An der WU Wien gilt ab dem kommenden Sommersemester die 2G-Regel für alle. Damit soll möglichst bald wieder voller Präsenzbetrieb ermöglicht werden – ohne Ungeimpfte.

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WU-Rektorin Edeltraud Hanappi-Egger.

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Die zweite Universität stellt auf 2G um: Nach der Uni Klagenfurt, an der diese Regelung bereits seit 10. November 2021 gilt, wird ab kommendem Sommersemester auch an der Wirtschaftsuniversität (WU) Wien der Zugang ausnahmslos nur noch für Geimpfte und Genesene (die sich nach 180 Tagen ebenfalls impfen lassen müssen) möglich sein. Das hat die WU am Mittwochnachmittag nach einer Sitzung des Senats mitgeteilt.

Bereits in der Vorwoche haben die Senatsvorsitzenden der österreichischen Universitäten eine bundesweit einheitlichen 2G-Regelung für alle Uni-Angehörigen gefordert, "die auch die Interessen internationaler Studierender berücksichtigt" (dies mit Blick auf Impfstoffe, die in der EU nicht zugelassen sind). Auch die Österreichische Hochschüler_innenschaft (ÖH) ist für 2G an allen Hochschulen, also Präsenzteilnahme nur für Geimpfte und Genesene. Wenn man ehrlich sei, sagte Keya Baier vom ÖH-Vorsitzteam diese Woche im STANDARD, "führt daran kein Weg vorbei".

Der 2G-"Pionier" im Unibereich, der Klagenfurter Rektor und Vizepräsident der Universitätenkonferenz (Uniko) Oliver Vitouch, hält die 2G-geimpft-genesen-Regelung trotz des heftigen Gegenwinds damals, noch vor dem Impfpflichtgesetz, nach wie vor für "richtig und wichtig", sagte er am Mittwoch zum STANDARD – gerade an den Universitäten.

Die Uniko hat sich im vorparlamentarischen Begutachtungsverfahren auch einstimmig für die Impfpflicht ausgesprochen: "Nur so wird die aus wissenschaftlicher Sicht notwendige hohe Durchimpfungsquote erreicht", hieß es da.

Nun schafft also die WU Klarheit für ihr Haus mit 2G für alle. Rektorin Edeltraud Hanappi-Egger erklärt im STANDARD-Interview die Motive und Gründe für diesen Schritt. 2G sei die "logische Konsequenz" aus der generellen Impfpflicht, sagt sie:

STANDARD: Warum hat sich die WU für 2G an der Uni entschieden, und zwar komplett und für alle?

Hanappi-Egger: Die WU bekennt sich als Institution der Wissenschaft zur Impfung als Instrument zur Bekämpfung der Covid-19-Pandemie und sieht es als selbstverständlich an, dass ein nationales Gesetz auch umgesetzt wird, und zwar für alle. Es wäre doch eigenartig, sich nur bestimmte Gruppen herauszupicken und unterschiedlich zu behandeln. 2G wird uns hoffentlich auch wieder volle Präsenz erlauben, weil wir sehen, wie negativ sich die langen Distanzphasen auswirken und mit welchen schweren psychischen Problemen gerade Studierende zu kämpfen haben.

STANDARD: Ist die 2G-Regelung auch ein bewusstes Statement als Universität, dass man sich der Wissenschaft verpflichtet fühlt? Dass man quasi das "Schlupfloch" schließt für die "Reintesterinnen" und "Reintester"?

Hanappi-Egger: Es geht hier nicht um ein Schließen eines Schlupflochs, sondern um die Berücksichtigung eines nationalen Gesetzes – und darum, dem Distanzmodus endlich ein Ende zu bereiten.

STANDARD: Welche Zugangsregelungen werden derzeit an der WU angewandt?

Hanappi-Egger: Bis zum Ende des Wintersemesters gilt an der WU noch 2,5G und eine weitreichende Maskenpflicht. Wobei für die in Präsenz stattfindenden Prüfungen der Großprüfungswoche 2,5G+ (also PCR-Tests von allen Teilnehmenden) eingeführt wurde. Für Events mit Externen gilt 2G+.

