Wien – Wenn Kirchenglocken und Jagdhörner einander übertönen, dann irrt César Francks verfluchter Jäger durch den Wald. Die Ballade vom Grafen, der sich nicht einmal am Sonntag von seinem Jagdvergnügen abhalten lässt und schließlich dazu verdammt wird, auf ewig herumzuirren, inspirierte den französischen Komponisten zur Symphonischen Dichtung Le Chasseur maudit.

Im erschreckend leeren Goldenen Saal des Wiener Musikvereins führt Dirigent Alain Altinoglu die Wiener Symphoniker souverän durchs dämonische Dickicht der Partitur und beschert den glücklichen wenigen eine entfesselte Höllenfahrt zwischen teuflischer Wucht und orchestraler Grandiosität, wo bisweilen Berlioz und Wagner grüßen lassen.

Die Klangwand

Auch bei Ernest Chausson ist Wagners Einfluss unüberhörbar, den er, anders als César Franck, in ein luftig-impressionistisches Klanggewand packt. Zu seinen schönsten Werken zählt die Tondichtung Poème de l’amour et de la mer (für die Altinoglu seine Frau, Mezzosopranistin Nora Gubisch, mitgebracht hat), die in feinster Fin-de-Siècle-Manier von der verlorenen Liebe erzählt. Nach kurzem Umbau auf der Bühne – Chausson kommt mit wesentlich weniger Musikern aus als Franck – entfaltet sich ein hochromantischer Zauber zwischen Hoffnung und Resignation.

Zum Abschluss gibt es Jean Sibelius’ 5. Symphonie. Beeindruckend, wie mühelos es Altinoglu gelingt, den Bogen über Sibelius’ gewaltige Metamorphosen zu legen, zwischen Verdichtung und Verknappung, düsterer Melancholie und Sommeridyll. (Miriam Damev, 28.1.2022)