Alles veröffentlichen, was mit öffentlichen Geldern finanziert wird: Das ist nur eine der Forderungen der Initiative für wissenschaftliche Integrität, die unter anderem von Wifo-Chef Gabriel Felbermayr getragen wird.

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Studien zum Thema, welchen Tieren hochrangige Politiker ähneln, sind nur der jüngste Höhepunkt in der aktuellen Umfragen- und Inseratenaffäre. Mit öffentlichen Mitteln finanzierte Studien stehen nicht nur im Verdacht, politisch motiviert zu sein, sondern sind zum Teil von äußerst zweifelhafter Qualität. Wenn sie denn überhaupt öffentlich werden. Das rückt nicht nur die handelnden Personen in ein schlechtes Licht, sondern gibt auch kein gutes Bild von der Meinungs- und Auftragsforschung ab.

Genau deswegen sei es jetzt wichtig, ein Zeichen zu setzen, befanden die Chefs von fünf außeruniversitären Forschungsinstitutionen, die am Freitag für ihre Initiative für mehr wissenschaftliche Integrität warben. "Wir haben die Chats gelesen, die gezeigt haben, dass es konkrete Überlegungen gab, das IHS und das Wifo unter Druck zu setzen. Wir haben von den teuren, höchst dubiosen Studien gehört, die nicht gerade durch ihre wissenschaftliche Exzellenz glänzen, und von Kampagneninstituten, die sich als unabhängige Forschungseinrichtungen verkleiden", sagte Gabriel Felbermayr, Direktor des Wirtschaftsforschungsinstituts (Wifo).

16 Prinzipien für Auftragsstudien

Um sich von derartigen Praktiken abzugrenzen, arbeiteten das Wifo und das Institut für Höhere Studien (IHS) bereits 2020 ein Memorandum aus, um die Prinzipien der wissenschaftlichen Integrität festzuhalten und zu wahren. Mittlerweile schlossen sich auch das Austrian Institute of Technology (AIT), Joanneum Research und das Wiener Institut für Internationale Wirtschaftsvergleiche (WIIW) an. Gemeinsam wurde der Katalog überarbeitet, die 16 Prinzipien für Auftragsforschung, denen sich alle Institute verpflichten, wurden nun vorgestellt.

Objektive, neutrale, wissenschaftliche Politikberatung sei essenziell, und dazu müssten fundamentale Grundsätze eingehalten werden: wissenschaftliche Evidenz, transparente Darstellung und die Unabhängigkeit der Forschenden. Das bedeute, alles zu veröffentlichen, was mit öffentlichen Geldern finanziert wird, die Finanziers offenzulegen, die Ergebnisse nachvollziehbar zu präsentieren und die Grundsätze guter wissenschaftlicher Praxis einzuhalten, zählte Felbermayr auf.

Gekaufte Forschung

Das mag zwar alles selbstverständlich klingen, sei aber häufig weit gefehlt. "Es ist moralisch verwerflich, aber faktisch nicht unrichtig, dass man sich jedes Resultat einer Studie kaufen kann", sagte Wolfgang Polt, Direktor des Policies-Instituts bei Joanneum Research. "Das Memorandum sehen wir auch als Appell an die Politik, in einen intensiven und ehrlichen Dialog einzutreten über den Umgang mit wissenschaftlicher Expertise." Ein runder Tisch, auch mit Beteiligung der Öffentlichkeit, wäre ein guter Start. Die Politik müsse sich an den postulierten Standards orientieren und sie respektieren.

Die Überprüfung von Ethik und wissenschaftlicher Integrität könnte auch im Rahmen einer schon länger geplanten Neugestaltung der wissenschaftlichen Beratungsgremien etabliert werden, so Polt. Ziel sei, dass sich möglichst viele weitere Institutionen der Initiative anschließen. "Wenn das der Goldstandard ist, und auch die Politik ihn einfordert, dann werden auch andere nicht umhin können, sich damit auseinanderzusetzen", sagte Felbermayr. Es müsse eingefordert werden, dass öffentliche Gelder nur unter diesen Bedingungen ausgegeben werden dürfen.

Evidenzbasierte Politik

Die Implementierung der Prinzipien des Memorandums als Bestandteil eines jeden Angebots habe zu einer "deutlichen Erhöhung des Problembewusstseins geführt", sagte IHS-Strategiechef Thomas König. Das Verfechten der wissenschaftlichen Integrität sei schließlich wesentlich für die "Identität, Reputation und Glaubwürdigkeit" der Forschungsinstitutionen, bekräftigte Matthias Weber, Leiter der Abteilung Innovation Systems & Policy des AIT. Es müsse auch in öffentlichen Debatten ein Unterschied zu weniger fundierten Beiträgen gemacht werden.

Nicht zuletzt sei hochqualitative Forschung ein "kommerzieller Anreiz, um zu zeigen, dass man konkurrenzfähig ist und den Wissenschaftsstandort Österreich vertreten kann", betonte WIIW-Direktor Robert Stehrer. "Wir wollen schließlich mit qualitätsvoller Forschung so gut wie möglich zu einer evidenzbasierten Politik beitragen." (Karin Krichmayr, 28.1.2022)