STANDARD: Warum eigentlich "nur" 2G – und nicht gleich 2G+? Zumal die Ungeimpften sicher argumentieren werden, dass ja beide Gs – Geimpfte wie Genesene – angesteckt und damit auch ansteckend sein können?

Hanappi-Egger: Unsere Studierenden und Mitarbeitenden sind zu einem sehr hohen Prozentanteil geimpft. An der WU selbst stehen Abgabeboxen für Gurgeltests zur Verfügung, und wir weisen auch immer darauf hin, dass sich auch genesene und geimpfte Personen gerade in Zeiten starker Wellen regelmäßig testen lassen sollen. Die sehr niedrigen Fallzahlen bei WU-Angehörigen und der Umstand, dass wir nach derzeitigem Stand kaum Ansteckungen an der WU selbst haben, zeigen das extrem hohe Maß an Selbstverantwortung. Das macht mich sehr stolz. Natürlich können wir zurzeit nicht gänzlich ausschließen, phasenweise auch 2G plus einzuführen. Das wäre vor allem bei einer erneuten Welle und für Prüfungen durchaus denkbar.

STANDARD: Welche Folgen wird 2G auf den Unialltag haben?

Hanappi-Egger: Dies wird ermöglichen, dass sich der Unialltag wieder normalisiert, mit viel Präsenz und universitärem Leben am Campus. Und wenn 2G für alle gilt, kann, gerade auch mit der an der WU stark ausgeprägten Selbstverantwortung, davon ausgegangen werden, dass sich alle in einem möglichst sicheren Umfeld bewegen.

STANDARD: Gehen wir die betroffenen Gruppen getrennt durch: Worauf müssen sich die Studierenden, die die geforderten 2G nicht erbringen können oder wollen, also das klassische Milieu der Impfgegnerinnen und Impfgegner, einstellen?

Hanappi-Egger: Alle Lehrveranstaltungen und Prüfungen finden ab dem Sommersemester in Präsenz statt, es wird daher nicht möglich sein, Kurse ausschließlich online zu absolvieren. Die WU war und wird auch immer eine Präsenz- und keine Fernuniversität sein. Für die wenigen Studierenden, die bis dahin noch nicht ihrer Impfpflicht nachgekommen sind, schaffen wir die Möglichkeit einer semesterweisen Beurlaubung. So können sie ihr Studium zu einem späteren Zeitpunkt fortsetzen und minimieren so die negativen Folgen ihrer Entscheidung, zum Beispiel Verlust von Stipendien.

STANDARD: Wie können Ungeimpfte ihr Studium fortsetzen?

Hanappi-Egger: Wenn sie der gesetzlichen Impfpflicht unterliegen: indem sie ihr nachkommen und sich impfen lassen.

STANDARD: Die WU wird den Ungeimpften also nicht quasi einen akademischen Vollservice bieten und alle universitären Angebote digital ins Haus liefern? Zoom-Links für Vorlesungen oder Seminare et cetera? Was ja nicht nur Kosten verursachen, sondern für die Lehrenden auch einen enormen Zusatzaufwand bedeuten würde …

Hanappi-Egger: Nein, es wird keine Kompensationen oder Online-Angebote geben.

STANDARD: Was wird 2G für Prüfungen aller Art bedeuten? Wie werden Ungeimpfte sie ablegen können?

Hanappi-Egger: Der Zutritt zu Prüfungen wird für alle der Impfpflicht unterliegenden Studierenden nur mit 2G, die davon Befreiten mit 2,5G möglich sein.

STANDARD: Werden Sie Ausnahmen definieren? Welche?

Hanappi-Egger: Ausnahmen gibt es nur für Personen, die von der nationalen Impfpflicht ausgenommen sind und dies entsprechend nachweisen können.

STANDARD: Kommen wir zum Uni-Personal. Was bedeutet 2G für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der WU in den unterschiedlichen Bereichen? Angenommen, eine Sekretariatskraft lässt sich nicht impfen – schicken Sie die ins Homeoffice? Wird ja auf die Dauer eher nicht gehen … Muss er oder sie gehen und sich einen anderen Job suchen?

