Die vergangenen Jahre waren nicht sonderlich freundlich zu Huaweis Smartphone-Geschäft. Einst auf dem besten Weg, Samsung als Nummer eins auf dem globalen Smartphone-Markt abzulösen, folgte Mitte 2019 ein schwerer Schlag: Das US-Handelsministerium setzte Huawei auf eine Liste von Unternehmen, mit denen US-Firmen nicht zusammenarbeiten dürfen. Gab man sich bei dem chinesischen Hardwarehersteller zunächst – zumindest in öffentlichen Stellungnahmen – noch relativ gelassen, waren die Konsequenzen verheerend. Die weltweiten Huawei-Absätze brachen massiv ein, mittlerweile ist das Unternehmen nicht mal mehr in den Top Five der erfolgreichsten Hersteller zu finden.

Kein Google

Ein entscheidender Grund dafür: Huawei-Smartphones müssen aufgrund des US-Banns ohne Google-Dienste ausgeliefert werden. Dazu gehören nicht nur die bekannten Google-Apps, vor allem muss man auch auf den Play Store verzichten. Dazu kommen aber auch diverse Infrastrukturdienste, die von einem Großteil aller Android-Apps verwendet werden. Doch so einfach will sich Huawei nicht geschlagen geben. Also versucht man nicht nur seit Jahren ein alternatives Software-Ökosystem aufzubauen, es gibt nun auch wieder neue Hardware.

Startschuss

Huawei hat den Europastart seiner neuen High-End-Smartphones P50 Pro und P50 Pocket bekanntgegeben. Und "High End" darf dabei durchaus auch preislich verstanden werden: Satte 1.119 Euro kostet das P50 Pro, während das faltbare P50 Pocket gleich bei 1.299 Euro liegt.

Huawei P50 Pro

Wer sich davon nicht abschrecken lässt, bekommt eine von Huawei gewohnt starke Hardwareausstattung. So kann das P50 Pro etwa mit einem 6,6 Zoll großen 120-Hz-Bildschirm mit einer Auflösung von 1.228 x 2.700 Pixel aufwarten, der seitlich leicht abgerundet ist. Im Zentrum arbeitet ein Snapdragon 888 von Qualcomm – allerdings in einer speziellen Ausführung ohne 5G-Support. Bei dieser Beschränkung handelt es sich um einen weiteren Nebeneffekt des US-Banns.

Das Huawei P50 Pro ist das neue Topgerät des chinesischen Hardwareherstellers.
Foto: Huawei

Äußerlich fällt dabei vor allem das neue Design des Kameramoduls auf, das sich auf zwei Kreise verteilt. Darin untergebracht sind auf der Rückseite gleich vier Kameras: ein Hauptsensor mit 50 Megapixeln sowie eine 64-Megapixel-Telekamera mit einer optischen Vergrößerung um den Faktor 3,5 sowie eine Ultraweitkamera mit 13 Megapixeln.

Dazu kommt noch ein eigener Schwarz/Weiß-Sensor mit 40 Megapixeln. Besonders streicht man heraus, dass mit dem P50 Pro Makroaufnahmen bis zu einem Abstand von 2,5 Zentimeter möglich sind. Die maximale Videoqualität liegt bei 4K/60, die Frontkamera hat 13 Megapixel.

Details

Der Akku ist mit 4.360 mAh angegeben, wobei Schnellladen mit bis zu 66 Watt angeboten wird; drahtloses Laden soll ebenfalls bis zu 50 Watt funktionieren Es gibt einen Schutz vor Wasser und Staub nach IP68 sowie Dual-SIM-Support. Das RAM ist mit 8 GB angegeben, der lokale Speicherplatz liegt bei 256 GB. Stolz ist man darauf, dass das P50 Pro leichter als seine Vorgänger geworden ist, bei einer Größe von 158,8 x 72,8 x 8,5 mm kommt es "nur" auf 195 Gramm.

