Max Eberl befreit sich aus einer zermürbenden, sich täglich beschleunigenden Mühle.

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Köln – Wer im rauen Profifußball einer sein will, der benötigt sie dringend, Oliver Kahn hat das einst klargestellt. "Eier, wir brauchen Eier", rief der frühere Welttorhüter nach einer Niederlage ins TV-Mikro, es wurde zum geflügelten Wort. Fast 20 Jahre später erinnert nun allerdings nicht erst der Fall Max Eberl daran: Mut braucht auch, wer keiner mehr sein will in dieser Branche.

Eberl nämlich sei ein "Typ mit richtig großen Eiern", twitterte der deutsche Teamspieler Toni Kroos, als Eberls denkwürdige Pressekonferenz am Freitag gerade beendet war – und war damit einer von sehr vielen prominenten Vertretern des Sports, die ihren Respekt bekundeten.

Seinen Rücktritt als Manager bei Borussia Mönchengladbach hatte Eberl mit deutlicher Systemkritik verbunden, er könne aus einem "simplen Grund" nicht mehr arbeiten: "Weil ich erschöpft und müde bin. Ich möchte einfach raus, ich möchte mit dem Fußball nichts zu tun haben."

Worüber früher gelacht wurde

Diesen beschrieb er als Hamsterrad, als Ort, an dem öffentliche Erwartung, das Rennen um sportlichen und wirtschaftlichen Erfolg zu großem Druck führen. Die Sozialen Medien täten ihr übriges, so Eberl: "Ich bin vielleicht ein gutes Beispiel dafür, was mit dieser Welt passiert."

Und auch die Rückmeldung aus seinem Klub beschreiben den Dauerzustand der Branche wohl ganz gut. Die Borussia habe "nicht erkannt, dass das für ihn eine so starke Belastung ist", räumte Präsident Rolf Königs ein. Und als Eberl nun seine Entscheidung mitteilte? Da habe der Verein das "nicht akzeptiert, sondern respektiert".

Die Reaktionen aus dem Profilager allerdings zeigen, dass sich vielleicht doch etwas tut in der Wahrnehmung und in der Bewertung vermeintlicher Schwäche. Neben Kroos drückten unzählige weitere Spieler ihren Respekt aus, zahlreiche deutsche Bundesliga-Klubs stimmten ein, Alt-Internationale wie Lothar Matthäus und Dietmar Hamann ebenfalls.

Und Stefan Effenberg, grundsätzlich ja eher einer vom traditionellen Schlag, widmete dem Thema sogar eine Kolumne. "Vorsicht, Leute!", schrieb er bei t-online: "Passt auf Eure Gesundheit auf." Eberl sei "ein Vorbild, weil er offen darüber spricht, wie ihn die Belastung und der Fußball krank gemacht haben. Das ist ein Zeichen von Stärke und nicht von Schwäche."

Darüber werde in der Branche noch immer "viel zu wenig gesprochen – auch wenn es sicherlich schon viel besser geworden". Früher, so Effenberg, habe man sich "kaputt gelacht, wenn jemand über Erschöpfung, fehlende Kraft und Leere gesprochen hat."

Gelacht wurde am Freitag nicht. Eberl habe gezeigt, "wie mutig, stark, weitsichtig und intelligent er ist", schrieb Borussia-Profi Christoph Kramer bei Instagram: "Was es heißt, die richtigen Prioritäten zu setzen! Egal, wie viel Überwindung es auch kostet." (sid, 29.1.2022)