Am Mittwoch sind in Wien wieder hunderte Jugendliche auf die Straße gegangen, um gegen die Maturaregeln zu demonstrieren und eine Anpassung des Prüfungsmodus an die Pandemiesituation zu fordern. Es war nicht der erste und wird vermutlich nicht der letzte Schulstreik in dieser Angelegenheit gewesen sein. Der Unmut über die vergangenen Jahre scheint groß – auch darüber, dass die Pandemie vor allem bei jungen Menschen häufig zu psychischen Problemen geführt hat und die Angebote und Hilfestellungen der Regierung in der Wahrnehmung vieler kaum existent sind.

Freiwillig mündlich?

Die Forderung lautet daher: Die mündliche Matura sollte aufgrund der Situation wie auch in den vergangenen beiden Pandemiejahren freiwillig erfolgen. Wer in dieser Zeit nicht mündlich antreten wollte, musste das auch nicht tun. Dann wurde in dem jeweiligen Fach die Note der Abschlussklasse ins Maturazeugnis eingetragen. Unterstützung bekommen die Schülerinnen und Schüler für ihr Anliegen von der SPÖ. Allein aus "Gerechtigkeitsgründen" sei es nicht nachvollziehbar, dass nach zwei Jahren der Freiwilligkeit die mündliche Matura nun wieder verpflichtend sein solle, meint auch der Mitorganisator des Lichtermeers, Daniel Landau. Bildungsminister Martin Polaschek (ÖVP) will aber an der verpflichtenden mündlichen Reifeprüfung festhalten. Auch die Jugendstaatssekretärin Claudia Plakolm (ÖVP) verteidigt die Rückkehr der mündlichen Matura.

Mit Streiks machen angehende Maturantinnen und Maturanten auf Ihre Situation aufmerksam.
Foto: Stefanie Ruep

Wie diskutiert die STANDARD-Community über die Frage nach der Freiwilligkeit der mündlichen Matura?

Pro von "fuchskaninchen"

"Wer sagt, das 'echte Leben' sei schwieriger, soll halt selbst demonstrieren gehen! Die Schüler*innen wollen, dass den Umständen gerecht gehandelt wird. Und die Umstände sind: Zukunftsängste, Planlosigkeit, überarbeitete Lehrpersonen und ein Curriculum, das nicht für Distance-Learning konzipiert wurde. Wer sich hier gut auf die Matura vorbereiten kann, ist die Ausnahme, nicht die Regel. Nur weil wir, die die Matura schon hinter uns haben, ähnlich schlechte Umstände im Arbeitsleben hinnehmen, heißt das nicht, dass der Streik der Schüler*innen nicht gerechtfertigt ist. Und wer auch nur ansatzweise mitbekommen hat, was die Schüler*innen in den letzten zwei Jahren mitgemacht haben, sollte verstehen, dass hier adäquate Anpassung seitens BMBWF nötig ist."

Kontra von "ein weitere Leserin"

"Ich bin Lehrerin und sehe das folgendermaßen: Meine Maturaklasse ist verunsichert, ja, aber um ehrlich zu sein finde ich es total vertretbar, eine mündliche Matura abzuhalten. Ich finde es sogar gut, denn es ist ein schöner und zugleich besonderer Abschluss der Schullaufbahn.

Das gemeinsame Zittern, die Nervosität, die Möglichkeit, das zu zeigen, für das man jahrelang gelernt hat, und dann natürlich die gemeinsame Freude. Nächstes Jahr wird der Jahrgang dieselben Argumente bringen, und irgendwann hat man überhaupt nur mehr die abgespeckte Matura."

Wie ist Ihre Position in dieser Debatte?

Was spricht für, was gegen eine Erleichterung der Modalitäten? Wie stehen Sie als Lehrerin oder Lehrer und Eltern zu den Forderungen der Jugendlichen? Und wie sehen Sie das als Maturantin oder Maturant? Tauschen Sie sich im Forum aus! (mawa, 27.1.2022)