Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) wünscht sich eine verbesserte Verkehrslage am Brenner.

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Wien – Um den LkW-Verkehr über den Brenner einzudämmen und den Lkw-Dauerstreit mit Tirol zu befrieden, schlägt Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) höhere Mautgebühren vor. Ein Problem auf der Brenner-Route seien die "relativ niedrigen Mautgebühren", heißt es in einem Brief Söders an den neuen Verkehrsminister Volker Wissing (FDP), aus dem der "Münchner Merkur" zitiert.

Dies führe dazu, "dass Lkw-Fahrer aus den Niederlanden und dem Westen Deutschlands statt der deutlich kürzeren Gotthard-Route einen langen Umweg über den Brenner wählen und damit nicht nur den Alpenpass selbst, sondern auch die ohnehin stark belasteten Autobahnen in Bayern zusätzlich beanspruchen", klagt er.

50 Prozent Aufschlag

Söder argumentiert, dank der Eurovignetten-Richtlinie seien auf stark belasteten Abschnitten bis zu 50 Prozent Maut-Aufschlag EU-rechtlich möglich. Wenn Deutschland wie Österreich die Lkw-Mautsätze hochsetzen würden, würde der Brenner unattraktiver. Es gebe dann eine "Verlagerung von Lkw-Verkehr auf die Schiene und eine Verbesserung der Stausituation am Brenner". Eine konkrete Maut-Höhe nennt Söder nicht, er plädiert aber für einen "verhältnismäßigen Rahmen".

Zwischen Bayern und dem benachbarten Tirol gibt es seit langem Streit um die Tiroler Lkw-Blockabfertigung: Tirol lässt an bestimmten Tagen nur eine bestimmte Zahl von Lkw pro Stunde die Grenze bei Kufstein passieren, um die Belastung der verkehrsreichen Inntalautobahn zu verringern. Dies führt auf deutscher Seite regelmäßig zu langen Staus. An diesem Vorgehen gibt es bereits seit Jahren Kritik aus Deutschland, vor allem aus Bayern. Die Tiroler Blockabfertigung ist nach Auffassung Bayerns allenfalls in schweren Notfallsituationen zulässig, um einen Verkehrskollaps zu vermeiden. Die derzeitige Tiroler Praxis gehe allerdings weit darüber hinaus.

Klagsdrohungen

Bayern und die CSU halten deshalb notfalls eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof für unvermeidbar – auch Söder dringt darauf. "Obwohl die EU-Generaldirektionen Binnenmarkt, Verkehr und Umwelt ernste Zweifel an der EU-Rechtmäßigkeit der Maßnahmen Tirols geäußert haben, wurde bislang kein Vertragsverletzungsverfahren vor dem Europäischen Gerichtshof eingeleitet", heißt es dazu in Söders Brief an Wissing. Er fordert: "Sowohl die EU-Kommission als auch die Bundesregierung sind hier gefordert, nunmehr endlich zu handeln."

Gleichwohl bestehe zwischen Tirol und Bayern "ein gemeinsames Verständnis, dass von allen Beteiligten Anstrengungen zu unternehmen sind, um die Situation am Brenner zu verbessern". In dem Zusammenhang steht auch seine Forderung in Sachen Maut: Es müsse "dem Ausweichen auf die Brenner-Route entgegengewirkt und mehr Verkehr von der Straße auf die Schiene verlagert werden", betont der bayerische Ministerpräsident.

Schienenausbau in Bayern stockt

Diesbezüglich forderte Söder auch mehr Tempo beim Planen des sogenannten Brenner-Nordzulaufs: Die Schienen-Trasse südlich von München müsse "weitgehend unterirdisch" verlaufen. Ziel sei "maximale Anwohnerfreundlichkeit, das heißt Lärm- und Landschaftsschutz". In den betreffenden Landkreisen gibt es erhebliche Widerstände gegen die bisherigen Trassenplanungen.

Der Hintergrund: Nach sechsjähriger Diskussion hatten die Deutsche Bahn (DB) und Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) im Vorjahr eine Trasse für den Nordzulauf des Brenner-Basistunnel (BBT) fixiert. Dabei handelt es sich um die aufwendigste und teuerste Variante mit drei langen Tunneln. Erklärtes Ziel des Projekts ist es, mehr Güter auf die Schiene zu bringen.

Die Trasse wird damit die beiden längsten Eisenbahntunnels Deutschlands enthalten. Damit sollte den Wünschen zahlreicher Bürgerinitiativen, die sich entlang der diskutierten Trassenvatianten gegen das Projekt gebildet haben, entgegen gekommen werden. Die Gegner einer zusätzlichen Bahntrasse im Unterinntal machen unter anderem geltend, dass die bestehende Bahnstrecke München-Rosenheim-Kufstein ausreicht.

Der Zeitplan für die Realisierung des Brennernordzulaufs ließ bislang aber soundso keine große Eile erkennen. Etwa 2025 ist geplant, den deutschen Bundestag über das Projekt abstimmen zu lassen. Die Inbetriebnahme der gesamten Neubaustrecke ist erst für 2040 vorgesehen. Tirols Landeshauptmann Günther Platter hat vielfach die schleppenden Planungen für den Nordzulauf kritisiert: Die Straßeninfrastruktur sei "bereits jetzt am Limit" und eine "leistungsfähige und moderne Eisenbahnstrecke von München nach Verona alternativlos". (APA, red, 28.1.2022)