Der BVT-Untersuchungsausschuss wirbelte im Jahr 2018 einiges an Staub auf.

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Österreichs Untersuchungsausschüsse werden ein Fall für den Europäischen Gerichtshof. Wie diese Woche bekannt geworden ist, hat sich der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) in einem Datenschutzverfahren an das EU-Höchstgericht gewandt. Im Kern geht es um die Frage, ob die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) auf parlamentarische U-Ausschüsse anwendbar ist. Umstritten ist, ob die Datenschutzbehörde, die Teil der Verwaltung ist, das Parlament kontrollieren darf.

Öffentliche Protokolle

Eine Auskunftsperson, die 2018 im BVT-Untersuchungsausschuss aussagen musste, hatte sich beschwert, weil das Parlament das Protokoll der Befragung online veröffentlichte. Ihr Name wurde dabei nicht geschwärzt und somit öffentlich, was auch jetzt noch gängige Praxis ist. Die Auskunftsperson sah sich in ihrem Grundrecht auf Datenschutz verletzt und legte Beschwerde bei der Datenschutzbehörde ein.

Dort sah man sich allerdings nicht zuständig: Die DSGVO gelte zwar auch für Organe der Gesetzgebung, aufgrund der Gewaltentrennung dürfe die Datenschutzbehörde das Parlament jedoch nicht kontrollieren. Das sei unabhängigen Gerichten vorbehalten. Die Auskunftsperson richtete daraufhin eine Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Von dort ging das Verfahren weiter an den Verwaltungsgerichtshof.

Viele Fragen offen

Auch das Höchstgericht kann den Fall aber nicht abschließen – zumindest vorerst. Aus Sicht der Richterinnen und Richter stellen sich nämlich gleich "mehrere Fragen", die nur der Europäische Gerichtshof beantworten kann. Zum einen sei strittig, ob die DSGVO überhaupt auf parlamentarische Untersuchungsausschüsse anwendbar ist. Zudem wirft der aktuelle Fall die Frage auf, ob das auch für Untersuchungsausschüsse gilt, die sich mit der nationalen Sicherheit beschäftigen – so wie das beim BVT-Ausschuss der Fall war.

Sollte das EU-Höchstgericht diese Fragen bejahen – das Parlament also an die DSGVO gebunden sein –, ergäbe sich außerdem ein Problem der Gewaltenteilung, weil dann ein Verwaltungsorgan ein Organ der Gesetzgebung überprüfen würde. Ist die Datenschutzbehörde für die Kontrolle des Parlaments zuständig, müsste der Gesetzgeber laut VwGH daher womöglich die Verfassung ändern. Anders wäre der Fall zu beurteilen, wenn sich die Zuständigkeit der Datenschutzbehörde direkt aus dem EU-Recht ergibt. Dann wäre eine Verfassungsänderung nicht notwendig, weil die europäische Regelung das österreichische Verfassungsrecht verdrängt.

ÖVP-Ausschuss noch nicht betroffen

Sollte die DSGVO für U-Ausschüsse gelten, würde das aber nicht bedeuten, dass das Parlament künftig alle Namen schwärzen muss. "Auch innerhalb des Anwendungsbereichs der DSGVO kann die Veröffentlichung von Namen und sonstigen personenbezogenen Daten zulässig sein", erklärt Nikolaus Forgó, Professor für Datenschutzrecht an der Universität Wien. "Das ist dann aber im Einzelfall zu prüfen." Eine Rolle spielt dabei etwa das öffentliche Interesse daran, die Namen der Zeugen bekanntzumachen.

Der Europäische Gerichtshof könnte theoretisch schon dieses Jahr über den Fall entscheiden. Für den kommenden ÖVP-Untersuchungsausschuss, der Anfang März startet, wird das Urteil aber wohl zu spät kommen. (japf, 28.1.2022)