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Seine letzten Lebensjahre verbrachte Helmut Elsner mit seiner Frau Ruth im deutschen Bad Reichenhall, dort ist er auch verstorben.

Foto: REUTERS/Bader

Ehrgeiz ist wohl das Wort, das Helmut Elsner sein lang Leben begleitet hat. Als Sohn einer Grazer Kastner-&-Öhler-Angestellten (der Vater ist im Krieg gefallen) gelang ihm der Aufstieg vom Angestellten der Arbeiterbank zum Generaldirektor der einstigen Gewerkschaftsbank Bawag P.S.K.

Als Elsner 1995 den Chefsessel von Walter Flöttl übernahm, sollte die Bank fortan proper geführt, kein Staubkorn aufgewühlt werden. Mit strenger Hand führte Elsner Regie bei der Bawag. Insider erzählen von einem zielstrebigen, aber eitlen, cholerischen, mitunter schreienden Manager.

In die Karibik abgetaucht ...

Zu diesem Zeitpunkt hatte Elsner die Bank schon einmal durch unruhige Zeiten begleitet – als 1994 die sogenannten Karibikgeschäfte publik geworden waren. Die Bawag war unter Walter Flöttl, am Aufsichtsrat vorbei, riskante Geschäfte mit US-Unternehmen von und im Dunstkreis des Bawag-Chef-Sohns Wolfgang Flöttl eingegangen. Elsner übernahm damals die Kommunikation, stutzte Kritiker harsch zurecht und erwarb sich den Beinamen "Flöttls Mann fürs Grobe". Geblieben ist von diesen Geschäften ein schaler Beigeschmack – aber kein Verlust, Verfahren gab es nicht.

Wie hart Elsner als Chef der Bank durchgegriffen hat, zeigt sich am Beispiel der Atomic. Die Bank hatte den Skierzeuger jahrelang mit Krediten gestützt und das Unternehmen letztlich in den Konkurs gejagt, wie Eigentümer Alois Rohrmoser Elsner vorwarf. Bis heute ist der Fall Atomic umstritten. Kritik am Vorgehen der Bank hat Elsner nie gelten lassen. Auch bei der Konsum-Pleite (die Bawag war 30-Prozent-Eigentümer der Handelskette) wischte Elsner den Vorwurf, die Bank habe sich verdächtig spät verdächtig gut gegen Kreditausfälle abgesichert, gekonnt weg.

Gestolpert ist der Banker letztlich über die einst von ihm verteidigten Karibikgeschäfte, die unter seiner Ägide mit Flöttl junior wiederaufgenommen wurden. Die Welle, die damit ausgelöst wurde, war zu groß, um sie aus der Öffentlichkeit zu bringen. Mit den sogenannten Karibikgeschäften II hat die Bank zwischen 1998 und 2000 in Summe 1,6 Milliarden Euro verspekuliert – und dies in den Bilanzen vertuscht. Als im Oktober 2005 der US-Broker Refco in die Pleite schlitterte, zerfiel das Kartenhaus der Bawag. Bekannt wurde damit auch, dass der Österreichische Gewerkschaftsbund (ÖGB) für die Verluste der Bank mit dem Streikfonds gehaftet hat, um eine Insolvenz abzuwenden. Und der ÖGB hatte Stiftungen in Liechtenstein involviert.

... und gesunken

Die Folge: Elsner, Flöttl und sieben weitere Ex-Mitarbeiter der Bank und des Aufsichtsrats mussten sich vor dem Strafgericht wegen des Verdachts auf Untreue und Bilanzfälschung verantworten. Elsner sollte mit zehn Jahren Haft die Höchststrafe ausfassen – und spielte sein Spiel weiter.

Sein Spiel mit der Justiz hatte ihm aber nicht viel gebracht. Vorladungen für Einvernahmen im Ermittlungsverfahren hat sich der Ex-Bank-Chef konsequent entzogen – wegen gesundheitlicher Beschwerden, die just immer dann akut wurden, als das Netz sich ein Stück weit zugezogen hatte.

Im September 2006 griff die Justiz zu, nahm Elsner in seiner Villa in Südfrankreich fest und holte ihn nach Wien. Im Februar 2007 wurde die Untersuchungshaft verhängt. Im Verfahren fand er oft harte Worte gegen Richterin Claudia Bandion-Ortner und präsentierte sich als ziemlich einsichtsresistent. Die Verantwortung für die riskanten Geschäfte bzw. die Vertuschung der Verluste wollte Elsner nie bei sich sehen.

Vorzeitig aus der Haft entlassen

Eine Vielzahl an Anträgen auf Entlassung hat es gebraucht, bis Elsner im Juni 2011 nach viereinhalb Jahren Haft aus gesundheitlichen Gründen für haftunfähig erklärt wurde. Gewehrt hat er sich laufend. Und ist abgeblitzt. So auch mit einer Beschwerde wegen der 15-monatigen U-Haft vor dem Europäischen Menschenrechtsgerichtshof. Diese sei gerechtfertigt gewesen, urteilten die Straßburger Richter.

Im Februar 2015 stellte Elsners Anwalt einen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens. Wolfgang Flöttl solle wegen Betrugs zur Rechenschaft gezogen werden (dieser wurde freigesprochen) und das Urteil von Elsner wegen Untreue neu aufgerollt werden. Elsner wirft Flöttl vor, mindestens eine Milliarde Euro gestohlen zu haben. Der Antrag auf Wiederaufnahme wurde knapp zwei Jahre später im Dezember 2016 abgewiesen, woraufhin der Anwalt eine Beschwerde an das OLG Wien verfasste.

Als nach der Haftentlassung und einem Kuraufenthalt auch eine mitternächtliche Tanzeinlage in einer Bar publik wurde und der Termin für die Neuauflage des Bawag-Prozesses näherrückte – die Urteile waren gekippt worden –, nahmen Elsners gesundheitliche Beschwerden wieder zu, er blieb dem zweiten Bawag-Prozess immer wieder fern, bei dem sich die Bank via Subsidiaranklage Elsners millionenhohe Pensionsabfindung zurückholen wollte.

Penthouse ging verloren

Geholt hat sich die Bank jedenfalls das Penthouse auf dem Dach der Bawag-Zentrale, das Elsner der Bank einst zu einem Preis deutlich unter Marktwert abgekauft hatte. Die noble Bleibe – inklusive Swimmingpool – sorgte immer wieder für Kritik. Ob die Milliarden der Bawag tatsächlich verspekuliert wurden, wie Flöttl behauptet, oder sich noch irgendwo befinden, wie Elsner bis zuletzt behauptete, wurde bis heute nicht ergründet. Was bleibt: eine steile Bankkarriere mit bitterem Beigeschmack.

Der Oberste Gerichtshof hob 2010 die Verurteilung wegen Betrugs auf, bestätigte aber die Verurteilung wegen Untreue. Da die Staatsanwaltschaft Elsner nicht mehr wegen Betrugs anklagte, strengte die Bawag wegen der Pensionszahlungen eine Subsidiaranklage an. Auch von dieser wurde er im Dezember 2015 freigesprochen. Elsner habe den Aufsichtsrat nicht getäuscht.

Seine letzten Lebensjahre verbrachte Elsner mit seiner Frau Ruth im deutschen Bad Reichenhall, am 18. Jänner ist er verstorben. Am Freitagmittag wird er in Bad Reichenhall bestattet. (Bettina Pfluger, Renate Graber, 28.1.2022)