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Ein New Yorker Börsenhändler verfolgt die Ausführungen von Fed-Chef Jerome Powell.

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Mit weit geöffneten Geldschleusen versuchten die Notenbanken, die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Wirtschaft abzufedern. Nach knapp zwei Jahren haben das Wachstum und die Arbeitsmärkte zwar wieder Fuß gefasst, gleichzeitig ist jedoch die Inflation nach jahrelanger Flaute wieder zurückgekehrt, was die Währungshüter unter Zugzwang setzt. Kurzum, die Phase von Null- oder sogar Negativzinsen samt Wertpapierkäufen neigt sich dem Ende zu.

Nachdem die Bank of England bereits im Vorjahr die Zinsen erhöht hat, wird die US-Notenbank Fed heuer zunächst ihre Anleihekäufe einstellen und danach mit mehreren Zinsschritten folgen. Etwas anders ist die Ausgangslage in der Eurozone, wo die EZB bisher nur ein zögerliches Zurückfahren der geldpolitischen Unterstützung angekündigt hat, zuletzt aber erste Zinsschritte im Jahresverlauf nicht ausgeschlossen hat. Ob es tatsächlich schon heuer dazu kommt, hängt von der Inflationsentwicklung ab.

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Schwierige Phase am Aktienmarkt

Katzenjammer am Aktienmarkt. Nach dem ertragreichen Vorjahr kamen die Börsen zu Jahresbeginn wegen zunehmender Inflations- und Zinsängste ins Straucheln. Besonders der Technologiesektor, zuvor Zugpferd des Aufschwungs, geriet unter die Räder und büßte seit dem Rekordhoch im November gemessen am Nasdaq-100-Index 14 Prozent ein. Warum bremsen steigende Zinsen Aktien allgemein und besonders Wachstumswerte? Firmen halten sich dann mit Investitionen, etwa in neue Technologien oder Software, zurück, da für neue oder für flexibel verzinste Kredite höhere Zinsen fällig werden. Dazu kommt die Logik der Finanzmärkte: Bei Wachstumswerten liegen die üppigen Gewinne in der Zukunft und haben bei höheren Zinsen einen geringeren Wert in der Gegenwart.

Bessere Karten als Technologie- und Wachstumswerte dürften sogenannte Value-Aktien haben, die gemächlicher wachsen, aber günstiger bewertet sind. Banken sollten von steigenden Zinsen sogar profitieren. Dennoch wird der bevorstehende Zinsanhebungszyklus der Fed Bremsspuren hinterlassen. Meist leiden Aktienmärkte rund um die ersten Zinsanhebungen, fassen dann aber wieder Tritt. Dennoch ist ein durchwachsenes Aktienjahr zu befürchten, wie auch eine Wall-Street-Weisheit suggeriert: Demnach entwickelt sich die Börse über das ganze Jahr so wie im Jänner – also nicht gut.

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Höherer Zins entwertet alte Anleihen

Turbulenzen hat die nachlassende geldpolitische Unterstützung der Notenbanken auch an den Anleihenmärkten verursacht, denen heuer wohl ein schwieriges Jahr bevorsteht. Warum? Einerseits lassen die Notenbanken ihre Wertpapierkäufe auslaufen oder drosseln diese, wodurch deren künstliche Nachfrage sukzessive wegfällt. Zudem stehen bei steigendem Zinsniveau neue, höher verzinste Anleihen alten mit niedrigeren jährlichen Zinszahlungen gegenüber. Anleger schichten daher in die neuen Schuldpapiere um, weshalb es bei den alten zu Kursverlusten kommt – keine günstige Entwicklung für bestehende Anleihenanleger. Und für neue Investitionen ist das Zinsniveau noch recht tief. Zwar haben sich schon in den vergangenen Wochen viele Anleger aus Staatsanleihen zurückgezogen, was deren Renditen nach oben getrieben habt. In den USA sind derzeit für zehnjährige Bonds trotzdem nur 1,75 Prozent pro Jahr zu lukrieren – was deutlich unter der hohen US-Inflation liegt. In Europa sieht es nicht besser aus, für deutsche zehnjährige Schuldverschreibungen gibt es zurzeit etwa null Prozent Rendite.

