Nun hat Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser sein Urteil in Händen – elf Jahre nachdem die Ermittlungen begonnen haben.

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14 Monate lang hat Buwog-Richterin Marion Hohenecker am schriftlichen Urteil in der Causa Buwog / Terminal Tower gearbeitet, jetzt halten die acht nicht rechtskräftig Verurteilten und die sechs rechtskräftig Freigesprochenen die Urteilsausfertigung in Händen. Damit ist die größte Korruptionscausa der Zweiten Republik rund um Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser und die Privatisierung der Bundeswohnungsgesellschaften in erster Instanz beendet.

18 Jahre nach den Taten, um die es geht. Sieben Jahre haben nach dem zufälligen Aufkommen der Affäre aus der schwarz-blauen Koalitionsregierung die Ermittlungen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft gedauert. Drei Jahre lang hat die höchst souveräne Richterin verhandelt, nicht zuletzt weil mehrere komplexe Causen mit viel Auslandsbezug gemeinsam geführt wurden.

Zum Buwog-Skandal kam auch jener um den Linzer Büroturm Terminal Tower dazu und jener um schwarze Kassen bei der Telekom Austria. Da ging es um "politische Landschaftspflege", wie der Ex-Finanzchef des Unternehmens das nennt – mit der Besonderheit, dass kein einziger der involvierten Politiker auf der Anklagebank gelandet ist. Mehr Anklagen gegen Politiker gab das damals geltende Korruptionsstrafrecht nicht her, wie argumentiert wurde. Die Novellierung der Antikorruptionsgesetze: ein Segen für den Rechtsstaat.

Es geschah vor 18 Jahren

Nun, 18 Jahre nach den angeklagten Geschehnissen, können sich die Anwälte wieder an ihre Arbeit machen und die angekündigten Rechtsmittel für ihre Mandanten einlegen. Für die geht es um viel, allein Ex-Minister Grasser fasste acht Jahre, Ex-FPÖ-Generalsekretär und Ex-Lobbyist Walter Meischberger sieben und Ex-Lobbyist Peter Hochegger sechs Jahre Haft aus.

Die lange Verfahrensdauer wird weitere Gerichte beschäftigen, zuzumuten ist sie niemandem. Das Verfahren darf nicht die Strafe sein. Nicht für die Freigesprochenen, die, so sie keine Verfahrenshelfer hatten, auf ihren Anwaltskosten sitzenbleiben und deren Karrieren und gesellschaftliche Existenz zum Teil sowieso den Bach hinuntergegangen sind.

Kostenersatz bei Freispruch

Erst recht gilt das für dereinst allfällig rechtskräftig Verurteilte, für die sowieso beides zutrifft. Zwar ist die Dauer des Verfahrens zum Teil auf die von ihnen eingebrachten Rechtsmittel zurückzuführen – die stehen ihnen aber zu. Einzige Abhilfe: mehr Ressourcen für die Staatsanwaltschaft, mehr Ressourcen für die Gerichte, für die gesamte Justiz.

Höchste Zeit auch für die angedachte Entschädigung bei Freisprüchen, die freilich viel Geld kosten würde. Mehr Staatsanwälte, mehr Richter, beste Ausbildung fürs Justizpersonal und vor allem auch mehr Personal in den Kanzleien, all das würde es brauchen, um Verfahren zu beschleunigen.

Die Republik wird sich entscheiden müssen, was ihr der Rechtsstaat wert ist. Und: Er sollte uns sehr viel wert sein. (Renate Graber, 28.1.2022)