Blockierter Ring, Demozüge durch die Innenstadt. Die Händler schlagen nun Alarm. Durch die permanente Störung des Geschäftsbetriebs seien mittlerweile viele Existenzen bedroht.

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Die Wiener Innenstadt ist zum Zentrum für Demonstrationen gegen die Corona-Maßnahmen geworden. Beinahe wöchentlich ziehen zehntausende Menschen durch die Stadt, blockieren den Ring, machen ihren Unmut laut. Die Geschäftsleute zeigen sich davon zunehmend genervt, weil ihnen die Kunden ausbleiben.

Mittlerweile sei das für viele Betriebe existenzgefährdend, sagt Rainer Will, Geschäftsführer vom Handelsverband. Schon vor Corona haben die Demos in der City bzw. am Ring die Händler bis zu zwei Drittel ihres Umsatzes gekostet. Laut einer Studie der KMU Forschung Austria kosten Ring-Sperren den Handel im ersten Bezirk jährlich 35 Millionen Euro bzw. 120 Arbeitsplätze. Mit den aktuellen Protestmärschen habe sich die Lage laut Will nochmals dramatisch verschärft. Jetzt haben die Händler genug: In einem offenen Brief an die Stadtregierung warnen die Shopbetreiber vor einem Geschäftesterben und fordern eine Verlegung der Demonstrationen.

Versammlungsfreiheit versus Erwerbsfreiheit

Es gehe ihnen dabei nicht darum, die Versammlungsfreiheit einzuschränken – doch die Kaufleute machen sich für ihre Erwerbsfreiheit stark. Immerhin werde jeder fünfte Arbeitsplatz in Österreich vom Handel bereitgestellt. Zum Wegfall der Kunden kommt laut Will hinzu, dass die Händler nach großen Demos oft mit Sachschäden zurückbleiben. Eingeschlagene Schaufenster oder Graffitis an Fassaden gehörten ebenso zur neuen Normalität wie in Passagen oder Geschäftseingängen zurückgelassener Müll.

Neu ist die Forderung der Händler nicht. Bereits seit 2017 gibt es dazu immer wieder Gespräche mit politischen Vertretern. "Wichtig ist, dass wir gemeinsam eine Lösung finden, mit der alle Seiten – Händler, Politiker, Anrainer, NGOs – gut leben können", betont Will.

Bundesweite Lösung gefordert

Es sollte eine bundesweite Lösung gefunden werden, denn auch Händler in anderen Städten sind von den Demo-Folgen betroffen. "Sinnvoll wäre aus unserer Sicht ein bundesweites Demo-Verbot in Einkaufsstraßen und Innenstädten für Einkaufssamstage während der Geschäftszeiten", sagt Will. Demos könnten genauso gut an Sonntagen abgehalten werden. Zuletzt sprach sich auch die Wiener ÖVP für eine Einschränkung der Corona-Demos in der Innenstadt aus.

Will fordert erneut ein Ende der 2G-Regelung im Handel. Diese sei virologisch nicht mehr zu rechtfertigen, spalte die Gesellschaft und überfordere Mitarbeiter. Das 2G-Regime sperre seit mehr als zehn Wochen ein Viertel der Menschen aus. Immer mehr würden sich dadurch dauerhaft von heimischen Geschäften abwenden. Seit Pandemiebeginn haben laut Will bereits 8000 Händler ihre Geschäfte geschlossen. (Bettina Pfluger, 25.1.2022)