Wenig los in Reykjavík – Omikron hat zur bisher höchsten Corona-Welle in Island geführt.

Foto: snapshot-photography/ T.Seeliger via www.imago-images.de

Wer ob der mitunter harschen Corona-Maßnahmen der österreichischen Bundesregierung erwägt auszuwandern, hätte bis vor kurzem am besten eine kleine Insel im Nordatlantik unter die Lupe nehmen sollen. Island, zwischen Europa und Amerika gelegen, gehört zu jenen Ländern, die mithilfe der gelindesten Mitteln gegen die Pandemie ankämpfen – jedenfalls bis zum 2. Dezember, als auf der Insel der erste Omikron-Fall registriert wurde.

Damals galt die Entdeckung fast schon als Sensation: nicht nur weil der Mann – er hat sich inzwischen erholt – vollimmunisiert und keineswegs auf Reisen gewesen war, sondern auch weil Corona das 370.000-Einwohner-Land bis dahin vergleichsweise mild getroffen hatte. Zwar standen zu Beginn der Pandemie einige Infektionen in Zusammenhang mit Skiurlauben im Tiroler Partyort Ischgl, trotzdem kam man im hohen Norden bisher vergleichsweise glimpflich davon. 44 Menschen sind in Island an oder mit dem Virus gestorben, etwas mehr als 58.000 Infektionen zählt die Johns-Hopkins-Universität auf der Insel – Tendenz allerdings stark steigend. Alleine in den vergangenen 24 Stunden steckten sich 3.800 Menschen neu mit dem Coronavirus an, die Sieben-Tage-Inzidenz liegt bei knapp 4.000.

Hohe Impfquote

Andererseits: 79,1 Prozent der -sons und -dottirs Islands über zwölf Jahren sind vollständig geimpft, zieht man die Kinder ab, sind es 91 Prozent. Und das ganz ohne Impfpass, geschweige denn Impfpflicht. Der Impfstatus, also ob jemand geimpft oder genesen ist oder eben nicht, spielt auf der Insel im hohen Norden keine Rolle. Egal ob das hippe Restaurant in Reykjavík oder die Schutzhütte im wilden Landesinneren, nach einem Impfpass fragt in Island niemand.

Beobachtern zufolge liegt das einerseits an der ohnehin hohen Impfbereitschaft der Bevölkerung, andererseits am Vertrauen, das die Links-rechts-Regierung von Premierministerin Katrín Jakobsdóttir bei vielen Menschen genießt. Und möglicherweise auch an der Kleinheit des Landes, jedenfalls was seine Einwohner- und Einwohnerinnenzahl betrifft: Bei 380.000 Menschen wisse man ohnehin schnell, wer geimpft ist und wer nicht, sagte Regierungsberater Thor Aspelund der deutschen Zeitung "Welt".

2G und grünen Pass brauche es dazu nicht. Demonstrationen gegen die Corona-Maßnahmen kamen zwar auch in Island vor, anders als in anderen Ländern Europas mit strengeren Regeln – und mehr Infektionen – genossen sie aber nur bescheidenen Zulauf. Nun, während Omikron auf der Insel für Rekordinfektionszahlen sorgt, hat die Regierung aber ein wenig an der Schraube gedreht: Vor einer Woche erließ sie eine Sperrstunde für Lokale um 22 Uhr, Diskotheken bleiben, so wie Bars, vorerst zu. (flon, 25.1.2022)