Wird nach dem milliardenschweren Wirecard-Betrugsskandal noch immer gesucht: Jan Marsalek.

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Wien – Das Außenministerium sieht im Zusammenhang mit aus seinem Bereich 2018 an den Ex-Banker Jan Marsalek geleakten Geheimakten der Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OPCW) keinen Bedarf für eine Entschuldigung. Außerdem habe der Vorfall, zu dem weiter Ermittlungen liefen, keine Konsequenzen für die bilaterale und multinationale Zusammenarbeit gehabt, erklärte das Ministerium jüngst in einer Beantwortung einer APA-Anfrage nach dem Auskunftspflichtgesetz.

Umgehende Konsequenzen

Bei der Preisgabe von klassifizierten Dokumenten handle es sich um eine individuelle gerichtliche Straftat, Mitgliedsstaaten der OPCW, darunter Österreich, seien verpflichtet, im Fall einer mutmaßlichen Vertraulichkeitsverletzung entsprechende Verfahren einzuleiten. "Eine Entschuldigung des Staates, in dessen Jurisdiktion eine Vertraulichkeitsverletzung stattgefunden hat, ist nicht vorgesehen und stand daher nie zur Diskussion", heißt es in der Erklärung.

Negative Auswirkungen der Causa, bei der als "OPCW Highly Protected" und somit in Österreich als "geheim" klassifizierte Dokumente weitergeben worden sein sollen, sieht das Ministerium nicht: "Es sind keine Fälle der Verweigerung der Übergabe anderer klassifizierter Dokumente im Rahmen der OPCW und auch außerhalb der OPCW bzw. andere Konsequenzen in der bilateralen und multinationalen Zusammenarbeit bekannt", heißt es in der Antwort. Außerdem seien im Ministerium als Konsequenz des Vorfalls "umgehend organisatorische, personelle und dienstrechtliche Schritte gesetzt worden, um die Sicherheit und Vertraulichkeit klassifizierter OPCW-Dokumente bestmöglich zu gewährleisten".

Fall Wirecard

Die "Financial Times" hatte im Juli 2020 über eine eigenartige Episode im Leben Marsaleks berichtet: Der inzwischen flüchtige Österreicher hatte 2018 in London mit Geheimdokumenten der OPCW geprahlt, in denen Details zum im März 2018 erfolgten Giftgasanschlag auf den russischen Ex-Spion Sergej Skripal und seine Tochter Julija im britischen Salisbury genannt wurden. Die Dokumente beinhalteten unter anderem Informationen zur Formel des Giftgases der Nowitschok-Gruppe, das seinerzeit zum Einsatz gekommen war.

Obwohl ein Experte der "Financial Times" damals erklärt hatte, dass eine westliche Herkunft der Akten unwahrscheinlich sei, wurden sie auf Grundlage von Barcodes Österreich zugeordnet. Die Staatsanwaltschaft Wien ging später davon heraus, dass der damalige Generalsekretär des Außenministeriums, Johannes Peterlik, die Dokumente Anfang Oktober 2018 aus der zuständigen Abteilung seines Ministeriums geordert hatte. Der im Oktober 2021 im Zusammenhang mit diesbezüglichen strafrechtlichen Ermittlungen suspendierte Karrierediplomat soll sie kurze Zeit später dem umtriebigen Ex-BVT-Mitarbeiter Egisto O. haben zukommen lassen, zu einer etwaigen Weitergabe an Marsalek wurden keine Details bekannt. Für Peterlik und O. gilt die Unschuldsvermutung. (APA, 25.1.2022)