Süß, aber lästig: Tauben in der Stadt.

Foto: APA/Hans Punz

Besonders Stadtbewohner kennen das Problem. Man versucht einzuschlafen, doch die urbane Tierwelt weiß das gekonnt zu verhindern, weil zwei Tauben auf dem Fenstersims gerade ihre gegenseitige Zuneigung lautstark ausleben. Neben Schlafentzug sorgen die umstrittenen Tiere aber auch für allerlei andere Probleme. Ihr Kot steht in Verruf Gebäudefassaden nicht nur zu verdrecken, sondern auch Bausubstanz anzugreifen – wissenschaftlich fehlt allerdings ein Beleg für signifikante Schadwirkung. Dazu kommen auch hygienische Risiken.

Forscher der renommierten Polytechnik-Hochschule im schweizerischen Lausanne (EPFL), wohl getrieben von leidlicher Erfahrung mit dem gurrenden Federvieh, rüsten nun auf. Sie haben ein Taubenabwehrsystem mit Drohnen entwickelt und mittels Paper in IEEE Access vorgestellt.

Tauben zu schlau für Gummikrähen

Wer nun denkt, dass die Tauben in Terminator-Manier "ge-hasta-la-vistat" werden, irrt allerdings. Bei einer Kosten-Nutzen-Abschätzung hat sich offensichtlich die Abschreckungsvariante durchgesetzt. Dabei möchte man auch ein Problem lösen, das gängige Maßnahmen – wie lärmerzeugende Gadgets, Raubtierattrappen oder aufgehängte CDs – aufweisen: nämlich den Gewöhnungseffekt.

EPFLLIS

Denn auch wenn es weder ihr typisches Verhalten noch ihre jämmerlichen Nestbaufertigkeiten zeigen: Tauben sind einigermaßen schlaue Vögel. Nach einiger Zeit merken sie, dass von der Gummikrähe keinerlei Gefahr ausgeht, was für geplagte Hausbewohner schnell an fäkaler Dekoration am Abschreckungsobjekt erkennbar ist.

Erkennungssystem schickt Drohne los

Stattdessen nimmt man sich ein Beispiel an der Taubenvertreibung mittels trainierter Greifvögel durch einen Falkner. Eine 360-Grad-Kamera behält die zu bewachende Fläche im Blick. Die Aufnahmen werden an einen Rechner übertragen, wo sie von einem KI-gestützten Erkennungssystem auf Taubenvorkommen analysiert werden. Das dafür eingesetzte neuronale Netzwerk wurde mit 30 Stunden einschlägigem Videomaterial trainiert.

Schlägt der Mechanismus an, so wird aus den Videodaten die Position der Vogelplage in Form von GPS-Koordinaten abgeleitet und ein Pfad für eine in einem Ladedock wartende Drohne errechnet. Diese rückt anschließend aus, um sich dem Taubenschwarm möglichst dicht anzunähern und diesen zu verscheuchen. Anschließend kehrt sie autonom zurück zu ihrer Stromversorgung.

Erwogen hatte man auch eine Variante mit patrouillierenden Drohnen ohne permanent installierte Kameras. Diese Idee wurde aber aus Effizienzgründen verworfen. Denn die maximale Flugzeit vieler Drohnen erreicht kaum mehr als 20 bis 30 Minuten, was häufige Ladepausen notwendig machen würde.

Regulatorische Hindernisse

Das für den vollautomatisierten Betrieb geeignete Taubenabwehr wurde auf dem Dach des hauseigenen EPFL-Swisstech-Veranstaltungszentrums bereits erfolgreich getestet. Die Verweilzeit der Tauben konnte von bis zu zweieinhalb Stunden auf maximal wenige Minuten reduziert werden. Weitere Tests unter anderen Bedingungen folgen nun.

Ein öffentlicher Einsatz könnte sich aber aufgrund verschiedener nationaler Regelungen für den Betrieb von Drohnen kompliziert gestalten. In der Schweiz müsste etwa jeder einzelne Flug vorab manuell freigegeben werden, um potenzielle Gefährdung von Menschen auszuschließen. (gpi, 26.1.2022)

Update, 28.1.: Die Einleitung wurde angepasst, um den wissenschaftlichen Stand der Forschung zum Thema Schadwirkung von Taubenkot auf Bausubstanz zu reflektieren. Es gibt keinen eindeutigen Nachweis dafür, dass es Abseits von Verschmutzung zu signifikanter Schädigung kommt.