Der Wiener VSStÖ will die Polizei abschaffen.

Foto: Christian Fischer

Wien – In einem Posting auf Instagram hat der VSStÖ Wien Anfang der Woche die Polizei scharf kritisiert. Unter Verweis auf ihre Entstehungsgeschichte sei ihr Zweck damals wie heute die "Niederschlagung von Massenprotesten der Arbeiter_innenklasse". Die Polizei wird darin zudem als "williges Werkzeug" von Austrofaschismus und Nationalsozialismus bezeichnet. Sie stehe für ein System, das es abzuschaffen gelte. Das Posting wurde mit den Hashtags "#abolishpolice" (Polizei abschaffen) und "#1312" (steht für die Beschimpfung "All Cops Are Bastards") versehen.

In einem mittlerweile gelöschten Kommentar zu dem Posting wiederholte die Spitzenkandidatin des VSStÖ in Wien, Toma Khandour, diese Beschimpfung.

AG fordert Rücktritt

Die Reaktionen auf die Aussagen waren dementsprechend scharf. Die ÖVP-nahe Aktionsgemeinschaft (AG) forderte umgehend Khandours Rücktritt aus allen Ämtern, sie ist seit der ÖH-Wahl 2021 Vorsitzende der Österreichischen Hochschüler_innenschaft an der Universität Wien. "Der VSStÖ Wien ist nicht in der Lage, das zu tun, wofür er in die gesetzliche Vertretung der Studierenden gewählt wurde: die Studierenden vertreten. Wenn dieser Verband solch demokratiefeindliche, menschenverachtende und respektlose Ansichten vertritt, müssen die Vorsitzenden an den Wiener ÖHs ihr Amt sofort zurücklegen", sagte AG-Bundesobmann Markus Baurecht.

Auch die Junos-Vorsitzende Sophie Wotschke kritisierte das Posting als "demokratiefeindlich" und "unpassend". Sie forderte SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner, VSStÖ-Vorsitzende Dora Jandl sowie die Vorsitzende der Bundes-ÖH, Sara Velić, dazu auf, sich von den Aussagen öffentlich zu distanzieren.

Bundes-SPÖ und ÖVP kritisieren VSStÖ-Aussagen

Seitens der roten Mutterpartei meldeten sich Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch und die Wiener Landesparteisekretärin Barbara Novak zu Wort. Beide "distanzieren sich klar von dem völlig inakzeptablen Posting des VSStÖ Wien". Die SPÖ stehe hinter allen Polizistinnen und Polizisten, die Tag und Nacht für den Schutz und die Sicherheit der Bevölkerung im Einsatz seien, sagte Deutsch. Gerade in Corona-Zeiten leiste die Polizei "unter schwersten Bedingungen mit großem Engagement und viel Verantwortungsgefühl hervorragende Arbeit". Dafür seien ihr Wertschätzung, Dank und Respekt entgegenzubringen.

"Schockiert" zeigte sich ÖVP-Generalsekretärin Laura Sachslehner: "Diese Fantasien der sozialistischen Studentinnen und Studenten sind brandgefährlich für unser Land", erklärte sie in einer Aussendung. "Was sollen sich die tausenden Polizistinnen und Polizisten denken, die seit Monaten bei Demonstrationen für die Sicherheit der Bevölkerung im Einsatz sind und ihre Gesundheit aufs Spiel setzen, wenn sie eine solch absurde Forderung hören und darüber hinaus noch pauschal verunglimpft werden?" Der Angriff auf die Exekutive sei "absolut inakzeptabel".

Klarstellung der roten Studierenden

Am Mittwoch ruderte der VSStÖ Wien mit einem "Klarstellungsposting" auf Instagram zurück. Die Polizeikritik habe sich nicht gegen Einzelpersonen, sondern gegen ein System gerichtet. Man bleibe aber bei der Feststellung, dass das staatliche Gewaltmonopol bestehende Verhältnisse stütze. Um eine gerechtere Gesellschaft zu verwirklichen, sei eine gerechte Verteilung aller gesellschaftlichen Güter nötig. Und dazu sei eben ein "Neudenken des bestehenden Systems" nötig.

Der AG ist das nicht genug: Der VSStÖ betone in der Klarstellung erneut "die haltlose Systemkritik", anstatt seine "Arbeit und damit endlich etwas für Studierende an der größten Universität Österreichs zu tun", hieß es am Donnerstag in einer Aussendung. Der VSStÖ spiele "Revolution". (Steffen Arora, 27.1.2022)