In Niederösterreich darf in Zukunft nur noch mitwählen, wer dort auch einen Hauptwohnsitz hat.

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St. Pölten – Das Ziel sei klar, sagt Klaus Schneeberger, Klubobmann der ÖVP im niederösterreichischen Landtag: Wenn es nach ihm gehe, solle kein einziger Niederösterreicher und keine einzige Niederösterreicherin wegen des Parkpickerls nach Wien abwandern. "Aber das wird's nicht spielen", sagte Schneeberger, als er am Donnerstag die Abschaffung des Wahlrechts für Zweitwohnsitzende bekanntgab. Das ab März flächendeckend geltende Parkpickerl gibt es in Wien nur in Verbindung mit einem Hauptwohnsitz. Als Gegenmaßnahme gibt es in Niederösterreich nun das Recht zur Wahl nur für jene, die dort einen Hauptwohnsitz angemeldet haben.

Insgesamt verlieren damit nach Schätzungen des Landes rund 90.000 Personen ihr Wahlrecht bei Landtags- und/oder Gemeinderatswahlen. Die ÖVP hatte sich die längste Zeit gegen die Abschaffung des Zweitwohnsitz-Wahlrechts gewehrt, das es sonst nur noch im Burgenland gibt.

Nebenwohnsitze bringen Aufwand, aber kein Geld

Aber Schneeberger gesteht ein, dass es zuletzt immer mehr Probleme damit gegeben habe: Zuerst wurden oft massenhaft Zweitwohnsitze angemeldet – just vor Wahlen; der Vorwurf des Missbrauchs wurde nicht nur einmal erhoben. Eine Wahlrechtsreform verlangte von den Gemeinden dann Nachforschungen zur Verankerung der Betroffenen im Ort, was für die Kommunen zur Belastung wurde und für Chaos in der Wählerevidenz sorgte. "Alle Lösungen, die im Raum gestanden sind, waren Lösungen, die trotzdem Kritik nach sich gezogen haben", sagt Schneeberger.

Das flächendeckende Parkpickerl in Wien hat der Volkspartei nun den letzten Ruck gegeben: Die Gemeindevertretungsorganisationen von ÖVP und SPÖ forderten in einem gemeinsamen Brief die Abschaffung des Wahlrechts. Niederösterreichs Kommunen kämpfen teilweise mit riesigen Nebenwohnsitzbeständen, die Kosten verursachen, aber kein Geld vom Finanzministerium bringen.

Wunsch nach Abgabe "legitim"

Schneeberger gibt sich zuversichtlich, dass das Wahlrecht demokratiebewusste Bewohnerinnen und Bewohner des Nordostens Österreichs zum Verbleib in Niederösterreich motiviert – auch wenn in der Bundeshauptstadt das Parkpickerl lockt. "Wir wollen dem, der sich das Goodie (das Parkpickerl, Anm.) herausnimmt, ein schlechtes Gewissen machen."

Im Gespräch ist auch eine Abgabe für Personen mit Nebenwohnsitz, die sich die Gemeinden ebenfalls wünschen. "Der Wunsch ist legitim", sagt Schneeberger. Es sei aber schwierig, eine Lösung zu finden, die für alle Gemeinden passt. "Daher brauchen wir da sicher noch geraume Zeit, um das lösen zu können."

Selbstgebastelte Stimmzettel bleiben

Keine Bewegung gibt es dagegen bei den nichtamtlichen Stimmzettel – an diesen hält die Volkspartei fest. In Niederösterreich dürfen Parteien im Wahlkampf vorausgefüllte Stimmzettel verteilen, die bei der Wahl dann auch gültig sind. "In vielen kleinen Gemeinden ist das etwas ganz Persönliches", erklärt Schneeberger das Festhalten daran, "und bevor ich das aufgebe, brauche ich etwas Adäquates." Den Einwand, dass amtliche Stimmzettel bei einer Wahl ja durchaus adäquat wären, ließ der Klubobmann nicht gelten.

Eine Änderung in der Landesverfassung ist laut Schneeberger dagegen nur eine "Fleißaufgabe": Der Prozess zur Verteilung der Sitze in der Landesregierung auf die Parteien wird klargestellt, die Verteilung nach dem D'Hondt'schen Verfahren dezidiert ins Gesetz geschrieben. Auslöser dafür ist ein Erkenntnis des Verfassungsgerichtshof (VfGH) in der Stadt Groß Gerungs, wo der ÖVP dank D'Hondt sämtliche Sitze im Stadtrat zugefallen wären – laut VfGH fehlte dafür die Rechtsgrundlage.

D'Hondt zur Absicherung

DER STANDARD hat am Mittwoch anfangs fälschlicherweise berichtet, dass das Prozedere damit zugunsten der ÖVP geändert wird – tatsächlich wird nur der jahrzehntelange Usus rechtlich abgesichert. Das aktuelle Verfahren stehe trotzdem nicht auf rechtlich wackligen Beinen, sagt Schneeberger: "Es ist eine willkommene Fleißaufabe zur Sicherstellung, aber kein Muss."

Beschlossen werden die Änderungen mit der SPÖ, die Abstimmung soll am 24. Februar stattfinden, ab Juni würde das Gesetz dann gelten. Die Sozialdemokraten haben sich seit jeher gegen das Wahlrecht für Personen mit Zweitwohnsitz ausgesprochen. Die Neos begrüßten die Abschaffung in einer Aussendung, als Nächstes müssten aber auch die nichtamtlichen Stimmzettel abgeschafft werden. (Sebastian Fellner, 27.1.2021)