Huawei P50 Pocket

Das P50 Pocket ist wiederum so etwas wie Huaweis Pendant zu Samsungs Galaxy Z Flip 3 – also ein faltbares Smartphone im handlichen Clamshell-Design. Aufgefaltet bietet es einen 6,9 Zoll großen 120-Hz-Bildschirm mit einer Auflösung von 1.188 x 2.790 Pixeln – was einem 21:9-Format entspricht.

Das faltbare P50 Pocket
Foto: Huawei

In Hinblick auf das Design verweist Huawei vor allem darauf, dass die Bildschirmhälften – oder genauer gesagt der sie umgebende Rahmen – beim Zusammenklappen nahtlos aufliegen. Einen Spalt, wie er von vielen anderen faltbaren Geräten bekannt ist, gibt es also nicht. Als Besonderheit wurde auf der Außenseite ein 1,04 Zoll großer, runder Bildschirm positioniert, der für wichtige Informationen wie Zeit oder aktuelle Benachrichtigungen genutzt werden kann.

Bei der Kamera gibt man sich etwas zurückhaltender als beim Pro-Modell: Das P50 Pocket hat eine 40-Megapixel-Hauptkamera sowie eine 13-Megapixel-Ultraweitwinkel. Eine Telekamera gibt es hier nicht. Stattdessen ist aber noch eine 32-Megapixel-"Ultra Spectrum"-Kamera verbaut, die zusätzliche Details und besonders lichtstarke Bilder garantieren soll.

Auch hier kommt wieder ein Snapdragon 888 ohne 5G-Unterstützung zum Einsatz, RAM und lokaler Speicherplatz sind ebenfalls deckungsgleich zum Pro-Modell – also 8/256 GByte. Der Akku ist mit 4.000 mAh angegeben, er kann mit maximal 40 Watt geladen werden. Zusammengeklappt ist das Smartphone 15,2 Millimeter dick, aufgefaltet sind es nur 7,2 Millimeter.

EMUI 12 statt Harmony OS

Bemerkenswert ist auch die gebotene Software. Statt des von Huawei in den vergangenen Jahren als Android-Nachfolger gepriesenen Harmony OS gibt es nämlich einmal mehr den Android-Ableger EMUI 12. Entgegen dem, was man aus der Nummerierung schließen könnte, basiert dieser übrigens nicht auf Android 12, sondern auf Android 11. Angesichts dessen, dass Huawei immer stärker von der Google-Vorlage abgeht, ist es aber ohnehin die Frage, ob all das einen großen Unterschied macht. Zumal auch Harmony OS derzeit für Smartphones nur ein weitere Android-Ableger ist.

Wie einleitend erwähnt gibt es hier keine Google-Apps, Programme werden hingegen über die eigene "App Gallery" des Herstellers ausgeliefert. Huawei betont dabei – so wie in den Vorjahren auch schon –, dass man bei der Entwicklung des Google-unabhängigen App-Ökosystems deutliche Fortschritte gemacht habe. So habe etwa der Google-Maps-Ersatz Petal Maps mittlerweile sieben Millionen Nutzer in Europa, beim eigenen Browser seien es sogar neun Millionen.

Die "Freebuds Lipsticks"
Foto: Huawei

Zudem habe man durch lokale Partnerschaften gerade in Österreich viele Anbieter für die Unterstützung der App Gallery und damit auch jener Huawei-Mobile-Services, die zentrale Google-Dienste für Android ersetzen, gewinnen können. Als Beispiel führt man die Integration von Bluecode in den Bezahldienst Huawei Pay an.

Verfügbarkeit

Sowohl P50 Pro als auch P50 Pocket können bereits ab Donnerstag online vorbestellt werden. Wer dies bis zum 27. Februar tut, der bekommt ein ganz besonderes Extra dazu: die ebenfalls neuen "Freebuds Lipsticks". Der Name ist dabei Programm, steckt dahinter doch eine rote Ausführung der Huawei Earpods, die Hülle ist dabei einem Lippenstift nachempfunden. Wer die "Freebuds Lipsticks" unabhängig erwerben will, muss dafür 199 Euro investieren. (Andreas Proschofsky, 26.1.2022)