Kriminalhauptkommissar Adam Raczek (Lucas Gregorowicz, r.) und Kommissaranwärter Vincent Ross (André Kaczmarczyk) im neuen "Polizeiruf 110".

Foto: rbb/Hans-Joachim Pfeiffer

Der Einstand geht gründlich schief. Da zieht am Sonntag im deutsch-polnischen "Polizeiruf 110" um 20.15 Uhr in der ARD der neue Kommissaranwärter Vincent Ross (André Kaczmarczyk) in seine Bleibe und hat über sich in der Wohnung gleich eine Leiche.

Irgendjemand hat einen jungen Mann verbluten lassen, und nun muss sich der Neue um dessen verzweifelte Schwester kümmern. "Die hat ’ne Macke", stellt der alte Haudegen, Kommissar Adam Raczek (Lucas Gregorowicz), in bewährter Machomanier fest.

"Ein unbewältigtes Trauma", korrigiert ihn der Neue. Dieser trägt Rock und Lidstrich, zudem ersucht er zu gendern.

Bitte ohne Fleisch

An Raczeks privater Fleischgrill-Orgie nimmt er gern teil – aber bitte ohne Fleisch. Dafür liefert Ross eine ebenso treffende wie schonungslose Analyse des Gastgebers Raczek: "Geschieden, kaum Kontakt zu den Kindern, wenig Freunde, nicht mehr der Jüngste, sexuell unausgelastet und müde im Job."

Damit ist endgültig klar, dass Raczek nach dem Abgang seiner langjährigen Kollegin Olga Lenski (Maria Simon) einen weiteren, äußerst würdigen Sparringspartner gefunden hat. Testosteron trifft genderfluiden Yogafreund.

Ein Fall muss in Hildes Erbe natürlich auch gelöst werden. Zwar zeigt sich eine desolate Familiensituation, doch diese bietet dennoch vergnügliche Momente. Hauptsächlich ist das der todkranken, aber resoluten Oma Hilde Grutzke (Tatja Seibt) zu verdanken. Sauerstoffversorgung und Schießgewehr stehen bei ihr nicht im Widerspruch.

So gelingt diesem Polizeiruf sehr viel: Die Story stimmt, das Zwischenmenschliche bei den Kommissaren auch, die Dialoge sitzen. So sieht ein gelungener Einstand aus. (Birgit Baumann, 29.1.2022)