Ein Verfahren gegen jene Frau, die Angst vor ihrem Mann hatte, wurde nun eingestellt.

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"Schauen Sie, wenn Sie Streit haben, ist mir das prinzipiell egal, solange er Sie nicht schlägt (...) oder Sie ihn schlagen. (...). Was stellen Sie sich vor, was wir machen sollen, sollen wir ihn rauswerfen?" Diese Worte sagte bzw. schrie ein Wiener Polizeibeamter, als er in der Wohnung eines Paares war. Gerufen hatte ihn der Mann, denn die Frau hatte ihm die Schlüssel abgenommen. Die Frau wiederum hatte die Polizei um Hilfe gebeten, sie hatte Angst vor ihrem damaligen Partner.

Der Fall sorgte für mediale Aufmerksamkeit, immerhin existiert ein Tonband, auf dem der eskalierte Einsatz dokumentiert ist. Und: Die Frau wurde zu alledem noch angezeigt, weil sie die Polizeibeamten angeschrien und den öffentlichen Anstand verletzt haben soll. Dieses Verwaltungsstrafverfahren gegen die Frau wurde nun eingestellt, sie muss doch keine Strafe zahlen – 200 Euro waren ursprünglich gefordert worden.

Warum das Verfahren nun eingestellt wurde, wird in der Einstellungsentscheidung nicht begründet. "Das ist insofern schade, als es dadurch nicht klar festgestellt wurde, dass die meiner Mandantin vorgeworfene Aussage bzw. ein Anschreien nicht stattgefunden haben. Nichtsdestoweniger ist sie sehr über diese Einstellung erfreut, da die gegen sie verhängten Strafen definitiv zu Unrecht erfolgten. Damit wurde zumindest ein wenig der Gerechtigkeit Genüge getan", heißt es von Anwältin Aleksandra Fux, der Anwältin der Frau. Weiterhin anhängig ist hingegen laut Fux ein Strafverfahren gegen die an der Amtshandlung beteiligten Polizisten.

"Ich werde auch laut mit Ihnen"

Denn: Deren Verhalten war zumindest hinterfragenswürdig. "Wenn ich rede, haben Sie Pause", schrie da etwa einer, und auf die Frage der Frau, warum sie ihrem Mann den Schlüssel zurückgeben sollte: "Weil er auch Hauptmieter ist und das Recht hat, hier zu wohnen. Lassen Sie mich jetzt ausreden, und geben Sie ihm den Schlüssel". Später hört man einen Beamten: "Wenn Sie mit Ihrem Mann auch so reden, wundert es mich nicht, dass er irgendwann zum Schreien anfängt – ich werde auch laut mit Ihnen."

All das, obwohl die Frau eigentlich sagte, sie habe Angst vor ihrem Mann. Zwar sei er an dem betreffenden Tag nicht übergriffig geworden – laut einer Sachverhaltsdarstellung der Anwältin Fux soll der Mann aber schon vor dem Einsatz gegenüber der Freundin mit der flachen Hand zum Schlag ausgeholt und gesagt haben: "Wenn du dich nicht sofort verpisst, wird dir gleich der Kopf von den Schultern fallen." Zitat eines Polizisten aus dem Tonmitschnitt: "Mal fuchteln in einer Streitsituation ist nichts Schlimmes." Betretungsverbot wurde gegen den Mann nicht verhängt.

Das war nach dem Vorfall auch Thema in einer parlamentarischen Anfrage, die Karl Nehammer (ÖVP), zu dem Zeitpunkt noch Innenminister, beantworten musste. Die Einsatzbeamten hätten eine Schulung für das Ersteinschreiten bei Fällen häuslicher Gewalt, durchlaufen, schrieb er. Sie hätten außerdem eine Gefährdungsanalyse durchgeführt, beide Seiten "fair" angehört. Für ein Betretungsverbot "ergaben sich jedoch für die einschreitenden Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes keine ausreichenden Anhaltspunkte". (Gabriele Scherndl, 26.1.2022)