Die Burgenländerin Lena Grabowski holte im Vorjahr EM-Bronze auf der Kurzbahn. In ihrem Heimatbundesland wird derweil farbenfroh um ein 50-Meter-Becken gerungen.

Foto: Johannes Friedl/gepa

Neusiedl am See war, gewissermaßen seit Menschengedenken, schwarz. Böse Zungen – vor denen ein jeder sich freilich hüten möge – erzählen, dass dieser Umstand das Verhältnis zum roten Landeshauptmann stets ein bisserl eingetrübt hat. Unter anderem habe das auch dazu geführt, dass – nicht nur, aber eben auch – das Hallenbad einigermaßen verlotterte. Dummerweise wurde dieses aber wegen Brutalismus unter Denkmalschutz gestellt. Darum konnte es, selbst als es wegen Einsturzgefahr gesperrt werden musste, nicht einfach abgerissen und gegebenenfalls neu errichtet werden.

Seit 2017 aber ist Neusiedl am See rot regiert. Elisabeth Böhm, die Bürgermeisterin, sitzt sogar im Landesparlament. Da sind dann nicht nur die Wege kurz, sondern auch die Türen offen. Das Land nimmt nun, wie Anfang der Woche bekanntgegeben wurde, 26 Millionen Euro fürs Hallenbad in die Hand. Eine noch zu gründende Tochter der landeseigenen Immobiliengesellschaft wird das Bad auf 49 Jahre pachten. Daneben entsteht ein auch touristisch nutzbares Areal samt Hotel und Campingplatz. Die Gemeinde steuert jährlich 300.000 Euro Betriebskosten bei. Immerhin.

Stachel im Fleisch

Thomas Steiner fände eine solche Konstruktion für sein Hallenbad auch ganz gut. Aber dummerweise ist Thomas Steiner der Bürgermeister der Landeshauptstadt Eisenstadt. Und die ist – ewiger Stachel im Fleisch der stolzen, seit 2020 absolut regierenden pannonischen Sozialdemokratie – tiefschwarz. Er sitzt zwar auch im Landtag, aber seine Wege sind dort deutlich länger als die der Elisabeth Böhm.

Darum ist sein Vorhaben, im Zuge der Sanierung das städtische Hallenbad gleich um ein 50-Meter-Becken zu erweitern, dorthin geschoben worden, wo es aus Landessicht hingehört: auf die lange Bank. Die Kosten würden sich für diese Sportschwimmhalle insgesamt auf 7,5 Millionen belaufen. "Das", sagt Thomas Steiner, "bedeutet bei der in solchen Fällen üblichen Drittelung je 2,5 Millionen für Bund, Land und Stadt."

Eine der besten und vielversprechendsten Schwimmerinnen Österreichs, die 19-jährige Lena Grabowski von der Schwimmunion Neusiedl, hätte in diesem Fall eine wettkampftaugliche Langbahnanlage im Land. Eine, für die sie eine Art Werbeträgerin sein könnte.

Wurfverhältnisse

So wie der Olympia-Bronze-Diskuswerfer Lukas Weißhaidinger einer ist. Der stellte im Vorjahr in Eisenstadt mit 69,04 Metern einen neuen österreichischen Rekord auf. (Schwedens Daniel Ståhl erwarf sich wenig später die Olympiagoldene in Tokio mit 68,90 Metern.) Weißhaidinger ist allerdings nicht nur Gast in der 2020 eröffneten Leichtathletikarena. Er hat sie auch mit konzipiert, vor allem die Windverhältnisse am Fuß des Leithaberges studiert.

Das kommt nun allen Werfern zugute. Victoria Hudson schleuderte voriges Jahr den Speer auf 64,68 Meter. Damit übertraf sie den alten österreichischen Rekord um mehr als drei Meter.

Wettkampf-Upgrade

Die Arena liegt in fußläufiger Entfernung zum Hallenbad. (Und zur Kunsteislaufbahn, zu HAK und HTL und zum Bahnhof.) Daheim ist dort auch die Eisenstädter Leichtathletikakademie. Die Investitionen in die Sportanlagen brachten der burgenländischen Hauptstadt ein beachtliches Upgrade im Wettkampfkalender.