Hanappi-Egger: Ab 1. März ist das Betreten eines WU-Gebäudes nicht mehr ohne entsprechenden Nachweis gestattet. Mitarbeitende, die ab 1. März die Gebäude nicht mehr betreten dürfen, können folglich ihrer Dienstpflicht nicht mehr nachkommen. Unser Ziel ist, die wenigen Mitarbeitenden, die sich noch nicht zur Impfung entschließen konnten, von deren Notwendigkeit zu überzeugen. Daher werden auch Beratungsmöglichkeiten geschaffen. Letztlich können aber auch arbeitsrechtliche Konsequenzen – verschieden nach Typus des Dienstverhältnisses – zum Tragen kommen, wie zum Beispiel die Einstellung der Gehaltszahlung.

STANDARD: Im außeruniversitären Bereich gilt fast überall (außer zum Beispiel in Alten- oder Pflegeheimen) 3G am Arbeitsplatz – an der WU nicht mehr. Ist das juristisch möglich, 3G am Arbeitsplatz WU außer Kraft zu setzen?

Hanappi-Egger: Die staatliche Verordnung, wonach am Arbeitsplatz 3G als epidemiologischer Mindeststandard vorzusehen ist, gilt für Universitäten nicht. Aber selbst nach dieser Verordnung ist es für Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber möglich, strengere Schutzmaßnahmen festzulegen. Die WU hat dies in der Vergangenheit mit der 2,5G-Regel beispielsweise bereits getan. An einer Universität, die den Präsenzbetrieb ermöglichen will und wo daher persönliche Kontakte von Studierenden, Lehrenden und Mitarbeitenden unumgänglich sind, bedarf es eben besonderer Schutzmaßnahmen.

STANDARD: Rechnen Sie mit Klagen?

Hanappi-Egger: Unsere Position ist rechtlich sehr gut abgesichert und findet eine breite Zustimmung an der WU, aber natürlich können wir nicht ausschließen, dass es zu Klagen kommt.

STANDARD: Wie hoch ist die Impfquote an der WU denn derzeit?

Hanappi-Egger: Unter den Mitarbeitenden (wissenschaftliches Personal: rund 1.720 Personen, allgemeines Personal: rund 820) hat die Impfrate bereits Anfang November 2021 97 Prozent betragen, und seitdem konnten noch viele überzeugt werden, sich impfen zu lassen. Seit Herbst werden neue Mitarbeitende nur noch aufgenommen, wenn sie geimpft oder genesen sind. Die Impfrate ist aus diesen Gründen noch weiter gestiegen. Auch unter den rund 21.200 WU-Studierenden liegt diese Quote bei über 90 Prozent.

STANDARD: Mit welchen Reaktionen allgemein rechnen Sie?

Hanappi-Egger: Bereits im Herbst wurde der Wunsch nach 2G für Lehrveranstaltungen und Prüfungen sowohl seitens Studierender als auch Lehrender vielfach an die Universitätsleitung herangetragen. Mit der Einführung der generellen Impfpflicht in Österreich ist die Umstellung auf 2G an der WU daher die logische Konsequenz. Diese Entscheidung wurde nach Diskussionen in den Gremien getroffen und wird von allen Seiten ganz überwiegend befürwortet. Aber natürlich haben wir gelernt, dass man es in diesen schwierigen Zeiten nicht allen recht machen kann und man mit Kritik rechnen muss.

STANDARD: Gehen Sie davon aus, dass Sie sich auch von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern trennen werden (müssen) – oder dass Studierende ihr Studium an der WU aufgeben wegen 2G?

Hanappi-Egger: Unter den Mitarbeitenden wären nach jetzigem Stand nur vereinzelt Personen davon betroffen. Wir arbeiten daran, dass sich diese wenigen noch dazu entschließen, sich impfen zu lassen. Unsere Hoffnung ist, alle zu überzeugen, sodass wir niemanden verlieren. Unter den Studierenden werden eventuell einige die Möglichkeit der Beurlaubung in Anspruch nehmen oder die WU verlassen. Aber umgekehrt ist es ja auch nicht unwahrscheinlich, dass viele diese klare Linie der Umsetzung der Impfpflicht sehr schätzen und sich daher bewusst für die WU entscheiden. (Lisa Nimmervoll, 26.1.2022)