigte an, dass er weitere Erläuterungen in seinen Bericht einfügen werde, die bestätigen sollen, dass im Juli 1995 etwa 8.000 Personen in Srebrenica ermordet wurden. Greif sollte eigentlich das Verdienstkreuz der Republik Deutschland bekommen, doch nach der Kritik am Inhalt seines "Berichts", der von Dodik bestellt worden war, wurde die geplante Auszeichnung annulliert.

Die politischen Ambitionen Dodiks, der von Serbien und von Russland, aber auch von nationalistischen Kroaten unterstützt wird, haben die Spannungen in den vergangenen Monaten enorm erhöht. Der Politologe Samir Beharić machte kürzlich öffentlich, dass allein zwischen dem 1. und dem 17. Dezember mehr als 150.000 Bosnier um einen Termin für ein Visum bei der deutschen Botschaft in Sarajevo angesucht haben.

Hasskampagne gegen Bosniaken

Bereits in den vergangenen Jahren haben Zigtausende das Land verlassen. Anlässlich der vom bosnischen Verfassungsgericht untersagten Feiern in der Republika Srpska am 9. Jänner kam es zudem zu mehreren Zwischenfällen. In Janja, einem Ort an der Grenze zu Serbien, in einer Region, wo in den Kriegsjahren Menschen bloß aufgrund ihres muslimischen Namens massenhaft vertrieben, getötet und gefoltert wurden, wurden bereits am 6. Jänner in der Nähe der Moschee Schüsse abgefeuert und Leute, die in der Moschee gewesen waren, eingeschüchtert.

Nationalisten sangen Anfang Jänner Lobeshymnen auf den Schwerverbrecher Ratko Mladić, jenen Ex-Kommandanten, der für die Ermordung tausender Muslime die Verantwortung trägt. Selbst Polizeikräfte sangen nationalistische Lieder. Aus dem serbischen Sandschak wurde ein Video bekannt, das einen serbischen Nationalisten zeigt, der ruft: "Weihnachten ist gekommen, schießt auf die Moscheen!" Das Helsinki-Komitee für Menschenrechte warnte vor der "intensiven Hasskampagne gegen Bosniaken". (Adelheid Wölfl aus Sarajevo, 25.1.2022)