Am heurigen 2. Juni gastiert hier die World Athletics Continental Tour. Erstmals seit 17 Jahren wieder in Österreich. Nicht nur um insgesamt 30.000 Euro Preisgeld wird gelaufen, geworfen, gesprungen. Sondern auch – oder vor allem – um versilberbare Weltranglistenpunkte. Für den Sieg gibt es 60 Punkte, voriges Jahr waren es 25.

Turnierdirektor Ralf Meixner sieht in der Veranstaltung einen gewaltigen Schritt auf dem Weg Eisenstadts zur Sportstadt: "Durch die Aufnahme in die Athletics Tour wird Eisenstadt zu einem Leichtathletik-Hotspot in Europa. Die Bonuspunkte des Bronzemeetings attraktivieren neben der außergewöhnlich guten Bahn und den Windbedingungen vor Sonnenuntergang das Raiffeisen Austrian Open Eisenstadt noch weiter."

Sportkonzept

Da würde die Erweiterung um den Schwimmsport gut ins Sportstadtkonzept passen, meint nicht nur der Bürgermeister. Sport-Austria-Präsident Hans Niessl fordert es beinahe. "Österreich braucht 50-Meter-Becken. Spitzen- und Vereinssportler, aber auch unsere Kinder benötigen Platz." Doch auch der burgenländische Altlandeshauptmann, der die Neusiedler Bitten um Landesgeld einst überhört hatte, wird verstehen: Eisenstadt ist schwarz.

Steiner meint, dass das Land – "wir haben jahrzehntelang vorausschauend in die Infrastruktur investiert" – sich gewissermaßen alle Zehen abschleckten müsste. "Doch statt Freudensprünge zu machen, drückt man sich vor jeder Unterstützung. Geplant wäre ja auch eine Leichtathletikhalle gewesen, die der Leichtathletikverband in Eisenstadt bauen wollte. Die wird nun in Wien realisiert."

Mattersburg

Zu all diesen farblichen Fisimatenten kommt noch der leidige Umstand Mattersburg. Dort, in dieser roten Hochburg, steht eine verwaiste Fußballakademie. Von der weiß niemand so genau, was nach dem Tod des Bundesligisten SV Mattersburg im Jahr 2020 mit ihr geschehen soll. Oder auch nur kann. Zwar ließe sich wohl relativ einfach ein allgemeines Sportzentrum machen. – Aber.

Aber ein solches steht schon im nahen Štikapron/Steinbrunn. Und dieses steht im Landeseigentum. Zwei so groß dimensionierte Zentren sind schwer zu argumentieren. – Freilich.

Freilich: Štikapron, beinahe seit Menschengedenken rot, hat seit 2017 einen schwarzen Bürgermeister.

Spatzenpfiffe

Die Eisenstädter, Mattersburger und Steinbrunner Spatzen pfeifen von ihren jeweiligen Dächern, dass in Mattersburg eine Sportschwimmhalle mit allem Drum und Dran hingestellt werden werde. Gleich in der Nähe der Akademie. Dort wurde beim Bau schon Platz für eine Halle vorgesehen.

Eisenstädter "Entlastung"

Im Eisenstädter Landhaus ist, was das alles betrifft, wenig bis eigentlich gar nichts zu erfahren. Immerhin lässt das Büro des Bau- und Sportlandesrates Heinrich Dorner verlauten, dass man tatsächlich "alternative Lösungen an anderen Standorten prüft, die über die Vorstellungen der Stadtgemeinde Eisenstadt hinausgehen und mit denen wir bessere überregionale Strukturen schaffen können. Dabei ist auch eine Schwimmhalle in Mattersburg Teil der Überlegungen."

Interessante Überlegungen. Denn, so der Landesrat: "Das hätte auch den Vorteil, dass der Standort Eisenstadt entlastet wird."

Wahltermin

Übrigens, falls wer fragen sollte: Im Herbst gibt es im Burgenland Gemeinderats- und Bürgermeisterwahlen. Astrid Eisenkopf, Landeshauptmannstellvertreterin und für Gemeindeangelegenheiten zuständige Landesrätin, hat am Mittwoch den Termin dafür bekanntgegeben: der 2. Oktober. (Wolfgang Weisgram, 27.1.2022)