Grundsätzlich positiv sind steigende Zinsen für Spareinlagen. Jedoch wird die EZB erst die Strafzinsen für Bankeinlagen zurückfahren, bevor der Leitzins als Grundlage für die Sparzinsen erhöht wird. Ob das schon ausreicht, um den Wettbewerb zwischen den Banken bei ihren Zinsangeboten anzuheizen, bleibt abzuwarten.

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Kaum Erfahrung mit Zinsen

Nach einem Kursverlust um etwa 50 Prozent seit dem bisherigen Rekordhoch von fast 69.000 Dollar für einen Bitcoin sieht man lange Gesichter in der Krypto-Community. Statt den erhofften Anstieg auf die magische Marke von 100.000 Dollar zu vollziehen, schwenkte die Kryptowährung in einen Bärenmarkt, also eine längere Phase fallender Kurse, ein. Auffallend dabei: Nachdem sich Bitcoin bisher weitgehend unabhängig von anderen Anlageklassen entwickelte, tauchten zuletzt Kryptoassets im Gleichschritt mit den Aktienmärkten ab. Zinsanhebungsdiskussionen und die gestiegenen Anleihenrenditen sorgten zuletzt bei riskanten Assets wie Aktien, aber auch Kryptowährungen für einen Verkaufsdruck.

Es gibt aber noch kaum belastbare Daten, wie sich Kryptowährungen bei steigenden Zinsen verhalten. Seit Bestehen von Bitcoin als ältestem Vertreter ging es mit den Zinsen in der Eurozone de facto nur abwärts, auch in den USA gab es von Ende 2015 bis 2019 nur einen Anhebungszyklus. In dessen erster Hälfte schnitten Bitcoin und Co sehr gut ab, danach rutschte der Sektor in einen Bärenmarkt. Welche Rolle die Zinsen dabei spielten, ist unklar – schließlich befanden sich Kryptowährungen damals noch in einem Reifeprozess zu einer eigenen Anlageklasse. Sicher ist aber: Mit höheren Zinsen steigen die Opportunitätskosten. Während man für riskante Kryptowährungen keine Zinsen erhält, gibt es mehr Ertrag für risikolose Spareinlagen.

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Rohstoffe trotzen Zinserhöhungen

Eindrucksvoll zurückgemeldet hat sich im vergangenen Jahr der Rohstoffsektor. Starke Preissteigerungen bei Rohöl und anderen Commodities, wie Rohstoffe auch genannt werden, haben auch zum starken Anstieg der Inflationsraten beigetragen. Ursache war der starke Nachfragesprung während der Erholung von der Corona-Krise, den das Angebot kaum decken konnte. Denn im Rohstoffsektor war im vergangenen Jahrzehnt nur vergleichsweise wenig investiert worden. In diesem Punkt machen sich nun steigende Zinsen sogar positiv bemerkbar, da die Finanzierung von Investitionen zur Erschließung neuer Rohstoffquellen teurer wird. Das macht bestehende Ressourcen indirekt wertvoller. Dementsprechend groß ist auch die Zuversicht für Commodities, bei Rohöl als einem der wichtigsten Vertreter erreichen die Prognosen von großen US-Banken wieder dreistellige Preisregionen. Zuletzt notierte die US-Ölsorte WTI im Jahr 2014 über der Marke von 100 Dollar pro Barrel.

Auch Industriemetalle wie Kupfer befinden sich in einem Aufwärtstrend, während sich Gold seit Monaten seitwärts entwickelt. Zwar gilt das Edelmetall als sicherer Hafen und guter Inflationsschutz, steigende US-Zinsen dürften dem unverzinsten Gold mittelfristig aber doch zusetzen. Insgesamt erscheint der Rohstoffsektor aussichtsreich und eignet sich gut zur Risikostreuung in einem Portfolio. (Alexander Hahn, 30.1.2022)