Die Greater Mekong Region ist eine gewaltige tropische Zone im Einzugsgebiets des riesigen südostasiatischen Flusses. Das Gebiet zwischen Kambodscha, China, Laos, Myanmar, Thailand und Vietnam ist nicht nur Heimat von mehr als 300 Millionen Menschen, sondern stellt vor allem einen vielschichtigen Lebensraum dar, der von unzähligen Tier- und Pflanzenarten bevölkert wird, die meisten davon sind der Wissenschaft noch völlig unbekannt.
Alleine schon die Tatsache, dass Forschungsteams annähernd im Jahresrhythmus in diesen Gefilden die Entdeckung Hunderter neuer Spezies verkünden, beweist, mit welchem Biodiversitätsschatz man es hier zu tun hat.
Unentdeckt verschwunden
Die erschreckende Geschwindigkeit, mit der dort jedoch Biotope zerstört werden, lässt befürchten, dass viele dieser Wesen verschwinden, ehe sie jemals entdeckt werden können. Daher sind Berichte, wie jener, der nun von der Umweltschutzorganisation WWF herausgegeben wurde, besonders wichtig: In dem Report "New Species Discoveries in the Greater Mekong 2020" berichtet ein Wissenschafterteam von der Identifizierung von 224 weiterer bisher unbekannte Tier- und Pflanzenarten innerhalb eines Jahres.
Zu den spannenden Spezies gehören ein zweifarbiger teilweise gelber Gecko und eine stechend riechende Blume aus der Familie der Ingwergewächse, die in Thailand als Ersatz für Stinkkäfer beim Zubereiten einer Chilipaste verwendet wird.
Popa-Langur im Museum gefunden
Neben 155 Pflanzen wurden 35 Reptilien, 17 Amphibien, 16 Fische und ein Säugetier dokumentiert. Bei dem Säugetier handelt es sich um einen Affen – und der wurde ausnahmsweise nicht im Dschungel entdeckt: Der Popa-Langur wurde anhand von Kotproben und historischen Museumsexemplaren als eigene Art identifiziert.
2018 sei es dem WWF und Fauna and Flora International (FFI) gelungen, Aufnahmen der seltenen Tiere mit dem Fachnamen Trachypithecus popa zu machen, die nach dem erloschenen Vulkan Mount Popa im früheren Birma benannt sind.
3.000 Arten seit 1997
Die Gesamtzahl der seit 1997 in Thailand, Kambodscha, Laos, Vietnam und Myanmar entdeckten Tier- und Pflanzenarten liege nun bei 3.007, so die Umweltschutz-Organisation. Die Mekong-Region sei damit zweifellos ein "weltweites Schwergewicht" bei der Entdeckung von Arten, sagte Stefan Ziegler, Südostasien-Referent beim WWF Deutschland.
"Sie beherbergt einige der bekanntesten und gefährdetsten Arten der Welt wie etwa den Tiger und den Mekong-Riesenwels." Die Lebensräume müssten wegen der enormen Biodiversität unbedingt geschützt und erhalten werden. "Verlieren wir die Mekong-Region als biologischen Hotspot verlieren wir einen beträchtlichen Teil der globalen Artenvielfalt", so Ziegler.
Dunkellila Schlangen und Frosch mit seltsamen Augen
Die meisten neuen Arten wurden dem Report zufolge im vergangenen Jahr in Vietnam entdeckt (91), gefolgt von Thailand (69). Im Ort Lung Cang in Vietnam entdeckte ein Expeditionsteam etwa eine dunkellila-gefärbte Schlange mit einem außergewöhnlichen Schuppenmuster. Schließlich stellte sie sich als neue Art (Achalinus zugorum) der ohnehin seltenen Gruppe der Höckernattern heraus.
Ebenfalls in Vietnam sowie in Kambodscha beschrieben Forscher eine bisher unbekannte Art eines Schaufelfußfrosches mit einer mondsichelförmigen Iris (Leptobrachium Iunatum). Und in Myanmar wurde ein Höhlenfisch (Kayahschistura lokalayensis) mit farblosem Körper, unterentwickelten Augen und einer ungewöhnlichen Flossenstachel auf der Brust entdeckt. (red, APA, 30.1.2022)