WKO-Präsident Mahrer kritisiert viele Teile der Corona-Maßnahmen.

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Wien – Mit scharfen Worten hat Wirtschaftskammer-Präsident Harald Mahrer die Abschaffung der Sperrstunde um 22 Uhr gefordert. Diese "Schnapsidee" sei zu überdenken, sagte er der APA. Wäre ein so frühes Schließen der Gastronomie und von Veranstaltungen ein "geniales Instrumentarium", dann hätten das wohl auch andere Länder eingeführt. "Aber wir sind da anscheinend die Einzigen, die zum Kontroll- und Einsperrterror neigen", so Mahrer.

Bei "ganz normalen Veranstaltungen" von Kulturevents bis zur Gastronomie "spricht nichts gegen eine Öffnung bis Mitternacht", ist Mahrer überzeugt. Eine Öffnung der Nachtgastronomie fordert er nicht, "das fordert ja niemand, das will ja nicht einmal die Nachtgastronomie selber", denn Diskotheken etwa hätten sich schon darauf eingestellt, erst im Frühjahr wieder aufzusperren. Aber bei der Verlängerung der Sperrstunde bis Mitternacht "wäre die Bundesregierung gemeinsam mit den Ländern gut beraten, sofort etwas zu machen, auch vor dem Hintergrund der beginnenden Semesterferien", sagte Mahrer.

"Kontrollwahn" im Handel

Wenn nun der Lockdown für Ungeimpfte auslaufe, dann müsse man auch die Verhältnismäßigkeit anderer Maßnahmen überdenken, fordert Mahrer. Wenn im Handel alle FFP2-Masken tragen, dann liege laut einer Max-Planck-Studie die Ansteckungsgefahr beim Einkauf nur bei 0,1 Prozent, rechnet er vor.

"Also verstehe ich nicht, warum man, wenn es eine Impfpflicht gibt, dort den Kontrollwahn aufrechterhält", so Mahrer. Er verstehe da den Unmut der Beschäftigten, die die Einhaltung der 2G-Regeln kontrollieren müssen. Die Beratungsgruppe der Regierung, Gecko, solle sich dazu rasch äußern und Entscheidungen dazu nicht in den März verschieben. Der WKO-Präsident zweifelt an der Verfassungsmäßigkeit der Maßnahme.

Außerdem kritisiert Mahrer die verkürzte Gültigkeit der zweiten Corona-Impfung für den 2G-Nachweis von sechs statt neun Monaten. Dass diese Maßnahme "ruckizucki" knapp vor Beginn der Semesterferien eingeführt werde, stößt Mahrer besonders sauer auf. Zwar sei die Maßnahme schon länger angekündigt, aber noch nicht formell in einer Verordnung festgehalten, die Mitgliedsbetriebe könnten aber nicht "auf Verdacht" ihre Mitarbeiter informieren.

"Ich bin nicht gegen die Maßnahme", betont Mahrer. Aber wenn die Bundesregierung diese Verkürzung einführe, dann müsse das rechtzeitig geschehen, sodass alle offiziell informiert werden können. "Niemand wird in der Wirtschaft jemanden auf Verdacht informieren, denn wie wir in den letzten 22 Monaten gesehen haben, ist schon viel gesagt worden und dann ganz anderes passiert." Abgesehen von der Information der Menschen in Österreich müsse man auch Personen aus dem Ausland, die nach Österreich kommen, informieren – gerade vor einer Urlaubszeit.

Öffnungsplan gefordert

Neben den ganz kurzfristigen Änderungen fordert Mahrer "nach Überschreiten des Peaks" bei den Infektionen eine Perspektive in Richtung Abschaffung aller Maßnahmen und Öffnung der Nachtgastronomie. Wobei er den Peak schon kommende Woche erwartet. "Möglichst zeitnah" sollten die Verantwortlichen klarmachen, welche Maßnahmen im März oder zu Ostern noch gelten werden – "damit man sich darauf einstellen kann".

Aus Sicht Mahrers sollte man mit Einführung der Impfpflicht "davon weggehen, dass man die Wirtschaftssubjekte als Kontrollinstitutionen missbraucht". Dann müsse es die Aufgabe der Behörden sein, Stichprobenkontrollen zu machen. Veranstaltungen müssten wieder ohne Kapazitätsbeschränkungen und ohne Anzeige- und Bewilligungspflicht möglich sein, denn "wenn sich keine neue Bedrohungslage einstellt, muss ich auch diese unfassbare Bürokratie reduzieren".

Verbesserung bei Corona-Hilfen

Um die Firmen in der Pandemie zu unterstützen, laufen derzeit Verhandlungen mit dem Finanzministerium über einen leichteren Zugang zu Corona-Hilfen. Konkret will Mahrer, dass Ausfallbonus und Verlustersatz schon bei einem Umsatzrückgang von 30 Prozent gewährt werden, statt wie bisher ab 40 Prozent. Auch soll der Deckel beim Ausfallbonus für die Hilfe von derzeit 80.000 Euro "so viel wie möglich" erhöht werden.

Die aktuellen Bestimmungen seien nicht mehr haltbar, so Mahrer, da angesichts des fortgesetzten Lockdowns für Ungeimpfte und der Kontrollen in den Betrieben, ein Drittel der Kunden ausgefallen sei. "Sie darben weiter dahin", sagt Mahrer zur Geschäftslage, insbesondere in der Gastronomie und im Tourismus. (APA, 28.1.2022)