Charly Hübner spielt den grundsoliden Mario, hier mit seiner Schwester Sabine (Claudia Michelsen), bei der auch nicht alles eitel Wonne ist.

Foto: ARD Degeto/Georges Pauly

Hier kommt er, der verlorene, umtriebige Sohn Thorsten, gespielt von Devid Striesow: "In meinem Fall war es so, dass meine Figur nach 25 Jahren wieder in das Heimatdorf zurückkehrt. Ich habe mich den Abend vor dem Dreh separiert und mich den Kollegen nicht gezeigt. Ich bin in meinem Zimmer geblieben, um diesen Überraschungsmoment auch in der Realität zu haben, wenn Thorsten für das Begräbnis zurückkommt und ihn dort alle zum ersten Mal seit langem wiedersehen."

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Frank Dietze (Uwe Preuss, hinten links), Hildegard (Christine Schorn), Mario (Charly Hübner), Mike Wiener (Dominic Boeer), Sabine (Claudia Michelsen), Anna Hell (Anja Kling) und Carsten Hell (Martin Brambach) am Grab des Patriarchen Wolff-Dieter Meurer.

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Mit Gaby (Catrin Striebeck) war Wolff-Dieter zwanzig Jahre lang verheiratet.

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Jetzt ist er tot, der alte Wolff-Dieter, und alle kommen zu seiner Beerdigung, um sich von ihm zu verabschieden. In Wahrheit aber vor allem, um zu erfahren, wie viel Kohle er ihnen hinterlassen hat. Wolff-Dieter Meurer war Inhaber eines Sanitärunternehmens in der ehemaligen DDR und auch ein Patriarch und Lebemann, in dessen Lebzeiten sich so einige Geheimnisse angesammelt haben. Er hinterlässt zwei Ehefrauen sowie vier Kinder und eine Ziehtochter samt Partnerinnen und Partnern. Es geht hoch her bei diesem Beerdigungstreffen. Alte (DDR-)Mauern, neue Geheimnisse, offene Rechnungen: Vieles kommt auf den Tisch, was lange unter den Teppich gekehrt wurde. Manches bleibt aber auch darunter.

Improvisationsmeister und Grimme-Preisträger Jan Georg Schütte hat schon mit Produktionen wie "Altersglühen – Speed Dating für Senioren" (2014), "Wellness für Paare" (2016), "Klassentreffen" (2019) oder "Kranitz" (2021) gezeigt, welch absurde Geschichten durch Improvisation entstehen können und wie lustvoll Schauspielerinnen und Schauspieler mit der Freiheit ohne vorgegebene Dialoge umgehen, vorab bekamen sie nur grobe Infos zur Handlung. In "Das Begräbnis" – zu sehen ab Dienstagabend in Doppelfolgen in der ARD und abrufbar in der ARD-TVthek – legt Schütte noch eins drauf.

Unterschiedliche Brüder Hübner und Striesow

Charly Hübner spielt den braven Sohn und Juniorchef Mario Meurer, Devid Striesow seinen charismatischen Zwillingsbruder Thorsten, der immer auf das große Geld aus war, nichts auf den Boden bekam und jetzt sozusagen als verlorener Sohn unerwartet in das Heimatdorf zurückkehrt. Allein das sorgt schon für handfesten Konfliktstoff. Auch Tochter Sabine (Claudia Michelsen) kommt für das Begräbnis aus dem Westen zurück – inklusive dickem Auto und Fitnesscoach, aber ohne Mann und Kind. Und dann wären da noch Wolff-Dieters Ziehtochter Anna (Anja Kling), deren Mann Carsten (Martin Brambach) und Annas Tochter Jacky (Luise von Finckh). Jede dieser Figuren hat ihre eigenen Bedürfnisse, ihre eigene Beziehung zum Verstorbenen.

Meurers Frauen

Konfliktpotenzial birgt freilich auch die Beziehung der beiden Frauen des Verstorbenen. Zwanzig Jahren war Wolff-Dieter mit der um einiges jüngeren Gaby (Catrin Striebeck) verheiratet, auch sie möchte in seiner Familie endlich angenommen werden. Damit hat wiederum Wolff-Dieters erste Frau Hildegard (Christine Schorn) ein Problem.

"Allein die Größe des Ensembles, die vielen Drehorte, die gleichzeitig bespielt wurden, die wichtigen Stationen der Story, die nicht verpasst werden durften, die Actionszenen, die ja gebaut sein mussten – und der enorme logistische Aufwand mit über 50 Kameras, der Regiezentrale mit unzähligen Monitoren und dem ganzen Mitarbeiterstab", sagt Schütte über die Produktion, "ich kam mir beim Dreh wie ein Dirigent vor, der von Konzertsaal zu Konzertsaal saust, die Instrumente dort mit zwei, drei Taktschlägen einnordet und dann auch noch im Keller, der Kantine und dem Zuschauerraum weiterdirigiert."

Jede der sechs Folgen erzählt das Geschehen auf der Trauerfreier aus Sicht einer der Hauptfiguren und somit aus den unterschiedlichsten Perspektiven. Da werden Herzen gebrochen, Lebenspläne durcheinandergewirbelt. Die sechs Teile wurden an nur zwei Drehtagen von 56 Kameras aufgenommen, 15 Sets wurden parallel bespielt. Das Ergebnis ist manchmal tragisch, manchmal komisch, manchmal gar übertrieben und nicht immer realitätsnah, aber in Summe ein Gewinn für die Zuschauerin und den Zuseher. Auch ein Leichenschmaus kann schmecken – wenn man ihn mit so spielfreudigen Protagonisten teilt. (Astrid Ebenführer, 25.1.2022)